Sky Experte Stefan Kretzschmar beleuchtet in seiner Kolumne jede Woche die wichtigsten Themen aus der Welt des Handballs. Dieses Mal analysiert der ehemalige Weltklasse-Linksaußen die kommenden Viertelfinal-Partien in der Champions League.
Es geht auch in der Champions League in die spannende Phase! Ab Mittwoch heißt es in der Königsklasse: Viertelfinale. Mentalität, Teamgeist psychische Stabilität sind gefragt. Darauf kommt es jetzt an! Mit dabei: die deutschen Teams SG Flensburg-Handewitt und THW Kiel. Ein Favoritencheck.
Flensburg - Montpellier
Flensburg ist zurzeit richtig gut drauf und hat einen Lauf. Sie zeigen in der Liga überragende Leistungen und haben gegen Gummersbach deutlich gewonnen - das war eine Demonstration. Vor allem Spaß und Teamchemie spielen eine große Rolle: Alle haben Lust und das ist die beste Voraussetzung, um die nächsten Spiele erfolgreich zu gestalten.
Die SG kann sich auf die Spieler verlassen, die schon in der Königsklasse gewonnen haben: Mattias Andersson, Tobias Karlsson, Thomas Mogensen, Holger Glandorf - das sind die Anführer dieser Mannschaft und diejenigen, die das Team prägen. Sie sind das Herz der Mannschaft! Genau diese routinierten Spieler machen den Unterschied, weil sie ganz genau wissen, worauf es ankommt.
Montpellier ist gefährlich
Montpellier hat ein Ausrufezeichen gesetzt: Sie haben einen der haushohen Favoriten rausgeworfen - Barcelona. Sie sind durchaus zurecht im Viertelfinale. Mit Melvyn Richardson haben sie eines der größten Talente auf der rechten Rückraumposition in ganz Europa. Junge, hungrige Spieler - das macht sie gefährlich! Außerdem haben sie mit Patrice Canayer einen herausragenden Trainer, der viele technische Raffinessen auf Lager hat. Das zeigte die Abwehrumstellung gegen Barcelona: Sie waren im Rückspiel weit zurück und so gut wie draußen, aber haben durch die Umstellung die Schlussphase für sich entschieden.
Obwohl die Franzosen im Pokal ausgeschieden sind, denke ich nicht, dass sie ein Problem mit ihrem Selbstbewusstsein haben. In der Meisterschaft liegen sie immer noch vorne, obwohl da Mannschaften wie Paris und Nantes mitspielen.
Flensburg ist in meinen Augen sogar leichter Favorit! Ich glaube nicht, dass Flensburg Angst haben muss. Aktuell - zu diesem Zeitpunkt der Saison - ist man mit Montpellier ebenbürtig. Es gibt da keinen haushohen Favoriten. Flensburg ist auf keinen Fall der Außenseiter.
Kiel - Skopje
Die Kieler wirken im Moment nicht instabil oder kraftlos. Sie haben in Friesenheim überzeugend gewonnen und machen allgemein einen positiven Eindruck. Das sind die Kieler, die man schon von Anfang an erwartet hat. Auch das Unentschieden gegen Paris Saint-Germain in der Champions League war ein Ausrufezeichen!
Der THW muss die Königsklasse gewinnen, um sich für die nächste Champions League zu qualifizieren - das ist die einzige Möglichkeit. Nur so kann es die EHF überhaupt in Erwägung ziehen, Kiel eine Wildcard zu geben. Das ist die einzige Begründung, mit der die Kieler eine Berechtigung für das nächste Jahr einfordern könnten. In der Liga sind sie chancenlos auf Platz zwei - es bleibt nur noch die Champions League.
Skopje will Titel verteidigen
Jetzt kommt Skopje - der Titelverteidiger. Und sicherlich auch einer der Favoriten auf den Sieg in diesem Jahr. Da ist Kiel sicherlich nicht der Favorit, aber alles andere als chancenlos. Kiel in absoluter Stärke mit diesem Kader ist in meinen Augen auf jeden Fall imstande das Final Four zu erreichen. Ohne Wenn und Aber! Es ist alles möglich!
Die Zebras brauchen eine überragende Torhüterleistung und dann müssen sie die Möglichkeiten finden, diese sehr hart agierende Abwehr auseinanderzuspielen. Dann wartet im Rückspiel ja noch der Hexenkessel von Skopje. Das ist eine Nervenaufgabe und -probe. Da musst du charakterlich stark gefestigt sein. Das traue ich den Kielern aber ohne Zweifel zu! Da sind ein paar Weltklassespieler in ihren Reihen mit vielen Länderspielen, die solche Duelle schon gespielt haben.
Kielce - Paris
Trainermäßig gibt es keinen Vorteil für ein Team: Beide Coaches sind super erfolgreich und haben die Champions League schon gewonnen. Aber mannschaftlich schätze ich die Franzosen schon stärker ein. Es ist immer so, dass große Spiele von großen Spielern entschieden werden. Und davon hat Paris ein paar mehr. Deshalb ist Paris auf jeden Fall Favorit.
Es ist auch so langsam Zeit für den großen Umbruch in Frankreich, wenn man sieht, in welchem Alter Nikola Karabatic, Thierry Omeyer und Daniel Narcisse sind. So lange sie noch spielen, sind sie hungrig und können ihre Qualität abrufen. Paris hat in dieser Formation aber nicht mehr groß Zeit, die Königsklasse zu gewinnen - das wissen sie. Deswegen werden sie wahnsinnig motiviert sein.
Nantes - Skjern
Ein starkes Los für Nantes: Skjern hat Veszprem rausgeworfen - das war ein sehr beherzter, ruhiger und frecher Handball. Das habe ich ehrlich gesagt nicht erwartet. Keine Weltstars, aber eine tolle Mannschaftsleistung. Skjern hat schon einmal die Überraschung geschafft. Wer weiß, ob sie das nochmal schaffen.
Favorit ist für mich aber Nantes. Sie haben ein sehr hohes Niveau erreicht - egal in welchem Wettbewerb. Da wächst in Frankreich schon etwas heran: Die Liga hat sich gesteigert. Und drei französische Mannschaften in einem Viertelfinale? Das ist schon eine Hausnummer!
