Sky Experte Stefan Kretzschmar beleuchtet in seiner Kolumne jede Woche die wichtigsten Themen aus der Welt des Handballs. Dieses Mal wirft er einen Blick auf das REWE Final Four in Hamburg, wo der DHB-Pokalsieger ermittelt wird.
Am Wochenende ist es soweit: In Hamburg wird der DHB-Pokalsieger ermittelt. Ich freue mich unheimlich drauf! Das REWE Final Four ist ein Weltklasse-Event. Die Arena ist klasse, und die Atmosphäre durch die vier großen Fanblöcke eine ganz besondere. Ich finde, man kann die Stimmung sogar mit der eines olympischen Finales vergleichen.
Die Mannschaften sind einen weiten Weg gegangen, um hierher zu kommen, und feiern ein echtes Handball-Fest mit ihren Fans. Aber nicht nur die Anhänger der qualifizierten Klubs kommen nach Hamburg: Ganz Handball-Deutschland fährt an diesem Wochenende in die Hansestadt. Man trifft sich im Hotel, in der Stadt, in der Halle - das ist wie ein Familientreffen. Für mich ist es die Mutter aller Final-Fours - und das schönste Final Four überhaupt.
Aber genug geschwärmt - lasst uns einen Blick auf das Sportliche werfen: Erstmals seit 2010 sind weder der THW Kiel, noch die SG Flensburg-Handewitt dabei. Dafür Meister Rhein-Neckar Löwen, der Pokalsieger von 2016 Magdeburg, sowie Hannover und Wetzlar. Dass das erste Halbfinale zwischen den Löwen und Magdeburg schon eine Art vorweggenommenes Finale ist, glaube ich nicht unbedingt.
"Fluch" in den Hinterköpfen der Löwen
Klar, wenn man eine Rangliste aufstellen müsste, dann würde man sagen, die Löwen haben die Favoritenrolle vor Magdeburg, Hannover und als Letztes Wetzlar, inne. Aber das gilt im Final Four nicht! Die Löwen sind zum zehnten Mal dabei und haben noch nie etwas gerissen in Hamburg.
Aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen haben sie nie den Pokal holen können, obwohl sie schon mehrmals der Favorit waren. Der sind sie auch dieses Mal, auch wenn ich mir mit dieser Aussage in Magdeburg keine Freunde mache. Aber: Natürlich ist dieser "Fluch" in den Hinterköpfen der Spieler verankert - auch wenn man das in Mannheim nicht hören will.
Trotz Pokal-Trauma: Die Rhein-Neckar Löwen sind momentan die stärkste Mannschaft in Deutschland, sind sehr eingespielt und leisten sich kaum Aussetzer. Aber wenn ein Team diese Mammutaufgabe bewältigen kann, dann der SC Magdeburg! Der SCM ist die einzige Mannschaft, die eine Mentalität entwickeln kann, um die sportlich etwas stärker einzuschätzenden Löwen zu bekämpfen und letztlich auch zu besiegen.
Hannover Favorit gegen Wetzlar
Ähnlich sieht es im zweiten Halbfinale aus: Rein sportlich betrachtet ist Hannover Favorit. In den letzten Ligaspielen aber haben sich die Recken schwer getan und zuletzt in Magdeburg sogar richtig einen auf die Mütze bekommen. Jetzt ist die Frage, welches Gesicht Hannover in Hamburg zeigt. Schaffen sie den Turning Point und besinnen sich auf die Leistung vom Anfang der Saison? Oder ist die Luft raus?
Das hoffe ich für Hannover natürlich nicht, denn erst jetzt wird die Ernte eingeholt für das, was man die ganze Saison über gesät hat. Wenn einen jetzt die Kraft verlässt, oder die Mentalität nicht mehr stimmt, dann ist das der denkbar ungünstigste Zeitpunkt. Ich traue der Mannschaft von Carlos Ortega aber auch zu, dass sie sich beim Final Four wieder auf ihre Stärken besinnt und ihrer Favoritenrolle gegen Wetzlar gerecht wird.
Teamgeist wichtiger als Qualität
Aber: Wetzlar ist Wetzlar! Die HSG hat es sich als Team verdient, nach Hamburg zu reisen. Bei den Hessen steht die Mannschaft im Vordergrund. Und das Wichtigste beim Final Four ist der Teamgeist! Meiner Meinung nach sogar wichtiger als sportliche Qualität. Dieses Wochenende ist eine reine Mentalitätsfrage!
Nur wenn alle an einem Strang ziehen und füreinander durchs Feuer gehen, hat man eine Chance auf den Pokal. Du musst eine Einheit sein! Also vergesst mal alle sportliche Qualität, denn die haben die vier qualifizierten Teams ohnehin. In Hamburg entscheidet nur Mentalität, Wille und Mannschaftsgeist. An diesem Wochenende gewinnen nicht die besten Einzelspieler, sondern die beste Mannschaft. Deswegen ist in beiden Spielen die Überraschung möglich. Und die Überraschung wäre, dass es Magdeburg und Wetzlar ins Finale schaffen. Und dort ist dann ohnehin alles möglich.
