Rekordnationalspieler und Sky Experte Lothar Matthäus analysiert jede Woche exklusiv in seiner Kolumne "So sehe ich das" aktuelle Themen aus der Bundesliga und der Fußballwelt auf skysport.de. Dieses Mal nimmt er das Topspiel der 2. Liga unter die Lupe.
Heute möchte ich mich ausnahmsweise einmal mit Zweitliga-Fußball beschäftigen. Und das aus gutem Grund: Am nächsten Montag treffen in Hamburg zwei Klubs aufeinander, die einen festen Platz in der deutschen Fußball-Geschichte haben. Es spielt der Hamburger SV gegen den 1. FC Köln.
Oder anders gesagt: Neun Deutsche Meister-Titel, sieben DFB-Pokal-Siege, ein Europapokal der Landesmeister und ein Europapokal der Pokalsieger. Es treffen die Klubs von Uwe Seeler und Wolfgang Overath aufeinander. Zwei der größten Spieler, die unser Land je hervorgebracht hat. Es steht zwar 2. Liga drauf, doch es fühlt sich an wie ein Erstliga-Klassiker.
"Kölner Abstieg eher ein Unfall"
Beim 1. FC Köln war der Abstieg eher ein Unfall. Geblendet von der Euphorie der Europa League und begleitet von Verletzungs-Pech, unglückliche Niederlagen und ein wenig Unvermögen, stieg der FC ab. Beim HSV wurden dagegen die Zeichen der Zeit jahrelang verkannt. Man hat förmlich um den Abstieg gebettelt und den dann auch bekommen.
Nach zwei Relegationen war das Glück aufgebraucht und der Abstieg die logische Konsequenz. Köln ist mit dem Fußball aus dem Unterhaus vertrauter als die Hamburger. Auch darum tun sich die Rothosen in der 2. Liga aktuell etwas schwerer als die Rheinländer.
Sie haben das kampfbetontere Spiel noch nicht so angenommen, wie es diese Spielklasse verlangt. Sie bekommen nun zu spüren, dass jeder Gegner extrem motiviert gegen sie auftritt. Und es ist etwas anderes, ob Sandhausen oder Heidenheim in den kleinen Städten der "Fußball-Provinz" jeden Zweikampf annimmt oder ob man selbst hochmotiviert ist, weil es gegen die Bayern oder Borussia Dortmund geht.
"Wolf eine gute Wahl"
Sie haben nun auch den Trainer gewechselt und Titz durch Wolf ersetzt. Für mich eine gute Wahl. Hannes Wolf hat bereits mit dem VfB Stuttgart gezeigt, dass er Aufstieg kann und sowohl mit jungen als auch mit erfahrenen Spielern umzugehen weiß. Ebenso macht mir Markus Anfang den Eindruck, als ob er der richtige Mann an der Seitenlinie der Kölner ist. Er kennt den Verein, ist ne Kölsche Jung und hat bereits mit Holstein Kiel bewiesen, dass er in der 2. Liga sehr erfolgreich sein kann.
Parallelen sehe ich auch bei den jeweiligen Top-Stürmern. Pierre-Michel Lasogga in Hamburg sowie Simon Terodde in Köln, sind mit die wichtigsten Spieler, wenn es darum geht, ihr Team in die Bundesliga zu schießen. Du brauchst einen Stürmer, der mit 20-25 Toren dafür sorgt, dass du wieder aufsteigst.
Auch in der Führungsetage stehen bei beiden Clubs zwei Macher und knallharte Erfolgsmenschen an der Spitze. In Köln ist das mein guter Freund Armin Veh. Er ist mit allen Wassern gewaschen und weiß genau, was es braucht, um erfolgreich zu sein, ohne die menschliche Komponente zu vernachlässigen. Er kennt sich in beiden Ligen gut aus, war selbst ein ausgezeichneter Trainer und hat das richtige Gespür für gute Entscheidungen.
"Druck liegt beim HSV"
Auf der anderen Seite steht mit Bernd Hoffmann ein Mann, der für die letzten großen Hamburger Zeiten verantwortlich zeichnet. Er kommt im Gegensatz zu Veh nicht aus dem Fußball, sondern ist eher ein Geschäftsmann. Aber mit der Zeit hat auch er sich ein gewisses Fußball-Wissen angeeignet. Und mit Sportdirektor Ralf Becker und Trainer Hannes Wolf hat er zwei Experten an seiner Seite.
Das Spitzenspiel, das nächsten Montag ab 20 Uhr live und exklusiv auf Sky läuft, riecht nach unentschieden. Die Hamburger Fans hätten es verdient, ihre Mannschaft nicht nur siegen, sondern auch guten Fußball spielen zu sehen. Der Druck liegt etwas mehr bei den Hanseaten, schließlich spielen sie zu Hause und haben ihre großartigen Anhänger alles andere als verwöhnt bisher. Müsste ich mich entscheiden, lägen meine Sympathien aufgrund meiner Verbundenheit zu Armin natürlich beim FC.
Unabhängig vom Ausgang dieser Partie bin ich mir ziemlich sicher, dass am Ende beide Klubs aufsteigen. Etat, Historie, Qualität und Anspruch lassen fast keinen anderen Schluss zu. Aber ein Selbstläufer wird es nicht.
Sollte es einem von beiden nicht gelingen, direkt wieder aufzusteigen, wäre das ein sportlicher Super Gau. Sie haben die Verpflichtung sich selbst, dem Verein, der Stadt und vor allem den Fans gegenüber alles zu geben, damit sie in der nächsten Saison wieder gegen Bayern und Dortmund spielen.
