Rekordnationalspieler und Sky Experte Lothar Matthäus analysiert jede Woche exklusiv in seiner Kolumne "So sehe ich das" aktuelle Themen der Fußballwelt auf skysport.de. Nach einer spannenden Bundesliga-Saison zieht der Sky Experte Bilanz und nennt seine Gewinner und Verlierer.
Die Gewinner unter den Spielern:
1. Kai Havertz
Für mich der Spieler der Saison. In so jungen Jahren bereits mit unglaublicher Technik und Taktik-Verständnis versehen und auch unter Druck stets mit kühlem Kopf. Er und sein Schuss an Genialität waren der Garant dafür, dass Leverkusen es noch auf Platz vier geschafft haben. Macht den Eindruck, als stünde er mit beiden Beinen im Leben, anstatt abzuheben. Erzielte neun Mal das wichtige 1:0 und übernimmt jetzt schon sehr viel Verantwortung.
Wahrscheinlich bleibt er noch ein Jahr in Leverkusen und wechselt dann zu einem Spitzenverein. Vom Gefühl her passt er besser nach Spanien (Real, Barcelona) als zu einem englischen Top-Verein. Aber wenn er Leverkusen verlassen sollte, wäre es toll für die Bundesliga, wenn er bliebe und dann kann das Ziel nur Bayern München heißen.
2. Robert Lewandowski
Konstant stark über die ganze Saison. Zum vierten Mal Torschützenkönig der Bundesliga. Aber nicht nur seine 22 Tore, sondern vor allem die sieben Vorlagen sind vorbildlich und Beleg für seine Teamfähigkeit. Er hat in der Rückrunde die Mannschaft angeführt.
Die Aufholjagd und der Titelgewinn gehen zu einem großen Teil auch auf sein Konto. Die Krisensitzung im Herbst mit den Führungs-Spielern und den Bossen hat bei ihm einiges bewirkt. Trotz anfänglicher Unzufriedenheit ist er vorangegangen und hat mit Leistung und tollen Toren geantwortet.
3. Marco Reus
Der Spieler der Hinrunde. Hat sich zum BVB-Leader entwickelt. Anführer auf und neben dem Platz. Vor allem bei den Siegen in Leverkusen und gegen Bayern mit außergewöhnlichen Leistungen. Der beste Mann im Dortmund-Dress über die gesamte Saison gesehen.
Bittere Rote Karte ausgerechnet im verlorenen Revier-Derby und dazu die lange Zeit sicher geglaubte Meisterschaft aus der Hand gegeben.
Die Verlierer unter den Spielern:
1. Jerome Boateng
Er träumte von Paris und landete auf Bayerns Ersatzbank. Es war ein ganz bitteres Jahr für den einstigen Weltklasse-Verteidiger. Stammplatz bei Bayern verloren, von Jogi aus der Nationalmannschaft gestrichen und zum Saisonabschluss nicht einmal eingewechselt. Die Einstellung scheint einfach nicht mehr die richtige zu sein.
Ich bleibe dabei: Heutzutage dürfen sich Spieler auf diesem Niveau nicht mehr erlauben, mehr auf Werbe-Terminen zu glänzen als auf dem Platz. Vor allem nicht, wenn sie verletzt sind. Sich bei Löw vor dem Holland-Spiel angeschlagen abzumelden, um dann in München voll zu trainieren, war auch nicht das Cleverste.
2. Marcel Schmelzer
Ein Dortmunder Urgestein mit sehr großen Verdiensten in der Vergangenheit, der aber unter Trainer Favre keine Chance hatte und das wird sich auch nicht ändern. Egal wer sich auf links auch verletzte, jeder durfte mal ran, nur der gelernte Linksverteidiger Schmelzer nicht. Seine Zeit bei Dortmund, zumindest unter Favre, ist passé.
3. Nabil Bentaleb
Ein Spiegelbild von Schalke 04. Vom Potential, den Anlagen und den Voraussetzungen in meinen Augen ein überragender Spieler, der in eine Champions-League-Mannschaft gehört. Technisch stark, körperlich kaum zu bezwingen, mit tollem Auge und einem unglaublichen Schuss. Leider jedoch mit dem Kopf kaum bei der Sache. Fahrig, unkonzentriert und teilweise unprofessionell.
Die Gewinner unter den Trainern:
1. Friedhelm Funkel
Hat aus einem sicher geglaubten Absteiger ein Team geformt, dass bereits am 28. Spieltag die Klasse gehalten hat. Dabei hat Funkel die Fortuna tollen, offensiven und erfolgreichen Fußball spielen lassen. Sie haben den BVB geschlagen, 3:3 in München gespielt und gezeigt, was man mit Teamgeist und einem Trainer, dem alle folgen, erreichen kann. Fantastisch!
2. Niko Kovac
Trotz der teilweisen schwierigen Umstände, die er in seinem ersten Jahr bei Bayern vorgefunden hat, ist er Deutscher Meister geworden. Die Aufholjagd war famos und wurde mit der Schale zurecht belohnt. Er hat schnell aus seinen Fehlern gelernt, ist aber trotzdem authentisch geblieben.
Keine Hierarchie und zu viel Rotation in der Hinrunde, aber eine Stammmannschaft und zum Großteil offensiver, ansehnlichen Fußball in der Rückrunde. Hat wie schon als Spieler jetzt auch als Trainer großen Kampfgeist bewiesen und kann sogar das Double gewinnen. Toll gemacht, Niko.
3. Rangnick/Labbadia
Geteilter dritter Platz für Ralf Rangnick und Bruno Labbadia. Leipzig hat vor allem in der Rückrunde spektakulären und erfolgreichen Fußball gespielt. Die Handschrift von Ralf Rangnick ist nicht wegzudiskutieren. Defensive Stabilität und offensive Durchschlagskraft. Der souveräne Einzug in die Champions League und Platz drei in der Bundesliga sowie das Erreichen des Pokal-Finals und der vielleicht erste RB-Titel in ihrer Geschichte, sind eine außerordentlich starke Leistung. Er hat selbst die tolle Arbeit von Hasenhüttl übertroffen.
Bruno Labbadia hat Wolfsburg durch die Relegation gerettet und nun in den internationalen Wettbewerb geführt. Dies ist ebenfalls eine herausragende Trainerleistung. Herzlichen Glückwunsch Bruno und viel Glück beim neuen Verein.
Die Verlierer unter den Trainern:
1. Markus Weinzierl
Wie auf Schalke hat Weinzierl auch in Stuttgart überhaupt keinen Erfolg gehabt. Manchmal gibt es eben Trainer, die nur zu einem Verein passen. Vielleicht war das mit Weinzierl und Augsburg so. In Stuttgart hatte er eine Horrorbilanz aufzuweisen, die Kabine und die Spieler standen nie hinter ihm. Es herrschte mehr Verunsicherung, als eine Bundesligamannschaft ertragen kann.
2. Domenico Tedesco
Bei ihm hatte ich den Eindruck, dass er oft viel zu viel machen wollte und am Ende nie das richtige Rezept gefunden hat. Die Personalentscheidungen um Fährmann und Naldo waren alles andere als glücklich. Hat sich zu oft mit zu vielen Systemen verzettelt und irgendwann war der Bonus der tollen Vorsaison zurecht aufgebraucht. Hat Spieler zu oft auf zu vielen Positionen hin und hergeschoben.
3. Tayfun Korkut
Konnte den Schwung der tollen Rückrunde in der Vorsaison nicht mitnehmen, obwohl Stuttgart auf dem Transfermarkt sehr aktiv war. Hat es nicht geschafft, eine neue Mannschaft zu formen.