Sky Experte Lothar Matthäus analysiert jede Woche exklusiv in seiner Kolumne "So sehe ich das" aktuelle Themen der Fußballwelt. Dieses Mal spricht der Rekord-Nationalspieler über die Absteiger Bremen und Schalke sowie die Aufsteiger Bochum und Fürth.
Meine allerherzlichsten Glückwünsche an den VfL Bochum und die SpVgg Greuther Fürth für den Aufstieg in die Bundesliga. Das war eine großartige Saison von beiden mit einem verdienten Lohn. Für Bochum ist es nach elf Jahren die ersehnte Rückkehr ins Oberhaus. Hoffentlich dürfen die tollen Fans dieses Revier-Klubs bald ihr Team im kleinen Derby gegen Dortmund und gegen alle anderen anfeuern und genießen.
Als gebürtiger Franke freue ich mich auch für die Fürther. Schön, dass wieder ein Verein aus meiner Heimatregion im Konzert der ganz Großen mitmischen darf.
Einheit auf und neben dem Platz als Aufstiegs-Formel
Wie immer dachte man zu Beginn der Saison an andere Aufstiegs-Favoriten wie den HSV, Hannover, Düsseldorf oder Nürnberg. Aber es wurde wieder einmal bewiesen, dass im Fußball vor allem eine starke Gemeinschaft, der Zusammenhalt und das konstante Erledigen der Hausaufgaben am Ende zum Ziel führen. Es muss Einheit auf und neben dem Platz in einem Klub herrschen. Nur zusammen und im besten Fall harmonisch erreicht man Dinge, die auf den ersten Blick vielleicht unmöglich erscheinen.
Was diese kleineren Vereine durch gute Planung und richtige Entscheidungen erreicht haben, sollte auch den Großen ein Vorbild sein. Klubs, die weitaus mehr Möglichkeiten haben und wirtschaftlich besser aufgestellt sind, haben es mal wieder nicht geschafft, aufzusteigen. Die "Kleinen" haben es wieder besser gemacht. Und wer am Ende aufsteigt, hat es auch verdient.
Bremen- und Schalke-Abstieg begünstigt von schlechten Entscheidungen
Genauso ist es auch andersherum. Auch Bremen und Schalke haben es im negativen Sinne verdient. Viele falsche und schlechte Entscheidungen über unzählige Monate hinweg haben zum sportlichen Absturz geführt. Das Ziel kann nur heißen: Aufstieg. Aber das kennt man in Hamburg schon lange und weiß mittlerweile, dass es kein Selbstläufer ist. Ehe man sich versieht, ist man eine normale Zweitliga-Mannschaft. Die zweite Liga wird in der nächsten Saison vor allem im Norden wieder viele Derbys beheimaten. Hamburg, Bremen, Hannover, St. Pauli ...
Für die jeweiligen 90 Minuten wird es keine Rolle spielen, in welcher Liga man sich befindet. Sollte Köln auch noch absteigen, gibt es gegen Düsseldorf auch am Rhein besondere Duelle.
Bundesligist in Relegation meist Favorit
Abgesehen davon, dass der Bundesligist in der Relegation meistens der Favorit ist, kommt nun auch noch hinzu, dass die Kölner unter Funkel mit zehn Punkten zuletzt Aufwind hatten und mit dem Sieg gegen Schalke ein Positiv-Erlebnis in die Duelle mit Kiel mitbringen. Die hingegen haben die große Chance am letzten Spieltag verspielt und sehen nun die Arbeit einer ganzen Saison davon schwimmen. Das unglaublich anstrengende Programm der letzten Wochen samt dem 0:5 im Pokal gegen Dortmund waren für Körper und Geist der Kieler sehr viel Arbeit, die am Ende in einem bitteren letzten Spieltag endete.
Alles in allem scheint Köln jetzt im Vorteil und Kiel in diesen beiden Partien nur Außenseiter zu sein.
Niemand hätte zu Saisonbeginn auf die drei Letzten Schalke, Bremen und Köln gesetzt. Und wahrscheinlich nur wenige auf Bochum und Fürth. Es geht viel Tradition, Fan-Power und Bundesliga-Historie ein Stockwerk tiefer. Dafür gibt es eine zweite Liga, wie es sie noch nie gab. Auch im Osten wird es mit Dresden, Rostock und Aue heiß hergehen.
Bremen & Schalke in Liga zwei mit Favoriten-Rolle
In der nächsten Saison werden sich die Bremer und die Schalker in jedem Spiel mit der Favoriten-Rolle abgeben müssen. Jeder will sie schlagen, aber keiner hat was zu verlieren. Es herrschen viel weniger Annehmlichkeiten als in der ersten Liga. Angefangen von den Umkleidekabinen bis hin zur Rasen-Qualität.
Hinzu kommt, dass der mediale Druck vor allem in der ersten Saison nicht kleiner wird. Niederlagen gegen Sandhausen, Aue oder Darmstadt werden noch weniger verziehen als gegen Stuttgart, Augsburg und Freiburg. Das wird ein hartes Jahr für die Absteiger. Wenn sie aus ihren Fehler lernen und eine Einheit in der Chefetage und in kurzen Hosen werden, dann haben sie natürlich das Zeug, sofort wieder aufzusteigen. Erst Recht, wenn ihre Fans wieder in die tollen Stadien dürfen.