Mit hängenden Schultern schlichen die geschlagenen Dauersieger aus den USA vom Parkett, Startrainer Gregg Popovich gratulierte höflich den Franzosen.
Erstmals seit dem Heimdebakel 2002 ist die Basketball-Supermacht wieder im Viertelfinale einer WM gescheitert und hat gleichzeitig ihre Chance auf den ersten Titel-Hattrick der Geschichte verspielt. In Dongguan unterlag der Weltmeister nach einer insgesamt enttäuschenden Vorstellung Frankreich 79:89 (39:45), das Team USA reist tatsächlich ohne Medaille aus China ab.
Popovich lobt den Gegner
"Jede Niederlage tut weh, in dieser Situation noch etwas mehr. Aber das Leben geht weiter", sagte Popovich, der Chefcoach der San Antonio Spurs verneigte sich vor seinem Gegenüber Vincent Collet. "Der Trainer und sein Team haben einen außergewöhnlich guten Job gemacht. Das ist die beste französische Mannschaft, die ich jemals gesehen habe."
Nach 58 Siegen ist Schluss
Einen Tag nach dem Aus für Vizeweltmeister Serbien, der in derselben Halle an Argentinien gescheitert war (87:97), gab es bei der 18. WM-Endrunde die nächste dicke Überraschung. Mit Beteiligung von NBA-Profis hatten die Amerikaner bei großen internationalen Turnieren zuletzt 58 aufeinanderfolgende Siege geholt, jetzt ist die Superserie beendet. Die USA, ungeschlagen 2008, 2012 und 2016 Olympiasieger sowie 2010 und 2014 Weltmeister, müssen zusehen, wenn es um alles geht.
Es ist die erste WM-Niederlage für die Basketball-Supermacht seit 2006, damals war das US-Team im Halbfinale an Griechenland gescheitert. Dagegen spielen die Franzosen, vor vier Jahren in Spanien bereits Bronzemedaillengewinner, am Freitag in der Hauptstadt Peking gegen die Argentinier um den Finaleinzug.
"Das ist historisch", schrieb Frankreichs Sportministerin Roxana Maracineanu kurz nach dem Coup bei Twitter, "du musst an dich glauben, an deine Träume. Sie haben es geschafft, und es ist wunderschön." Da Australien im letzten Viertelfinale Tschechien schlug (82:70), sind Frankreich und Spanien als beste europäische Teams im kommenden Jahr bei den Olympischen Spielen in Tokio dabei.
Mitchells 29 Punkte reichen nicht
Topscorer der Franzosen waren Evan Fournier (22 Punkte) und Rudy Gobert (21), beim US-Team war Donovan Mitchell (29) der mit Abstand beste Werfer. Es dürfte den gestürzten Turnierfavoriten kaum trösten, dass durch den Viertelfinaleinzug bereits das Ticket für Tokio 2020 gelöst war. Im kommenden Jahr wird die Mannschaft ohnehin wieder ein ganz anderes Gesicht haben, da viele Topleute fehlten. Mitchell war das egal: "Wenn sie nicht spielen wollen, wollen sie nicht spielen."
Gegen die körperlich robusten Franzosen, die das deutsche Team zum Vorrundenauftakt bezwungen hatten, taten sich die Amerikaner in der ersten Hälfte sehr schwer. Von der Dreierlinie fiel fast nichts, bei den Rebounds dominierte der Gegner. Außerdem konnte der Titelverteidiger Gobert (Utah Jazz) unter dem Korb und Distanzschütze Fournier (Orlando Magic) überhaupt nicht stoppen.
Frankreich hält der USA bis zur Schlusssirene stand
Erst Ende des dritten Viertels fand der Favorit seinen Spielrhythmus, angeführt von Mitchell (Utah Jazz) verkürzte das Team USA den Rückstand zusehends und glich schließlich aus (60:60/28. Minute). Doch in der heißen Phase waren die Franzosen einfach besser.
Die Amerikaner hatten das Spiel jetzt zwar besser unter Kontrolle, Frankreich ließ sich aber nicht abschütteln - im Gegenteil. Frank Ntilikina (New York Knicks) brachte den Europameister von 2013 in der Schlussphase auf 82:76 (38.) nach vorn. Die USA hatten danach keine Antwort mehr.