Bernhard Raimann und Marcel Dabo – beide gehen am Donnerstag den nächsten Schritt Richtung NFL-Karriere. Beide kämpfen um einen Platz bei den Indianapolis Colts. Die Voraussetzungen dafür – höchst unterschiedlich.
Länger als erwartet und prognostiziert musste Bernhard Raimann auf den Anruf warten. Der Wiener, der bei der Central Michigan durch bemerkenswerte Leistungen auf sich aufmerksam machte, wurde nicht in der ersten und auch nicht in der zweiten Runde des NFL-Drafts ausgewählt - wovon viele Experten ausgegangen waren. Erst an Position 77 klingelte das Handy - die Indianapolis Colts am anderen Ende. Ein Moment der Erleichterung, der Freude - aber auch eine scharfe Warnung: in diesem Sport, in dieser Liga ist nichts gewiss - nichts wird dir geschenkt.
Dabo geht über den IPPP-Weg
Für Marcel Dabo undenkbar. Der 22-Jährige wurde zwar auch in den hinteren Runden des Drafts gehandelt, beim athletischen Defensive Back stand das Telefon allerdings still. Für den Realisten kein großes Drama, denn alles, was Dabo sich wünscht, ist, die EINE Chance. Und die kriegt er - wie Raimann - von den Indianapolis Colts.
Über das International Player Pathway Program (IPPP) erhält Dabo einen Platz. Verdient hat sich der Lehramts-Student das durch einen herausragenden Auftritt bei der International Combine und einer ganz starken Rookie-Saison bei der European League of Football. Dabo wurde zum besten Neuling und ins All-Star-Team gewählt - frisch aus der Jugend der Stuttgart Surge.
Zwei Wege, ein Ziel - ein gemeinsamer Startpunkt
Dabo und Raimann - auf unterschiedlichen Wegen - jetzt vereint. Beide beginnen am Donnerstag ihre Mission Kaderplatz. Dann startet das Rookie MiniCamp - das erste Wochenende in der neuen Heimat. Erstmal mit den anderen Frischlingen. Die Veteranen und Routiniers steigen erst später ein. Eingewöhnungszeit für einen schwäbischen Jungen, Vorschusslorbeeren für den ersten Österreicher, der jemals gedraftet wurde? Nicht zu erwarten. Jede Einheit, jede Minute zählt. Wer nicht liefert, fliegt. So das eiserne, unerbittliche Gesetz der NFL. Das ist beiden durchaus bewusst.
Neue Welt - mit neuer Position
Die Herausforderung gleicht einem Quantensprung - speziell mental muss Marcel Dabo schnell das neue, viel höhere Level erreichen und das eventuell sogar auf einer neuen Position.
Als Cornerback und Kick Returner glänzte Dabo in der ELF. Die Colts planen den physisch so begnadeten Deutschen allerdings eher als Nickel oder Safety ein.
Bernhard Raimann hat durch seine College-Karriere das professionellere Fundament. Doch auch der Österreicher startet bei Null - entweder als Left Tackle wie im College oder umfunktioniert als Guard. Raimann freut sich insbesondere auf einen zukünftigen Teamkollegen: Quenton Nelson. Der All-Pro-Guard ist auf seiner Position einer der Besten, die je auf dem Feld standen. Von ihm will der Zwei-Meter-Riese so viel es geht lernen.
Harter Konkurrenzkampf - unterschiedliches Anspruchsdenken
Special Teams, Training für Training - einen Kaderplatz und den Respekt der Teamkollegen verdienen: Marcel Dabo ist ALL IN. Sein Studium hat er unterbrochen - einen Plan B gibt es nicht. Fest entschlossen und voll fokussiert den langjährigen Traum eigenhändig erfüllen - das ist aktuell alles, was zählt.
Raimanns Ansprüche und Träume sind da schon etwas überdimensionaler: Super Bowl Ringe sollen es werden für den 24-Jährigen. Das Maximum. Das amerikanische Selbstverständnis eines ambitionierten Leistungssportlers.
Neue Freundschaft durch deutsches Restaurant
Im Vorfeld gab es nur einen kleinen Austausch via Instagram. In Indianapolis wollen beide füreinander da sein. Startpunkt einer möglichen Freundschaft: in Indy soll es ein deutsches Restaurant geben - Dabo liebt schwäbisches Essen und mit Raimann hat er für dieses leidenschaftliche Hobby einen perfekten Wingman. Daumen drücken, dass die beiden auch in den kommenden Monaten so oft es ihnen passt, sich dort satt essen werden.
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