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Teamplayer Bottas: Wider Willen stets zu Diensten

Großer Preis von Russland

Valtteri Bottas ist in Barcelona am Freitag als Schnellster unterwegs.
Image: Valtteri Bottas überlässt beim GP von Russland seinem Teamkollegen Lewis Hamilton den Sieg wider Willen.  © DPA pa

Valtteri Bottas hat in Sotschi ein schmerzhaftes Opfer für sein Mercedes-Team gebracht. Wegen der Stallorder brodelte es in dem Finnen.

Valtteri Bottas gehört beileibe nicht zu den Menschen, deren Gefühlswelt ein offenes Buch ist. Mehr als ein sanftes Lächeln ist dem höflichen Mann aus Nastola selten zu entlocken. Am Sonntag auf dem Siegerpodest von Sotschi aber presste der Finne unentwegt seine Lippen zusammen, in seinen Augen loderte es. Auch der Letzte musste erkennen, dass Bottas kurz vor der Eruption stand.

Wolff zu Bottas: "Schwieriger Tag für dich"

Wie ungern der 29-Jährige den Sieg beim Großen Preis von Russland seinem Teamkollegen Lewis Hamilton überließ, verstand auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. "Valtteri, hier ist Toto", wandte sich der Österreicher nach der Zieldurchfahrt im Boxenfunk an seinen Fahrer: "Schwieriger Tag für dich und schwieriger Tag für uns. Wir besprechen es nachher in Ruhe."

Formel-1-Kolumne: Bottas – Sieger und Verlierer zugleich
Formel-1-Kolumne: Bottas – Sieger und Verlierer zugleich

Formel 1 Reporterin Sandra Baumgartner spricht in ihrer Kolumne "Back on Track" über die aktuellen Themen in der Königsklasse des Motorsports auf skysport.de. Dieses Mal geht es um die schwierige Rolle von Valtteri Bottas in dieser Saison.

Das unpopuläre, aber legitime Strategiemanöver war dem 46-Jährigen spürbar unangenehm. Doch der Geschäftsmann Wolff ist zu sehr Profi, um in der gegebenen Konstellation seine Piloten frei fahren zu lassen. "Ich bin lieber heute der Böse als am Saisonende der Idiot", rechtfertigte er sich. Auch Bottas zeigte mit etwas Distanz Verständnis: "Ein perfektes Ergebnis für das Team, nicht für mich. Aber Lewis kämpft nun mal um die Weltmeisterschaft."

Man mag sich kaum vorstellen, dass Bottas' Vorgänger Nico Rosberg für seinen Erzrivalen Hamilton das Gleiche getan hätte. Allerdings konnte es sich Mercedes von 2014 bis 2016 auch leisten, seine Fahrer aufeinander loszulassen - die Formel 1 war in den ersten Jahren der Turbo-Hybrid-Ära eine One-Team-Show, der Weltmeister konnte nur aus dem Silberpfeil-Rennstall kommen.

Geschenkter Sieg unangenehm für Hamilton

Heute ist das nicht mehr selbstverständlich. Ferrari ist herangekommen, hatte zur Mitte der Saison sogar das überlegene Auto, und Sebastian Vettel wird offenkundig weiterhin als Bedrohung wahrgenommen: 50 WM-Punkte Vorsprung für Hamilton statt "nur" 43 waren es Mercedes in Russland wert, ein lange unantastbares Prinzip zu opfern.

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Hamilton siegt dank Stallorder vor Bottas

Hamilton war der geschenkte Sieg ziemlich unangenehm, und so bedankte er sich artig bei Bottas, zu dem er ein gutes Verhältnis hat. Der Finne sei ein "Gentleman", sagte der Weltmeister: "Wenige Teamkollegen hätten so etwas gemacht."

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Tatsächlich spielten Anfang 2017 bei der Verpflichtung von Bottas auch menschliche Faktoren eine Rolle. Die Harmonie im Rennstall sei seither größer, es gebe keine Reibungsverluste mehr wie mit dem Duo Hamilton/Rosberg, heißt es.

In Sotschi und Baku eine Hand am Siegerpokal

Zugleich widersprach insbesondere Wolff immer wieder der These, Bottas sei bloß ein loyaler Adjutant des alles überstrahlenden Hamilton. "Mit etwas mehr Glück könnte er die WM anführen", erklärte der Österreicher etwa noch zur Saisonmitte.

Tatsächlich darf man Bottas nicht allein anhand der nackten Zahlen bewerten, die ihn als WM-Dritten ausweisen - mit stattlichen 117 Punkten Rückstand auf seinen Teamkollegen. In Sotschi sowie in Baku und Spielberg, als er jeweils das Opfer technischer Probleme an seinem Auto wurde, hatte Bottas mindestens eine Hand am Siegerpokal.

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Teaminterne Stallorder kostet Bottas den Sieg – Rosberg fühlt mit

Ende Juli in Ungarn aber schlug das Pendel im Team aufgrund des WM-Standes schon einmal zugunsten Hamiltons aus. Während der Brite das Rennen anführte, sollte Bottas den heranstürmenden Vettel hinter sich auf Rang drei halten, was letztlich misslang.

Schon damals war der Finne leicht verstimmt, schließlich ist auch er ein Fahrer mit Sieg- und Titelambitionen. Deswegen will er als Gegenzug für sein "Geschenk" von Sotschi auch keinen geschenkten Sieg: "Es macht mehr Spaß, wenn wir das auf der Strecke ausfahren." Die Frage ist, wann er das wieder darf. (sid)

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