Der BVB erlebt in München einen Abend zum Vergessen - erneut. Forderte Sportdirektor Michael Zorc vor der Partie noch "Männerfußball" von seinen Mannen, muss er nach dem Spiel ein "konsterniertes" Fazit ziehen.
Mit viel Schwung aus den Siegen gegen Inter (3:2) und den VfL Wolfsburg (3:0) wollten die Schwarz-Gelben in das Giganten-Duell in München gehen. Doch schon nach wenigen Minuten wurde klar, dass es zu einem Duell zwischen David und Goliath werden würde - ohne Steinschleuder.
Zorc nach BVB-Auftritt "konsterniert"
Nachdem die Dortmunder bereits in den vergangenen Jahren Abreibungen beim deutschen Rekordmeister verpasst bekamen, zeigten sich die Funktionäre vor der Partie noch angriffslustig. "Männerfußball", forderte ein gut gelaunter BVB-Sportdirektor noch vor dem Spiel auf der Pressekonferenz.
Nach der 0:4-Klatsche war er jedoch sichtlich geschockt von der Leistung seiner Elf. "Männerfußball? Das war heute ehrlicherweise überhaupt kein Fußball. Ich bin konsterniert. Bayern München war in allen Belangen überlegen", gestand Zorc am Sky Mikrofon.
Die Wortwahl des 57-Jährigen, die ursprünglich als Appell an seine Spieler angedacht war, sorgte auf der Gegenseite auch nach Abpfiff noch für heitere Gemüter.
"Das spornt einen schon an", meinte ein schmunzelnder Thomas Müller nach Abpfiff, ohne sich dabei einen Seitenhieb verkneifen zu können: "Das ist auch der Grund, warum wir siebenmal in Folge Deutscher Meister geworden sind. Es ist immer wieder herrlich, wenn Borussia Dortmund hierher kommt und wir dann so auftreten."
Zaghafte Zweikämpfe enttäuschen Hummels
Das zaghafte Zweikampfverhalten der Borussen, die nur 38,9 Prozent ihrer direkten Duelle gewannen, hatte wahrlich nicht viel mit dem verlangten "Männerfußball" zu tun. Auch Abwehrchef Mats Hummels, der wegen seines Eigentores von einer gewissen "Tragik-Komik" sprach, konnte sich das Auftreten der Mannschaft kaum erklären.
"Ich dachte, dass wir den Schwung der letzten drei Spiele mitnehmen könnten und mutiger auftreten. Wir haben aber viele Zweikämpfe verloren, in denen wir nicht hart genug waren", so der Ersatz-Kapitän, der die Binde vom erst später eingewechselten Marco Reus übernahm. So tief der Schmerz über die herbe Niederlage auch sitzen mag, tabellarisch hat die Borussia noch keinen Grund Trübsal zu blasen.
Die BVB-Noten nach dem Bayern-Desaster
Durch die Niederlage gegen den FCB stehen die Westfalen zwei Punkte hinter dem Team von Interimstrainer Hansi Flick, der sich immer mehr Kredit erspielt. Bis zur von Borussia Mönchengladbach in Beschlag genommenen Spitze sind es vor den Sonntagsspielen noch drei Punkte. Trotzdem wirft das Auftreten der Dortmunder Fragen auf.
Ist der BVB nicht titelreif?
Schon im letzten Jahr waren die Dortmunder mit vermeintlichem Rückenwind in den Süden gereist. Damals gab es ein 0:5, das dazu führte, dass der FC Bayern die Tabellenführung von der Favre-Elf übernahm. Die Debatte über die BVB-Titeltauglichkeit des vergangenen Jahres dürfte spätestens jetzt neues Futter bekommen.
Während der Trainer beteuert, dass seine Profis vor großen Gegnern nur "Respekt, aber keine Angst" haben, festigt sich der Eindruck, dass die Dortmunder in den entscheidenden Momenten nicht liefern können.
Diese These gilt es nach der Länderspielpause zu widerlegen. Zunächst steht die Pflichtaufgabe gegen Aufsteiger Paderborn an, dann sind die Borussen in Barcelona gefordert. Dort wird es "Männerfußball" brauchen, um die Virtuosen um Weltfußballer Lionel Messi zu stoppen.