Borussia Dortmund hat sein Champions-League-Zwischenziel vorzeitig erreicht. Genießen konnte der BVB das nicht.
Die nächtliche Entwarnung aus dem Krankenhaus legte sich bei Borussia Dortmund lindernd auf sämtliche Wut. Dass nach dem verletzten Sturm-Topstar Erling Haaland nicht auch noch Abwehrchef Mats Hummels für längere Zeit ausfällt, war in Zeiten einer Belastung über alle Grenzen hinaus eine Erleichterung - die Generalabrechnung mit dem Videobeweis wurde nachrangig.
Hummels hofft auf kurze Pause
"Es sieht danach aus, als ob es nicht so schlimm wäre. Ich werde wohl sehr, sehr bald wieder spielen können", berichtete Hummels bei Instagram mit dicker Wollmütze auf dem Kopf nach einer ersten Untersuchung. Ein intensiverer Blick auf das lädierte linke Sprunggelenk soll folgen.
Bei Haaland, dem einzigen Unverzichtbaren im Dortmunder Angriff, war die ernüchternde Diagnose bereits vor dem Anpfiff des 1:1 (1:0) gegen Lazio Rom am Mittwochabend gekommen. Der Norweger, auf dessen Konto 17 von 38 BVB-Toren in allen Wettbewerben gehen, wird wegen eines Muskelfaserrisses erst im neuen Jahr wieder zur Verfügung stehen. "Das tut weh. Vielleicht hat er zu viel gespielt", vermutete Trainer Lucien Favre betrübt.
Nationalspieler Emre Can hatte sich wegen muskulärer Beschwerden abgemeldet, Torschütze Raphael Guerreiro (44.), ohnehin angeschlagen ins Spiel gegangen, musste nach einer Stunde "dringend raus", wie Favre berichtete. Thomas Meunier ist verletzt, Jude Bellingham humpelte und kämpfte mit Krämpfen. "Einige Spieler gehen auf dem Zahnfleisch", sagte Sportdirektor Michael Zorc sorgenvoll.
Favre sauer aus Milinkovic-Savic
Favre war zuvor geradezu aus der Haut gefahren. Der arg fragwürdige Elfmeter zum Lazio-Ausgleich durch den ehemaligen BVB-Torjäger Ciro Immobile (67.) hatte den vorzeitigen Gruppensieg der nun sicher für das Achtelfinale qualifizierten Dortmunder verhindert. "Das ist unglaublich", schimpfte der Schweizer: "Das ist Theater! Er übertreibt." Sergej Milinkovic-Savic habe sich gegen Nico Schulz eine Schwalbe erlaubt: "Er war im Schwimmbad!"
Zorc stellte gleich den Videobeweis als Gesamtkonzept infrage. "Wenn solch eine offensichtliche Fehlentscheidung nicht korrigiert wird, dann brauchen wir den Videoschiedsrichter nicht mehr. Er wird ad absurdum geführt", sagte er. Schulz war ungelenk in den Zweikampf gegangen, Milinkovic-Savic aber hob bereits vor dem Kontakt ab.
Favre konnte bei allem Ärger (auch über verspätete Nachfragen zum peinlichen 1:2 gegen den 1. FC Köln) immerhin einen persönlichen Triumph auskosten. "Vor drei, vier Wochen war das Ende der Welt", sagte er in Anspielung auf die 1:3-Niederlage bei Lazio im Hinspiel: "Jetzt sind wir qualifiziert. Punkt." Platz eins in der Gruppe sei "nicht relevant".
Heftiges Programm vor Weihnachten
Für den BVB ist dies finanziell extrem erleichternd. Mindestens 35 Millionen Euro sind nun an Champions-League-Einnahmen sicher, inklusive der Zuteilung aus dem Marktpool werden es wohl eher 60 Millionen werden. Die pandemiebedingten Verluste von mindestens 75 Millionen Euro werden deutlich abgefedert.
Sportlich geht die Termin-Hatz nahtlos weiter. Noch vor Weihnachten erwarten den BVB vier Bundesliga-Spiele, die Champions-League-Reise nach Russland und das Pokal-Zweitrundenspiel bei Eintracht Braunschweig.
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Favre warb daher um Nachsicht. "Immer sollen wir 3:0 oder so gewinnen", klagte der Trainer, bevor er sein Sky Interview recht unfreundlich beendete: "Das geht nicht." Der Trainer verwies auf die Probleme bei Real Madrid, Manchester City sei derzeit nur Zwölfter in England: "Wir müssen aufhören, uns zu überschätzen."