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DFB News: Sky Kolumne von Didi Hamann über Löw und DFB

"DFB muss Fußball-Deutschland wieder auf seine Seite bringen"

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Sky Experte Didi Hamann glaubt nicht, dass es einen Trainerwechsel beim DFB gibt, ebenso wenig glaubt er an eine Rückkehr der Aussortierten. (Video: 01:05 Minuten)

Sky Experte Dietmar Hamann spricht in seiner Kolumne über das Debakel der deutschen Nationalmannschaft in Spanien, die Führungslosigkeit im DFB-Team, schätzt die Rückkehr der aussortierten Müller, Hummels und Boateng ein und blickt auf die Zukunft von Bundestrainer Joachim Löw.

So eine Leistung, wie sie die deutsche Nationalmannschaft beim 0:6 in Spanien gezeigt hat, ist durch nichts zu erklären.

Wir haben unter Rudi Völler in der Qualifikation zur WM 2002 gegen England 1:5 in München verloren. Die Mannschaft von damals ist mit der heutigen gar nicht zu vergleichen. Wir hatten nach dem Aus bei der EM 2000 nicht genügend hochwertige Spieler im Kader, in Sevilla haben am Dienstag fünf Spieler vom Champions-League-Sieger Bayern München auf dem Platz gestanden, dazu Profis von Real Madrid und Manchester City. Da kann ja irgendetwas nicht stimmen.

"Wir brauchen mehr Spieler von Kimmichs Sorte"

Auch trotz des 1:4 in Italien vor der WM 2006 wusste man seinerzeit, dass die deutsche Mannschaft gestandene Spieler wie Ballack, Frings oder Klose in ihren Reihen hatte, auf die man sich verlassen konnte, wenn es um die Wurst ging. Ich will das der heutigen Mannschaft überhaupt nicht absprechen, aber sie macht doch ein Stück weit einen führungslosen Eindruck. Und wenn du das Gefühl hast, dass du keine Führung hast, ist es schwer, Spiele oder sogar Turniere zu gewinnen.

Spieler wie Phillip Max und Robin Koch haben gestern - wie viele andere - Lehrgeld bezahlen müssen. Du musst schauen, dass du diese Leute einen Schritt weiterbringst. Das geht aber nur, wenn du eine Achse von erfahrenen Spielern hast, an denen sich die Jungs aufrichten können. Das ist im Moment nicht der Fall. Auch ein Joshua Kimmich wird das alleine nicht tragen können, wir brauchen mehr Spieler von seiner Sorte.

Aussortierte zurückholen? "Wäre kein Gesichtsverlust"

Dass der Bundestrainer die ausgemusterten Thomas Müller, Mats Hummels und Jerome Boateng zurückholt, ist unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Ich habe das Gefühl, dass Joachim Löw eine gewisse Sturheit entwickelt hat. Er zieht das jetzt durch, ob es richtig ist oder nicht. Gestern wäre ja die perfekte Möglichkeit gewesen zu sagen: "Wir überlegen uns das und die Entscheidung treffen wir dann im Januar oder Februar." Dann muss man natürlich auch erstmal die Spieler fragen, ob sie überhaupt zurückwollen.

Wenn er überzeugt ist, dass er ohne die drei Aussortierten besser aufgestellt ist, dann soll er es durchziehen. Sollte er von dieser Entscheidung abkehren, wäre es kein Gesichtsverlust, sondern ein Zeichen von Stärke.

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"Können uns die Trainerdiskussion sparen"

Löw hatte, seitdem er vor der WM 2006 in diese Position hereingerutscht war, immer herausragende Mannschaften und Spieler, die Probleme innerhalb der Kabine alleine geregelt haben. Jetzt wirkt er ratlos. Er hat das Gefühl, dass er die Mannschaft nicht mehr so erreicht wie noch vielleicht vor drei Jahren. Und wenn dies der Fall ist, dann sind die Probleme tiefgründiger, als es alle wahrhaben wollen.

Dass Löw selbst zurücktritt, halte ich für ausgeschlossen. Nach dem Vorrunden-Aus bei der WM 2018 hat er diesen Schritt nicht gemacht. Das war damals ein ungleich größerer Nackenschlag als jetzt das 0:6 gegen Spanien in einem Wettbewerb, dessen Bedeutung sehr zweifelhaft ist.

Ich halte es auch für sehr unwahrscheinlich, dass von Seiten des DFB etwas passiert. Deswegen können wir uns Diskussion über den Trainer sparen. Was ich darüber denke, ist unerheblich. Wichtig ist, was der Bundestrainer und der DFB-Teammanager darüber denken. Oliver Bierhoff hat Löw die volle Unterstützung zugesichert, von daher ist das für mich geklärt.

"Nationalmannschaft hat an Glaubwürdigkeit verloren"

Dass der Nationalmannschaft die Basis, bzw. die Unterstützung der Fans wegbricht, dieses Problem haben wir schon seit der letzten WM. Die Nationalmannschaft hat seit 2018 Stück für Stück an Glaubwürdigkeit verloren.

Es war selbstgefällig, dass man vor der WM 2018 überhaupt nicht mit dem Gedanken in Betracht gezogen hat, dass etwas schieflaufen könnte und den Vertrag mit Löw verlängert hat. Die Art und Weise, wie man danach verdiente Spieler wie Hummels, Boateng und Müller aussortiert hat, war respektlos. Damit ging der schrittweise Verfall der Glaubwürdigkeit los. Viele können die Dinge, die in der Nationalmannschaft passiert sind und die jetzt passieren, nicht mehr nachvollziehen.

Und wenn die Glaubwürdigkeit einmal angekratzt ist, dann wird es unheimlich schwer. Eine negative Grundstimmung wirkt auch ein Stück weit auf die Spieler. Mit so einem negativen Gefühl in ein Turnier zu gehen, ist in den seltensten Fällen gut gegangen. Bis zu den nächsten Testspielen im März muss der DFB dringend versuchen, die Leute und Fußball-Deutschland wieder auf seine Seite zu bringen.

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Dietmar Hamann äußert sich bei Sky Sport News über die Probleme in der deutschen Nationalmannschaft und die Zukunft von Joachim Löw. (Video, Länge: 01:49 Minuten)

Viele werden sich wundern, wer an Löws Job interessiert sein wird

Sollte Löws Trainerjob irgendwann frei werden, werden sich viele wundern, welches Kaliber von Trainern an diesem Posten interessiert sein wird. Das werden Leute sein, die wir jetzt vielleicht noch gar nicht für möglich halten. Aber es ist müßig darüber zu spekulieren, weil sich bis zur EM nichts ändern wird.

Und bis zur nächsten WM sind es dann auch nur noch eineinhalb Jahre. Wenn es bei der EM gut laufen sollte, halte ich es deshalb sogar für nicht ausgeschlossen, dass Löw sagt: "Ich mache jetzt noch einmal weiter."

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