Schalke ist definitiv kein ganz normaler Fußballklub. Zuhause werden die Spieler verehrt wie Popstars. Und wenn die Knappen auf Reisen gehen, sind sie nie allein. Immer sind hunderte, tausende Anhänger mit Herzblut und viel Leidenschaft dabei. Julian Draxler verließ die Knappen 2015. Aber der Nationalspieler trägt den Verein und die Menschen immer noch im Herzen.
Das Leben auf Schalke ist hart. Wie Julian Draxler die Zeit in Gelsenkirchen erlebte, den Klub und die Stadt lieben lernte, erzählt der heutige Pariser dem Players Tribune.
"Wer hier aufwächst, soll Schalke lieben und auf eine bestimmte Weise Fußball spielen - sehr hart im Nehmen, sehr körperlich. Es gibt einen Stereotyp, an den ich mich als Kind immer erinnere, als wir zu Turnieren reisten. Die anderen Trainer und Eltern sagten: 'Die Gelsenkirchener Kinder? Ja, sie arbeiten hart, aber sie sind nicht sehr schlau. Sie haben nicht viel hier oben.' Und sie zeigten auf ihre Köpfe", erzählt der Edeltechniker eine Anekdote aus seiner Jugendzeit.
Vorbilder waren Raul, Zidane, Rivaldo
Der Dribbelkünstler hatte aber schon früh seine Fußball-Idole gefunden, die eine etwas andere Art Fußball bevorzugten. Draxler wollte die feine Klinge zelebrieren, kreativ sein und ideenreich Torchancen herausspielen. Dennoch ärgerte sich der 24-Jährige schon als kleiner Junge, wenn sich die Gegner despektierlich äußerten.
"Das machte mich wirklich wütend, denn ich wuchs auf und vergötterte die kreative Nummer zehn, wie Raúl, Zidane, Rivaldo und Ronaldinho. Für mich ist das die schöne Art von Fußball. So wollte ich immer spielen. Aber leider sind Stereotypen in der Gesellschaft schwer zu brechen. Wo ich aufgewachsen bin, gab es viele Familien, die aus aller Welt nach Deutschland kamen, um in den Kohlebergwerken zu arbeiten, und sie waren ein leichtes Ziel für engstirnige Menschen."
Mit acht Jahren kam Julian Draxler zum FC Schalke 04. Der Dribbler durchlief alle Jugendmannschaften des Klubs. 2011 gab der Nationalspieler sein Profi-Debüt - natürlich im Trikot "seines" FC Schalke 04. Der 24-Jährige sollte eigentlich das Gesicht des Vereins werden, verließ die Knappen aber 2015 Richtung Wolfsburg.
Kontrast zwischen PSG und S04
"Eines der coolen Dinge am Aufwachsen in Gelsenkirchen war, dass es so aussah, als hätten alle Eltern so ziemlich das gleiche Gehalt verdient. Alle fühlten sich sehr gleich, auch wenn sie aus aller Welt nach Deutschland kamen. So hatte ich Freunde, deren Eltern aus Bosnien und der Türkei und anderen Ländern stammten, und ich aß die ganze Zeit in ihren Häusern zu Abend. Niemand hatte alles, aber wir alle hatten etwas. Ein Kind hatte den besten Fußball. Ein Kind hatte die PlayStation. Und dann hat ein anderes Kind das PlayStation-Spiel. Es war, als hätten wir alles gesammelt und auf einen Haufen gelegt, um es zu teilen."
Seit Januar 2017 streift sich Draxler das Jersey von Paris-St. Germain über. Das Starensemble von PSG und die künstlerische Metropole könnten kein größeren Kontrast offen legen. Jetzt genießt Draxler Café au lait und Croissant, statt Currywurst und Bier. Aber trotzdem liebt der Flügelflitzer den eigenen Charme des Ruhrgebiets.
"Wenn man in den Park ging, um Fußball zu spielen, hörte man eine Mischung aus Deutsch, Polnisch, Türkisch, Portugiesisch, Arabisch und jeder anderen Sprache unter der Sonne. Auch wenn wir uns nicht ganz verstanden haben, war es egal. Weil elf gegen elf oder sogar 15 gegen 15 immer besser ist als drei gegen drei, richtig? Das ist die Sprache des Fußballs. Ich sage immer, dass wir in meiner Heimatstadt weder die Champs-Élysées noch irgendwelche schicken Einkaufszentren haben, aber für mich ist es auf seine Weise schön."