Eintracht Frankfurt schlüpft plötzlich in die Rolle des ersten Bayern-Jägers. Und dennoch hatte Oliver Glasner reichlich Gesprächsbedarf.
In der ungewohnten Rolle des Bayern-Jägers gefielen sich die Frankfurter Fans deutlich besser als Oliver Glasner. Als Platz zwei plötzlich erobert und der Rückstand auf den Rekordmeister auf fünf Punkte geschrumpft war, hallten sogar die ersten Meisterschaftsgesänge durch den Stadtwald. Nur der Trainer von Eintracht Frankfurt zog inmitten des Freudentaumels die Euphoriebremse.
Trainer Glasner bleibt gelassen
Im Januar habe er sich noch nie Gedanken über Tabellenplätze gemacht, sagte der Österreicher nach dem deutlichen, aber spielerisch wenig glanzvollen 3:0 (1:0) gegen das Schlusslicht Schalke 04, "jetzt ist es völlig belanglos." Es sei ihm egal, "was die anderen sagen. Wir kümmern uns um uns". Also doch kein Titelkampf?
Längst sind die Ansprüche am Main gestiegen, der Verein befindet sich in einem Zustand der Dauereuphorie. Europa-League-Sieg, Champions-League-Achtelfinale - und nun wartet die Woche der Wahrheit. Gegen den punktgleichen SC Freiburg am Mittwoch (20:30 Uhr live auf Sky), aber vor allem am Samstag (18:30 Uhr live auf Sky) im Topspiel in München wird sich zeigen, ob die Hessen mehr sind als nur ein Bayern-Jäger auf dem Papier.
Auch Uli Hoeneß lobt die Eintracht
"Da ist etwas entstanden, das muss man ernst nehmen", lobte jedenfalls Bayerns Ehrenpräsident Uli Hoeneß im Sport1-Doppelpass. Die Eintracht müsse man auf der Rechnung haben, "wenn man über den Fußball in den nächsten Jahren spricht". Meister werde aber natürlich zu 100 Prozent der FC Bayern.
Auch für Eintrachts Vorstandssprecher Axel Hellmann ist der Titelverteidiger der Topfavorit. Zwar gab er bei Sky90 zu, dass er "natürlich von der Meisterschaft träumen" würde und die Tabelle "schön anzuschauen" wäre, aber:
"Für eine wirkliche Verfolgerrolle musst du noch ein paar mehr Attribute reinbringen, als wir das aktuell tun." Laut Hellmann müssen andere Teams die Rolle des Bayern-Jägers einnehmen, die SGE verfolge nach wie vor das Ziel, sich für "das internationale Geschäft zu qualifizieren".
Dennoch: Gegen Schalke, so werden es die Optimisten sagen, sicherte sich die SGE die drei Zähler im Stile einer Spitzenmannschaft. Deutlich kritischer zeigte sich dagegen Glasner. Wenn die Eintracht jedes Spiel so bestreite, meinte er, "dann werden wir relativ wenige Punkte holen in der Rückrunde." Es sei ein Sieg gewesen, "der in dieser Höhe nicht verdient war."
Adler wollen weiter "Geschichte schreiben"
Und dennoch wächst die Hoffnung, dass sich die Erfolge aus dem Vorjahr 2023 einfach fortsetzen könnten. Der umworbene Jesper Lindström, der nach einem sehenswerten Solo ebenso traf (22.) wie Rafael Borre (84.) und Aurelio Buta (90.+1), träumt bereits, er wolle mit diesem Verein "noch mehr Geschichte schreiben".
Der Klub habe es sich verdient, "da oben zu stehen", betonte Nationaltorhüter Kevin Trapp, der zugleich forderte, man könne nun nicht aufhören. Frankfurt, so erklärte er, habe aber einen Trainer, "der dafür sorgt, dass wir nicht nachlassen". Der wiederum kündigte bereits vielsagend an, es gebe viele Dinge, über die "wir uns unterhalten werden".
Euphoriewellen können schmerzhaft brechen
Über die Punktausbeute (30) zeigte sich Glasner erfreut, in vielen anderen Belangen sieht er nach der WM-Pause noch reichlich Luft nach oben. Zumal der kommende Gegner Freiburg bei der deftigen Klatsche in Wolfsburg (0:6) erfahren musste, wie schmerzhaft die Euphoriewelle brechen kann.
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