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EURO 2020 News: Löws System-Umstellung gescheitert? Hoffnungsträger Goretzka

Löws System-Umstellung gescheitert? Hoffnungen liegen auf Goretzka!

Für Bundestrainer Joachim Löw ist die EURO 2020 das letzte Turnier mit der deutschen Nationalmannschaft.
Image: Für Bundestrainer Joachim Löw ist die EURO 2020 das letzte Turnier mit der deutschen Nationalmannschaft.  © Imago

Deutschland startet bei der EURO 2020 mit einer Niederlage ins Turnier. Sky Sport analysiert die wichtigsten Erkenntnisse vom 0:1 gegen Weltmeister Frankreich.

"Allez les Blues" schallt es nach dem Abpfiff durch die mit 14.000 Zuschauern gefüllte Allianz Arena in München. Die Equipe Tricolore feiert - aber den Sieg verdanken die Franzosen einem deutschen Kicker: Rückkehrer Mats Hummels - der unglückliche Eigentorschütze.

Die DFB-Elf um Bundestrainer Joachim Löw startet mit einer historischen Niederlage ins EM-Turnier. Neuer, Kroos und Co. enttäuschen keineswegs in Gänze - Wille und Einsatz sind für alle Fans der Mannschaft klar erkennbar. Allerdings blitzt die fußballerische Klasse nur selten auf - zu wenig, um den abgezockten, kompakt stehenden Weltmeister zu beeindrucken. Sky Sport analysiert die wichtigsten Erkenntnisse.

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Deutschland verliert unglücklich gegen Frankreich und steht gegen Portugal am Samstag unter Druck. Gerade in der Offensive muss aber noch mehr kommen (Videolänge: 3:09 Min.).

3-4-2-1-System nur teilweise gelungen

Das schmerzvolle 0:6 gegen Spanien hat jeder deutsche Fußball-Fan noch immer im Gedächtnis. Es ist der katastrophale "Höhepunkt" einer schier kaum aufzuhaltenden Talfahrt der Nationalmannschaft. In der Vorbereitung auf die EURO 2020 reagiert Joachim Löw auf die Gegentor-Flut und verändert das Spielsystem. Aus 4-3-3 wird ein 3-4-2-1-System. ABER: Die Mannschaft hat nur zweieinhalb Wochen Zeit, dass neue System zu verinnerlichen.

Gegen Frankreich ist es der DFB-Elf durchaus gelungen, defensiv gut zu stehen. Nur wenige Konter über Kylian Mbappe sorgen für Gefahr. Auch als es mal richtig brenzlig wird, grätscht Abwehr-Chef Mats Hummels den Superstar sportlich fair ab. Die Doppelsechs mit Toni Kroos und Ilkay Gündogan unterstützt die Dreierkette dabei in der Defensivarbeit.

Die defensive Stabilität geht allerdings auf Kosten der Offensive. "Wir müssen uns den Vorwurf gefallen lassen, dass wir aus unserer Dominanz zu wenig Torchancen erspielt haben. Was gefehlt hat, war ein bisschen die Durchschlagskraft im letzten Drittel. Da haben wir zu wenig gemacht", analysiert Löw die mangelnde Offensiv-Power.

Die Offensivspieler Havertz, Müller und Gnabry können sich kaum in Szene setzen, weil der Ball trotz 60-prozentigen Ballbesitzes kaum zirkuliert. Eine Spielverlagerung ist nur selten erkennbar. Im deutschen Aufbau mangelt es an Abstimmung, Kreativität und Automatismen.

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Kimmich auf dem Fügel verschenkt?

Bereits im Vorfeld auf das Duell mit dem Weltmeister haben viele Experten und Fans Joshua Kimmich auf der rechten Außenbahn erwartet. Und so kommt es auch. Für den flexibel einsetzbaren Münchner ist es keine ungewohnte Position - allerdings hat sich Kimmich in den letzten Jahren beim FC Bayern im zentralen Mittelfeld als unverzichtbar erwiesen.

Der Bundestrainer verfolgt jedoch einen anderen Plan: Kimmich soll mit seinen Flankenläufen den Druck auf der Außenbahn der Franzosen erhöhen, weil das Zentrum mit Pogba, Rabiot und Kante auf Weltklasse-Niveau besetzt ist. Der 26-Jährige macht seine Sache über weite Strecken gut - vor allem im zweiten Durchgang intensiviert der 54-malige Nationalspieler sein Offensivspiel.

Defensiv leistet sich der sechsmalige Deutsche Meister allerdings einen spielentscheidenden Stellungsfehler. Beim 0:1 rückt Kimmich nach innen, anstatt Vorlagengeber Hernandez zu beschatten. Die Frage bleibt: Ist Kimmich in der Zentrale nicht doch wichtiger für die Mannschaft?

ZUM DURCHKLICKEN: DIE NOTEN DER DFB-STARS GEGEN FRANKREICH

  1. -
    Image: MANUEL NEUER: Starke Parade gegen Mbappe (17.). Kann beim Eigentor von Hummels nichts machen. Sonst wenig gefordert. NOTE: 3. © Imago
  2. -
    Image: MATTHIAS GINTER: Bester deutscher Verteidiger. Wichtige Klärungsaktion im eigenen Sechzehner (16.). Bügelt den Fehler von Hummels gegen Mbappe aus (36.). Auch sonst mit einigen Super-Grätschen. In der 87. Minute für Can ausgewechselt. NOTE: 3. © Getty
  3. Mats Hummels unterlief das erste Eigentor einer deutschen Nationalmannschaft bei einer Europameisterschaft.
    Image: MATS HUMMELS: Sehr unglücklich! Eigentor zum 0:1 (20.). Lässt sich bei einem Konter von Mbappe leicht vernaschen (36.). Wirkt nicht sicher. Einziger Lichtblick: Grandiose Grätsche gegen Mbappe (78.). NOTE: 5. © DPA pa
  4. -
    Image: ANTONIO RÜDIGER: Fällt vor allem durch eine Knabberattacke gegen Pogba kurz vor der Pause auf. Führt fünf Zweikämpfe, von denen er nur 20 Prozent gewinnt. NOTE: 4. © DPA pa
  5. -
    Image: JOSHUA KIMMICH: Kassiert nach Foul an Hernandez früh Gelb (7.) und wandelt danach auf einem schmalen Grat. Rückt beim 0:1 nach innen, anstatt Vorlagengeber Hernandez zu beschatten. In Halbzeit zwei etwas besser, mit einigen Flankenläufen. NOTE: 4. © DPA pa
  6. -
    Image: ILKAY GÜNDOGAN: Holt einen Freistoß in gefährlicher Position raus (24.). Verzieht aus elf Metern per Volley (38.). Tritt als Taktgeber nicht in Erscheinung, kann dem Spiel nicht die nötigen Impulse verleihen und taucht fast völlig ab. NOTE: 5. © Getty
  7. -
    Image: TONI KROOS: Weniger Ästhet, mehr Zweikämpfer. Einige gute Ballgewinne in der Defensive. Schießt einen Freistoß aus guter Position in die Mauer (25.), kurz darauf aus ähnlicher Lage drüber (27.). Wenige Lichtblicke im Spiel nach vorne. NOTE: 4. © DPA pa
  8. -
    Image: ROBIN GOSENS: Der beste Deutsche! Auf links stärker als Kimmich auf rechts. Gute Flanken wie in der 22. Minute auf Müller oder kurz nach der Pause, als er Gnabry bedient. Defensiv solide. In der 87. Minute gegen Volland ausgetauscht. NOTE: 2. © DPA pa
  9. -
    Image: KAI HAVERTZ: Sehr schwacher Auftritt. Findet zunächst überhaupt nicht ins Spiel, in der Offensive fast gar nicht beteiligt. Wenig Ballsicherheit. Fast wie ein Fremdkörper. Für Sane ausgewechselt (74.). NOTE: 5. © DPA pa
  10. -
    Image: THOMAS MÜLLER: Hängt oft in der Luft. Hat eine gute Abschlusschance zum 1:1 mit dem Kopf (22.), holt einen Freistoß raus (27.), ansonsten wenig zu sehen. NOTE: 4. © DPA pa
  11. -
    Image: SERGE GNABRY: Tritt vor der Pause wenig in Erscheinung. Vergibt in Halbzeit zwei eine Großchance nach Flanke von Gosens (54.). Sonst wirkungslos, kommt selten ins Tempo. Hat in der 74. Minute Feierabend, wird durch Werner ersetzt. NOTE: 4. © DPA pa
  12. -
    Image: LEROY SANE: Kommt in der 74. Minute für Havertz. Jagt einen Freistoß kläglich in Richtung Stadiondach (88.) und wirkt in mehreren Aktionen sehr leichtsinnig. NOTE: 5. © DPA pa
  13. Timo Werner.
    Image: TIMO WERNER: In der 74. Minute für Gnabry eingewechselt. Hat aber keine nennenswerten Aktionen. NOTE: 4. © Imago
  14. Emre Can (Deutschland)
    Image: EMRE CAN: Kommt für Ginter in der Schlussphase (87.). Tritt nicht nennenswert in Erscheinung. NOTE: Ohne Bewertung. © Imago
  15. Kevin Volland.
    Image: KEVIN VOLLAND: In der 87. Minute für Gosens gebracht. Kann dem Spiel keine Wende mehr geben. NOTE: Ohne Bewertung. © Imago

Goretzka schmerzlich vermisst

Viele Fans haben einen Spieler besonders vermisst: Leon Goretzka. Der Bayern-Dirigent ist mit seiner Spielweise ein perfektes Bindeglied zwischen Abwehr und Angriff. Goretzkas Dynamik und Physis hätte dem deutschen Mittelfeld gegen die robusten Franzosen gutgetan. Der 26-Jährige trainiert nach seiner Muskelverletzung erst seit letzten Donnerstag - ob es für das Duell gegen Portugal von Beginn an reicht, ist unwahrscheinlich. "Er wird am Samstag sicher eine Option sein, ob schon für die Startelf, muss man abwarten. Vermutlich eher im Laufe des Spiels", blickt Löw auf das zweite Spiel voraus.

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Schwachstelle Standardsituation bleibt

Standardsituationen können ein probates Mittel zum Erfolg sein. Bei der WM 2014 war es der Schlüssel zum Turniersieg. Fünfmal standen Müller, Klose und Co. bereit, um vom Elfmeterpunkt oder nach einer Ecke zu treffen.
Doch die Kaltschnäuzigkeit scheint seit Jahren verloren zu sein. Seit dem Desaster bei der WM 2018 erzielte die deutsche Nationalmannschaft nur noch drei Treffer nach einem ruhenden Ball.

Genau darauf wollte Joachim Löw den Fokus im Trainingslager legen - doch bisher ohne sichtbaren Erfolg. "Frankreich ist die beste Mannschaft im Verteidigen von Standards der letzten Jahre auf der Welt. Sie haben sechs, sieben Top-Kopfballspieler. Die ein oder andere Ecke kam zu kurz, aber in der Gänze ist es schwierig, dieses Bollwerk mit Standards zu knacken", beschreibt Löw die französische "Festung". Und damit ist auch schon fasst alles gesagt.

Vorne pfui! Hinten pfui! Das einzige Gegentor fällt "natürlich" in Folge eines Einwurfs. Pavard wirft auf Pogba, der ungehindert mit dem Außenrist in den Strafraum flanken kann und Hernandez findet. Alles weitere ist bekannt: Seine Hereingabe erwischt Hummels am Schienbein - Neuer ist chancenlos.

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Trotz der Niederlage gegen Frankreich ist die Kritik an Joachim Löw noch nicht angebracht, da die Mannschaft ein stark kämpferisches Spiel gezeigt hat (Videolänge: 1:25 Min.).

Löws Wechsel kommen zu spät

Einen rabenschwarzen Tag hat Kai Havertz. Der Chelsea-Star findet überhaupt nicht ins Spiel, ist an Offensivaktionen fast gar nicht beteiligt. Der technisch hochversierte Champions-League-Sieger zeigt ungewohnt wenig Ballsicherheit. Der 22-Jährige wirkt fast wie ein Fremdkörper. Dennoch reagiert Löw erst spät - vielleicht zu spät?

Für Havertz und den ebenfalls wirkungslosen Gnabry kommen in der 74. Minute Werner und Sane. Beide haben kaum Zeit Impulse zu setzen und die Schlussoffensive einzuläuten.

Eine weitere Alternative für den Sturm bringt der Bundestrainer erst in der 87. Minute: Kevin Volland. Die Fans reiben sich jedoch verwundert die Augen, als der Angreifer der AS Monaco nicht im Sturmzentrum auftaucht, sondern auf der linken Außenbahn. Zeitweise sogar als linker Verteidiger!

Joachim Löw sollte bei seinem letzten Turnier als Bundestrainer durchaus darüber nachdenken, früher auf Spielverlauf und Leistungsabfälle zu reagieren.

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