Der Erfolgslauf des FC Bayern hat in der vergangenen Woche eine deutliche Delle bekommen. Viel Zeit zum Wundenlecken bleibt allerdings nicht, denn am Dienstag starten die Münchner in die K.o.-Phase der Champions League.
Mit der Niederlage gegen Eintracht Frankfurt konnte Bayern München das zweite Spiel in Folge nicht gewinnen und ließ den Vorsprung in der Tabelle auf Verfolger RB Leipzig innerhalb von sechs Tage um fünf Punkte schmelzen.
Hohe Belastung fordert Tribut
Seit Wochen quälen sich die Bayern mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg durch ihr kräftezehrendes Programm. Die hohe Belastung ist der Mannschaft von Hansi Flick deutlich anzumerken. Vor allem der Kurz-Trip zur Klub-WM nach Doha hat Spuren hinterlassen.
"Die Spieler sind auch nur Menschen", betonte der Trainer nach der Pleite in Frankfurt und verwies auf die "turbulenten letzten Tage" beim Rekordmeister. "Irgendwann macht der Körper und auch der Kopf nicht mehr mit", so die Schlussfolgerung von Sky Experte Lothar Matthäus am Sonntag bei Sky90.
Die Personalsorgen wachsen
Auch die Personalsituation sorgt nicht gerade für Entlastung. Das Team war zuletzt von mehreren Corona-Fällen (Leon Goretzka und Javi Martinez (beide wieder genesen), sowie Thomas Müller und Benjamin Pavard) betroffen. Hinzu kommen die Verletzungen von Serge Gnabry (Muskelfaserriss), Douglas Costa (Haarriss im Fuß), Alexander Nübel (Syndesmosebandanriss) und Corentin Tolisso (Sehnenriss).
"Es muss langsam aufhören mit den Verletzten beim FC Bayern", schlägt Matthäus Alarm, "sonst kriechen sie aus dem letzten Loch und das könnte dann auch die Meisterschaft gefährden."
Problematisch ist vor allem, dass die zweite Reihe des Rekordmeisters, jetzt wo sie gebraucht wird, nicht auf dem gewünschten Niveau performt. Bouna Sarr, Marc Roca und Eric Maxim Choupo-Moting konnten in ihrer Backup-Rolle bisher nicht überzeugen.
"Und jetzt ist das Dilemma da, dass Flick nur auf 13 oder 14 Spieler bauen kann", erklärt Sky Bayern-Reporter Uli Köhler und wagt eine düstere Prognose: "Das wird am Ende nicht reichen, um die Bayern erfolgreich ins Ziel zu führen."
Rechtsverteidiger gesucht
Vor allem auf zwei Positionen wiegt die Personalnot aktuell besonders schwer. Zum einen ist Pavard als Rechtsverteidiger nicht zu ersetzen - und das, obwohl er in dieser Saison nach wie vor nicht zu seiner Top-Form findet.
Sarr erhielt gegen Bielefeld eine Chance, die Bewährungsprobe war allerdings nach 58 Minuten bereits wieder beendet. Joshua Kimmich wäre eine Alternative, wird aber im Mittelfeld dringender gebraucht. Und so gab zuletzt Niklas Süle rechts hinten den Feuerwehrmann.
Zumindest Karl-Heinz Rummenigge konnte er in dieser Rolle aber nicht überzeugen. "Das sind Fehler, die nicht passieren dürfen", kritisierte der Bayern-Boss Süles Abwehrverhalten vor dem 0:2.
Müller-Ausfall wiegt schwer
Am schmerzlichsten wird aber Müller vermisst. Mit dem 31-Jährigen, der seit der Klub-WM aufgrund einer Corona-Infektion ausfällt, fehlt den Münchnern "der Denker, Lenker und Antreiber. Das kann kein anderer übernehmen", so Köhler. Sowohl sportlich als auch in seiner Rolle als "Spielertrainer" mit seinen lautstarken Anweisungen ist Müller beim FCB nicht zu ersetzen.
Sein Ersatzmann Choupo-Moting blieb in den vergangenen beiden Partien blass. Für das Achtelfinal-Hinspiel gegen Lazio Rom (Di., ab 20:50 Uhr LIVE auf Sky Sport 2) schlägt Köhler daher einen anderen Ansatz vor - mit Goretzka. "Der kann den Zehner spielen. Der kann auch die Wege gehen, die Müller geht, um in der Defensive die Löcher zuzulaufen", begründet der Bayern-Experte seine Überlegung.
Wird Lazio zum Stolperstein?
Auf die defensive Stabilität wird es am Dienstagabend in Rom besonders ankommen. Lazio geht mit breiter Brust in das Duell, hat die letzten acht Ligapsiele, abgesehen vom 1:3 gegen Tabellenführer Inter Mailand, alle gewonnen. Die Italiener sind zudem extrem konterstark. Davor warnt auch Flicks Co-Trainer und der ehemaliger Lazio-Profi Miroslav Klose.
"Besonders gefährlich" sei Stürmer Ciro Immobile, sagte Klose dem kicker: "Für seine Tore braucht Immobile wenige Chancen, was für seine Qualität spricht. Er hat ein ganzes Paket, ist beidfüßig und kopfballstark."
Die Lösung: "Unser Pressing ist da wichtig. Gegendruck sind die Italiener nicht gewohnt."
Bayern auf den Punkt fokussiert
Fraglich ist nur, ob die müden Beine der Bayern in der Praxis 90 Minuten Pressing durchstehen. Was das angeht ist Köhler zumindest optimistisch: "Es ist eher eine Müdigkeit im Kopf als die in den Beinen. Das hat man in der zweiten Halbzeit in Frankfurt oder bei der Aufholjagd in Bielefeld gesehen." Außerdem sei die Mannschaft in der Lage, sich in wichtigen Spielen auf den Punkt zu motivieren.
Vorsicht ist jedenfalls geboten. Sollten die Bayern ihrem Ruf diesmal nicht gerecht werden, könnte aus der kleinen Leistungsdelle schnell eine handfeste Krise werden.