Der FC Liverpool läuft in der Premier League Gefahr, die Champions League zu verpassen. Das Realwerden des gefürchteten Worst-Case-Szenarios könnte gravierende Folgen haben - insbesondere in Bezug auf Trainer Jürgen Klopp und einen möglichen Transfer von Jude Bellingham.
4, 4, 2, 1, 3, 2 - hinter dieser Zahlenreihe verbirgt sich eine elementare Information: Der FC Liverpool hat sich in den vergangenen sechs Jahren unter Jürgen Klopp zu einem Dauergast in der Champions League entwickelt, einzig in der Premieren-Saison des Deutschen hat es nicht für die Königsklasse gereicht. Damals wurde der internationale Wettbewerb mit Platz acht gar komplett verpasst, allerdings gilt es hier Abstriche zu machen. Der 55-Jährige übernahm die Reds seinerzeit erst nach dem achten Spieltag, zudem konnte er den Kader erst im Sommer darauf nach seinen Vorstellungen gestalten.
Seither hat Liverpool eine Phase glanzvoller Erfolge erlebt, inklusive der ersten Meisterschaft seit 1990 und dem Triumph in der Champions League 2019. Das Gefühl eines Misserfolgs war nur noch in ganz seltenen Fällen vorhanden, es wurde zu einer Rarität an der Anfield Road. Doch in dieser Spielzeit ist alles anders.
Liverpools Zustand ist besorgniserregend
Nach knapp der Hälfte der Saison liegt das Klopp-Team mit nur 28 Punkten auf Platz neun, der Rückstand auf die Champions-League-Ränge beträgt bereits zehn Zähler. Der amtierende FA-Cup-Sieger hat ein Drittel seiner Ligaspiele verloren, so viele Niederlagen gab es zum gleichen Zeitpunkt selbst in Klopps erstem Jahr nicht (fünf). Und auch wenn der Tabellen-Dritte Newcastle United ein Spiel mehr absolviert hat und der Abstand somit auf sieben Punkte verkürzt werden könnte: Die Selbstverständlichkeit, dass Liverpool seine Spiele gewinnt, ist verflogen.
Zuletzt kassierten die Reds sogar gegen Mittelklasse-Klubs wie Brentford (1:3) und Brighton & Hove Albion (0:3) deutliche Pleiten, wurden teilweise sogar vorgeführt. Ein Zustand, der besorgniserregend ist.
"Liverpool ist im Moment nur eine Mannschaft von vielen", stellt Sky Experte Didi Hamann fest und weiter: "Das, was sie über Jahre ausgezeichnet hat, dieses erdrückende Spiel, Widerstandsfähigkeit, diese Intensität, diese spielerische Qualität und ihr Game-Management, fehlt momentan komplett."
Fehlt Liverpool das Geld für den Umbruch?
Hat Klopp den auf gnadenlosen Pressing ausgerichteten und spektakulären Heavy-Metal-Fußball zuweilen perfekt orchestriert, haben sich nun deutlich hörbare Misstöne dazwischen gemischt. Das Ende der Champions-League-Ära scheint daher so nah wie nie. Eine bedrohliche Situation, die den zuletzt so erfolgsverwöhnten Verein in längst vergessene Zeiten zurückwerfen könnte.
Um den Einklang wiederherzustellen, ist ein Umbruch im Sommer unumgänglich, insbesondere im Mittelfeld ist eine Auffrischung dringend vonnöten. Fabinho befindet sich seit Monaten im Formtief, Thiago fällt verletzungsbedingt immer mal wieder aus und Kapitän Jordan Henderson wird im Sommer 33 Jahre alt. Dazu enden die Verträge von Routinier James Milner (37), Alex Oxlade-Chamberlain und Naby Keita. Die beiden Letztgenannten sind in ihrer Zeit bei den Reds hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
"Sie müssten allein im Mittelfeld vier oder fünf neue Spieler holen und sich auch in der Abwehr verstärken. Dafür müssen sie mindestens um die 200 Millionen ausgeben, aber ich glaube, dass sie dieses Geld nicht haben", sagt Hamann. Erst recht, sollte der Wort Case mit dem Verpassen der Champions League real werden, zumal die Fenway Sports Group als Besitzer des FC Liverpool ohnehin nicht in der Lage ist, mit der Finanzkraft der Liga-Rivalen um den FC Chelsea, Manchester City oder Newcastle United mitzuhalten.
Empfindlicher Rückschlag im Bellingham-Poker?
Einer, der Liverpools offensichtliches Mittelfeld-Problem lösen könnte, ist Jude Bellingham. Allerdings wird sich das finanzielle Paket für den begehrten BVB-Youngster inklusive Gehalt im dreistelligen Millionenbereich einpendeln und ein Platz außerhalb der Top-4 könnte sich als empfindlicher Rückschlag erweisen, zumal die Konkurrenten Real Madrid sowie Manchester City so gut wie sicher mit diesem Pfund wuchern können.
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Klopp glaubt zwar nicht, dass das mögliche Verpassen der Champions League einen Einfluss auf die Transfer-Chancen der Reds hat, aber "ich weiß nicht, was Bellingham will. Vielleicht sagt er ja, er hat immer davon geträumt für Liverpool zu spielen, aber er will sicherlich in der Champions League spielen und Meister werden", so Hamann, der nicht glaubt, dass Liverpools Schwachstellen mit einem Bellingham-Transfer allein behoben wären. "Wie es im Moment aussieht, gibt es in der Liga allein fünf oder sechs Mannschaften, die besser sind als Liverpool. Daran wird ein einzelner Transfer allein nichts ändern."
Viel verändert hat Klopp seit Beginn seiner Amtszeit. Dank klugen, bisweilen auch kostspieligen Transfers, hat er den Verein zurück an Europas Spitze geführt. Der 55-Jährige hat sich dadurch einen Denkmal-Status erarbeitet, selbst ein Verpassen der Champions League würde diesem nur ein paar kleine Kratzer verleihen. Dennoch: Die Krise nagt sichtlich an ihm, nach dem Debakel von Brighton sprach er gar von einem persönlichen Tiefpunkt.
Klopp denkt nicht ans Aufgeben
Hatte der Erfolgstrainer für das ständige Auf und Ab bislang immer eine nachvollziehbare Erklärung parat wie verletzungsbedingte Ausfälle, den Abgang von Sadio Mane, Formkrisen von Leistungsträgern wie Mohamed Salah oder die noch nicht abgeschlossene Integration von 80-Millionen-Stürmer Darwin Nunez, wirkte er am Samstag erstmals hilflos. "Ich kann mich an kein schlechteres Spiel erinnern. Wie soll man das erklären?"
Ans Aufgeben denkt er trotz der Ratlosigkeit aber nicht, stattdessen sprach er von "Fußballproblemen, die löst man mit Fußball. Besser zu spielen, als wir gegen Brighton gespielt haben, sollte nicht so schwer sein. Das ist der erste Schritt". Dieser muss zeitnah erfolgen, denn auch wenn Klopp nach Sky Infos weiterhin den vollen Rückhalt der Bosse genießt: bei weiteren Nicht-Leistungen wie in Brighton würde wohl auch sein Denkmalschutz in Gefahr geraten.
Hat Klopp die Energie für einen Neustart?
Keine Champions League, kein Klopp, kein Bellingham - dieser Domino-Effekt würde den Verein in seinen Grundfesten erschüttern. Dass Klopp selbst nicht vor unpopulären Maßnahmen zurückschreckt, hat er 2015 in Dortmund gezeigt, als er trotz eines gültigen Vertrags bis 2018 seinen überraschenden Rücktritt verkündete. Nach Sky Infos zieht er einen solch drastischen Schritt derzeit nicht in Erwägung, stattdessen will er selbst mit den Reds den Weg aus der Krise gehen.
Nach Ansicht von Hamann stellt sich dabei vor allem eine Frage: "Hat er noch einmal die Energie, eine neue Mannschaft aufzubauen unter den finanziellen Restriktionen, die der Verein im Vergleich zu anderen Topklubs hat?"
Klopp, der seinen Vertrag im Sommer erst bis 2026 verlängert hatte, gab sich zuletzt kämpferisch. "So weit es mich betrifft, werde ich nicht gehen, es sei denn, jemand sagt es mir." Das Ende einer Ära könnte immerhin auch der Anfang der Zukunft sein. Mit Klopp und Bellingham?
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