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Friedhelm Funkel im Interview zu Bayer, Seoane, Alonso, Bayern & S04

Funkel glaubt an Alonso: "Er hat eine unglaubliche Aura!"

Friedhelm Funkel traut Xabi Alonso die Wende mit Bayer Leverkusen zu.
Image: Friedhelm Funkel traut Xabi Alonso die Wende mit Bayer Leverkusen zu.  © Imago

Bundesliga-Urgestein Friedhelm Funkel hat im exklusiven Interview mit Skysport.de über das Leverkusen-Aus von Gerardo Seoane, die Chancen von Xabi Alonso, den Leistungsdruck für Bundesliga-Trainer im allgemeinen und speziell bei Bayern München gesprochen.

Skysport.de: Herr Funkel, Bayer Leverkusen hat am Mittwoch Gerardo Seoane entlassen. Denken Sie, dass war der richtige Schritt zum richtigen Zeitpunkt?

Friedhelm Funkel: Das weiß man erst dann, wenn man die nächsten Spiele gut übersteht. Aber die letzten Wochen haben gezeigt, dass die Mannschaft nicht mehr erfolgreich gespielt hat. Dann waren auch die Ziele, die man sich im Vorfeld gesteckt hat, sehr weit entfernt. Nach dem Erstrunden-Aus im Pokal und der derzeitigen Tabellensituation muss man als Trainer dann mit so einem Schritt rechnen. Daher ist er für Leverkusen auch nur logisch.

Skysport.de: Leverkusen-Geschäftsführer Fernando Carro hatte am Wochenende noch angedeutet, dass man Seoane zwei Spiele zur Beurteilung geben wolle. Nun war nach der ersten Pleite Schluss. Wie bewerten Sie die Aussagen?

Funkel: Ich habe es nicht so verstanden, dass er von zwei Spielen gesprochen hat. Ich habe es so verstanden, dass man sich erst die Leistung in Porto angucken will und dann weiter sieht. Daher ist es kein Widerspruch. Das wurde vielleicht falsch aufgefasst. Ich glaube auch, dass die Verantwortlichen mit dem Trainer ein sehr, sehr großes Vertrauensverhältnis gehabt haben. Intern wird man angesprochen haben, dass wenn gewisse Dinge eintreten, man getrennte Wege gehen wird. Man hat immer von einer gegenseitigen Wertschätzung gesprochen, an die ich zu 100 Prozent glaube. Ich kenne die Verantwortlichen und den Trainer. Ich bin mir sicher, er wusste, was passiert.

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Xabi Alonso leitet sein erstes Training in Leverkusen.

Skysport.de: Einige sehen Parallelen zwischen Seoane und Tedesco. In der letzten Saison hochgejubelt, Tedesco sogar inklusive erstem Titelgewinn der Leipzig-Historie. Bei beiden war nach der ersten großen Schwächephase Schluss. Handeln die Klubs da teilweise zu hastig?

Funkel: In Leipzig hat man in dieser Saison gemerkt, dass nach den ersten schlechten Spielen irgendetwas passiert sein muss. Der Verantwortliche für den Sport hat die Mannschaft schon nach dem zweiten oder dritten Spiel sehr scharf kritisiert. Das hat Tedesco gar nicht gefallen. Er hat das wiederum öffentlich kommentiert und irgendwann ist dann die Vertrauensbasis nicht mehr gegeben. Wenn du die Spiele dann weiterhin verlierst, teilweise hoch und deutlich, dann müssen die Verantwortlichen eine Entscheidung treffen. In Leipzig war mit Marco Rose schon jemand vor Ort der aus der Stadt kommt, Red Bull kennt und verfügbar war. Da lag diese Möglichkeit sehr nahe. Bei Seoane sprechen wir von einer länger anhaltenden Negativserie, mit dem Tiefpunkt in München, wo gar nichts auf dem Platz stimmte. Der Schritt war aus Sicht der Verantwortlichen nicht leicht, aber notwendig.

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Skysport.de: Wie sehen Sie dahingehend die gesamte Entwicklung? Es gibt Beispiele wie Freiburg oder Heidenheim, wo mit Konstanz stark gegen diesen Trend argumentiert wird. Trotz zwischenzeitlicher Tiefpunkte.

Funkel: Das ist der Schnelllebigkeit des Fußballs einfach geschuldet. Bei den von Ihnen genannten Beispielen herrscht noch eine ganz andere Welt. Auch eine ganz andere Medienwelt. Dort ist man in der Lage, die eigenen Möglichkeiten realistisch einzuschätzen. Dort ist kein allzu großer Erfolgsdruck, der sich alleine durch die umfassende Berichterstattung in den letzten Jahren - ich würde beinahe sagen - verzehnfacht hat. Dort kann man ruhiger arbeiten. Das ist nur noch an ganz wenigen Orten möglich. Das Anspruchsdenken ist in vielen Vereinen einfach zu groß. Die Klubs wollen und brauchen die Champions League, auch um ihren Kader bezahlen zu können. Sobald das in Gefahr gerät, wird man auch schneller nervös. Dann helfen nur Siege. Aber das wissen auch wir Trainer. Ich glaube, damit kann heutzutage auch jeder von uns umgehen.

Bei den Bayern muss man fast jedes Spiel gewinnen, sonst rumort es halt. Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, die Bayern in dieser Saison nochmal vier Spiele in Folge nicht gewinnen zu sehen.
Friedhelm Funkel über Bayerns Tief

Skysport.de: Lauter wurde es auch in München, als die Bayern vier Mal in Folge ohne Sieg blieben. Darf sich ein Bayern-Trainer eine zweite Phase wie diese noch erlauben?

Funkel: Man muss eine solche Schwächephase - und das haben die Bayern gemacht - inhaltlich betrachten. Es waren Spiele wie gegen Augsburg dabei, wo man hätte 7:0 gewinnen müssen. Das war ein Tag, an dem einfach keine Torchance seinen Weg ins Tor finden wollte. Das passiert ganz selten bei den Bayern. Auch bei der Menge an Spielern mit Chancen. Sane, Mane, Musiala, Müller, was haben die für Torchancen gehabt? Wenn Yann Sommer keinen guten Tag hat, hätten die Bayern auch gegen Gladbach 8:1 gewinnen müssen. Das ist alles in die Beurteilung hineingeflossen und so ist das auch richtig. Bei den Bayern muss man eben fast jedes Spiel gewinnen, sonst rumort es halt. Aber sie haben zuletzt wieder eindrucksvoll bewiesen, dass sie Tore schießen können und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, die Bayern in dieser Saison nochmal vier Spiele in Folge nicht gewinnen zu sehen. Dafür ist die Mannschaft einfach zu stark.

Skysport.de: In Leverkusen übernimmt nun mit Xabi Alonso ein großer Ex-Spieler. Als Trainer muss er sich seine Sporen noch verdienen. Konnten sie sich schon ein Bild von ihm machen?

Funkel: Ich kenne ihn nicht als Trainer. Aber es gibt ja einige großartige Spieler, die hinterher auch Karriere als Trainer machen. Zinedine Zidane beispielsweise hat dreimal hintereinander die Champions League gewonnen. Wenn man die Pressekonferenz heute gesehen hat, muss man einfach sagen: Er hat eine unglaubliche Aura! Sein souveränes Auftreten auf der Pressekonferenz wird er auch in der Kabine haben. Ich glaube, dass er die Mannschaft relativ schnell wieder in die Spur bekommt. So ein Wechsel ist bei so einer Top-Mannschaft manchmal einfach erforderlich. Wir können uns alle freuen, solch eine Persönlichkeit als Trainer in Deutschland zu haben.

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Alonso erklärt auf der Eröffnungs-PK, warum er erst jetzt ein Erstliga-Team coacht und er sich jetzt ''bereit'' dafür fühlt.

Skysport.de: Sie trauen Alonso einen schnellen Effekt auf die Mannschaft zu. In seinem ersten Spiel trifft Alonso auf den FC Schalke. Vorausgesetzt ein Sieg gelingt, stünde Frank Kramer mit Schalke bei nur einem Dreier nach neun Spielen. Könnte Schalke dann auch langsam nervös werden?

Funkel: Was ich bisher von Rouven Schröder und Peter Knäbel mitbekommen habe, sind da ganz realistische Ziele für diese Saison gesteckt worden. Sie wissen, dass in diesem Jahr ein Überlebenskampf ansteht. So haben sie sich bislang auch öffentlich geäußert nach den Niederlagen. Es waren teils unglückliche Spiele dabei, die Schalke hätte gewinnen können. Die Mannschaft hat Probleme damit, Tore zu schießen. Gegen Dortmund hat man es dann brutal defensiv versucht und spät den Treffer kassiert. Aber am Ende ist für uns als Trainer nun mal auch Gesetz, dass nur Punkte zählen. Die Verantwortlichen und der Trainer kennen sich allerdings und ich glaube, dass auch bei einer Niederlage gegen Leverkusen noch ein wenig Ruhe herrscht.

Das Interview führte Lars Pricken.

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