Trainer und Spieler, die sich aus Belgien und den Niederlanden auf den Weg in die benachbarte Bundesliga machen, haben eine lange Tradition. Doch in jüngster Vergangenheit wagen immer mehr deutsche Akteure den umgekehrten Weg. Sky Sport nennt die Gründe für diesen neuen Trend.
Ob Marc Wilmots, Huub Stevens oder Louis van Gaal - die Liste niederländischer Trainer, die ein Engagement in der Bundesliga antraten, ist schier endlos. In den letzten Jahren kamen mit Hoffenheims Ex-Trainer Alfred Schreuder und Bayer-Coach Peter Bosz zwei weitere Attraktionen hinzu.
Mittlerweile scheint auch der umgekehrte Weg an Attraktivität gewonnen zu haben. "Wadenbeißer" Heiko Westermann machte vor vier Jahren den Anfang und schloss sich Ajax Amsterdam an, aktuell stehen 23 deutsche Profis bei Klubs aus der niederländischen Eredivisie unter Vertrag - die meisten davon bei der VVV-Venlo (4) und bei Willem II Tilburg (3).
Deutsche Exklave in Eindhoven
Darunter auch Timo Baumgartl (Ex-VfB) und Lars Unnerstall (Ex-Schalke) vom Tabellenvierten PSV Eindhoven, die in der kommenden Spielzeit von Roger Schmidt trainiert werden. Der Ex-Leverkusener begründete seine Entscheidung für Eindhoven gegenüber Sky wie folgt: "PSV hat eine klare Spielphilosophie, mit der ich mich sehr gut identifizieren kann."
Die Art und Weise, wie in den Niederlanden Fußball gespielt wird, scheint der deutschen Trainergilde zu schmecken. Auch Frank Wormuth (Heracles Almelo) und Thomas Letsch (Vitesse Arnheim) finden Gefallen an der offensiven und mutigen Herangehensweise vieler Mannschaften.
Lange Liste an Ausbildungsvereinen
"In Holland wird nicht Fußball gekämpft, sondern gespielt. Die Teams wollen immer nach vorne spielen, kuriose Ergebnisse sind hier normal", sagte Wormuth, der ehemalige Chefausbilder des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) im "Steil"-Podcast dem SWR.
Kollege Letsch, der erst im Mai als neuer Vitesse-Trainer vorgestellt wurde, erwartet vor Ort "einen Spielstil, so wie ich ihn mir vorstelle". Das Hauptaugenmerk zahlreicher Klubs in den sogenannten Benelux-Staaten liegt auf der Weiterentwicklung junger Spieler. Der SC Freiburg gilt laut Wormuth als das deutsche Pendant dazu.
Abseits des Platzes wissen deutsche Trainer eine Tugend unserer Nachbarn besonders zu schätzen: die Ruhe und Gelassenheit. Im Gegensatz zum Haifischbecken Bundesliga werde "der Trainer nicht so schnell in Frage gestellt und beurlaubt wie in Deutschland. Hier werden speziell die deutschen Trainer mit Hochachtung und Respekt behandelt", so Wormuth.
Hannes Wolf in Belgien angekommen
Eine solche Wertschätzung und angemessene Erwartungshaltung hatte Hannes Wolf in der Bundesliga noch vermisst. Der ehemalige Coach des VfB Stuttgart und vom HSV arbeitet heute erfolgreich beim belgischen Top-Team KRC Genk und kann sich eine Spitze gegen seine beiden Ex-Klubs nicht verkneifen.
"Ich trainiere nun zum ersten Mal einen Verein, bei dem das, was sportlich erwartet wird, ungefähr mit dem übereinstimmt, was auch leistbar ist", sagte der gebürtige Bochumer in einem Interview mit Goal. Bei allem Understatement - die Klubs der belgischen Jupiler Pro League fristen schon lange kein Schattendasein mehr, wie Spielerberater Arthur Beck weiß.
"Die belgische Liga ist die am meisten von Scouts beobachtete Liga der Welt. Es ist nie langweilig bei den Spielen, es ist immer was los, immer passiert etwas", sagt der Bruder des ehemaligen VfB-Spielers Andreas Beck (heute KAS Eupen) gegenüber der Stuttgarter Zeitung. Diese gestiegene Attraktivität zeigt sich auch am Wechsel des ehemaligen RB-Nachwuchscoaches Alexander Blessin zur KV Oostende.
Und auch Niklas Dorsch bestätigt den aktuellen Trend: Der Mittelfeldmotor des überraschenden Relegations-Teilnehmers 1. FC Heidenheim entschied sich trotz lukrativer Angebote aus Deutschlands Profiligen für einen Wechsel zur KAA Gent. Ein deutliches Zeichen an den Fußball hierzulande - und mit Sicherheit nicht der letzte deutsche Export in unsere beiden Nachbarländer.