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Hamburger SV: Trainer Tim Walter im exklusiven Sky Interview

Der Mensch Tim Walter: Ein Interview über alles, außer Fußball

Hamburger SV: Tim Walter (Vertrag bis 30.06.2023)
Image: Tim Walter ist Trainer des Hamburger SV.  © DPA pa

Der Mensch Tim Walter – Sky Reporter Sven Töllner hat sich mit dem HSV-Trainer zum Interviewtermin am Elbstrand in Hamburg/Övelgönne getroffen. Ein Gespräch über Foxtrott, Familie und Facetime – aber NICHT über Fußball.

Natürlich haben sich ein paar Stereotype verfestigt - wie jeder Mensch, der seinem Beruf unter dem Brennglas der Öffentlichkeit nachgeht, wird auch Tim Walter von ein paar hartnäckigen Klischees begleitet. Höchstwahrscheinlich lassen sich nicht alle entkräften. Aber ganz sicher ist Tim Walter mehr als der Typ, der mit weit aufgerissenen Augen an der Seitenlinie entlangtigert, seine Spieler pusht oder sich auch mal etwas lauter beim Schiedsrichter erkundigt.

Sky Sport: Tim, ich lege eine Regel für dieses Interview fest: Wir sprechen über alles außer Fußball. Schaffen Sie das überhaupt?

Tim Walter: Ja, wenn ich jetzt an so einem Ort bin, dann gelingt mir das vermutlich. Oder wenn ich mit meiner Frau und meinen Kindern telefoniere - dann spielt der Fußball kurzfristig auch mal keine Rolle.

Sky Sport: Ich glaube, ich trete Ihnen nicht zu nahe, wenn ich Ihnen eine gewisse Affinität zum Wasser, zum Strand unterstelle - auch ein bisschen zum rauen Nordwind. Wo kommt das her? Als gebürtiger Badener kann Ihnen das eigentlich nicht in die Wiege gelegt worden sein.

Walter: Ich kannte das gar nicht. Vor meiner Zeit in Kiel war das für mich völlig ungewohnt. In meiner Heimat hat man es ja eher mit Bergen und Seen zu tun. Ich habe das in Kiel kennen- und lieben gelernt. Ich fühle mich total wohl am Wasser. Es gibt mir eine angenehme Ruhe und ich kann richtig entspannen und abschalten.

Sky Sport: Was genießen Sie genau - das Rauschen des Meeres? Die Bewegung der Wellen?

Mehr Fußball

Walter: Alles. Auch den Sand und den Blick in die Ferne. Ich genieße die Ruhe und die Stille. Im Beruf bin ich ja sichtbar emotional, nach außen gekehrt - privat brauche ich dann auch stille Momente.

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Sky Sport: Als Ausgleich - zum Gegensteuern?

Walter: Auf jeden Fall. Aber nicht nur am Strand - auch wenn ich in meiner freien Zeit mal einen Tag zu Hause bei meiner Familie bin. Dann brauche ich einfach einen Gegenpol zu meinem Job. Das musste ich allerdings mit der Zeit lernen - in diesen Situationen auch bewusst abschalten zu können. Das geht am besten am Wasser und in der freien Natur mit meiner Familie.

In der Disko nehme ich den Rhythmus auf und bewege mich dazu. Aber ich bin kein Typ für Standard - Foxtrott oder ähnliche Tänze.
Tim Walter über seine Tänzer-Qualitäten

Sky Sport: Durch Ihren Wechsel nach Kiel ist also ein zentraler Baustein dazu gekommen, der Ihre Lebensqualität gesteigert hat?

Walter: Absolut. Wie gesagt: Ich kannte das nicht, hab mir dann aber auch bewusst die Zeit genommen. Wir haben in Eckernförde gewohnt, waren oft am Strand und es war sofort klar: Meiner Frau gefällt's, den Kindern gefällt's - und dann versuchst du, die Zeit so auszunutzen, dass jeder seinen Spaß daraus ziehen kann. Wenn der Hund ins Wasser jagt, die Kinder durch die Wellen springen - dann geht's allen gut. Dazu einen schönen Espresso und ein Besuch im Fischrestaurant - das ist die perfekte Ablenkung vom stressigen Alltag.

Sky Sport: Kommen Sie am oder im Wasser auch auf gute Ideen, die Sie in der Hektik des Alltags nicht zu fassen kriegen?

Walter: Ja, wenn ich allein bin. Da lasse ich die Gedanken schweifen und denke dann aber auch mal an die Aufgaben des Alltags. In dieser ruhigen Atmosphäre kann dann auch mal eine Idee reifen, die im Beruf helfen kann.

Sky Sport: Das Rauschen des Wassers, der pfeifende Wind - offenbar eine hilfreiche Geräuschkulisse in Ihrem Leben. Welche Rolle spielt Musik für Sie?

Walter: Musik berührt mich sehr - auf unterschiedliche Arten. Bei einem guten Rhythmus komme ich in Wallung - und dann geht's los. Das spüre ich im Körper und dann muss ich auch mitsingen. Egal bei welcher Musik - wenn der Rhythmus passt, werden Emotionen spürbar und daran habe ich Freude und Spaß - ein weiterer Weg, um Druck oder Sorgen mal ein bisschen zu vergessen.

Sky Sport: Singen Sie im Auto - oder unter der Dusche?

Walter: Ja, klar - immer wenn Musik angeht. Auch in der Kabine - ob ich den Text kann, ist mir dann egal. Das macht mir Freude, und das versuche ich zum Beispiel auch auf meine Kinder zu übertragen. Meine Große singt unheimlich gern, die Mittlere hat auch Spaß daran, und der Kleine fängt dann an mitzupfeifen. Musik bereichert das Leben.

Sky Sport: Sind Sie ein guter Tänzer?

Walter: Nein, das will ich jetzt nicht sagen. In der Disko nehme ich den Rhythmus auf und bewege mich dazu. Aber ich bin kein Typ für Standard - Foxtrott oder ähnliche Tänze. Da bin ich weit weg davon. Das läuft eher im Freestyle - das schätze ich ja auch beim Fußball. Es muss immer Raum zum Improvisieren geben.

Sky Sport: Es gibt ein Video, das Sie tanzend am Trainingsplatz mit den Jungs von "Abschlach" (Hamburger Rock-Band) zeigt - da hatte ich den Eindruck, Sie würden gleich mit Headbanging loslegen wollen.

Walter (lacht): Nein, das täuscht offenbar. Metal ist nicht so meins. Für mich sind schöne Melodien und schöner Gesang wichtig - egal aus welchem Bereich. Das kann deutsche Musik sein, gern auch aus dem bayerischen oder österreichischen Raum. Ich liebe auch brasilianische und spanische Musik, wo man einfach mit Lust mitwippt - da geht mein Herz auf.

Sky Sport: Das coolste Konzert, auf dem Sie jemals waren?

Walter: Das letzte ist leider schon eine Weile her. Die "Sportfreunde Stiller" sind toll auf der Bühne - das gilt genauso für "Revolverheld". Auch Janet Jackson war fantastisch. Ich war schon bei einigen super Konzerten - schwer zu sagen, welches das beste war.

Sky Sport: Man sagt, Sie hätten in der Kabine Ihren Einfluss geltend gemacht und die Musikauswahl erweitert - um HSV-Lieder. Gab es darüber Diskussionen?

Walter: Nein, diskutieren musste ich das nicht. Jeder Verein hat seine Hymnen. Die sind den Jungs bekannt, aber die muss man dann auch für sich nutzen und sich damit auseinandersetzen. Das gehört dazu - und deshalb will ich die auch in der Kabine hören. Wir haben aber eine bunte Mischung. 'Gyambo' (Gyamerah) schmeißt seine R'n'B-Musik an oder 'Baka' (Jatta) dreht den Reggae auf - so stimmen sich dann alle gemeinsam auf das Training oder das Spiel ein.

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Sky Sport: Sie gelten nicht nur als musikalisch, sondern auch als sehr geselliger Typ mit einem Faible für Karten- und Würfelspiele. Haben Sie in Hamburg schon Mitstreiter gefunden?

Walter: Ja. Wir haben neulich erst so eine Runde bei uns im Stadion gehabt. Da wurden mit dem Staff in entspanntem Rahmen wichtige Dinge besprochen, die erledigt werden müssen. Dann gab's was zu Essen und danach haben wir ein paar Runden gespielt. Natürlich ist auch die Playstation dabei, aber eben auch Kartenspiele und Kniffel. Das Beste dabei ist: Man kann sich unterhalten, weil keiner das Handy am Start hat. Da gibt's ein Getränk dazu, alle tauen auf, manche entwickeln bemerkenswerten Ehrgeiz. In solch geselligen Runden kommt man dann auch mal weg vom Fußball und hin zu privaten Themen - wie gesagt: einfach ein angenehmer Austausch über das Leben - ohne Handy!

Sky Sport: Lässt es Rückschlüsse auf den Charakter zu, wie Leute sich beim Spielen verhalten?

Walter (schmunzelt): Mit Sicherheit. Bei mir ist es jedenfalls so: Ob ich mit den Jungs spiele oder mit meinen Freunden oder mit meinen Kindern - ich will gewinnen. Mittlerweile schaffe ich es allerdings besser, zu akzeptieren, dass Verlieren eben auch mal dazugehört. Der Gedanke, gemeinsam Spaß zu haben, steht inzwischen im Vordergrund. Allerdings nicht beim Fußball - da sind Niederlagen einfach wahnsinnig unangenehm für mich. Das wird wohl auch immer so bleiben.

Lachen ist für mich ein absolutes Grundbedürfnis.
Tim Walter

Sky Sport: Bescheißen Sie manchmal?

Walter: Niemals. Das versuche ich auch meinen Kindern beizubringen. Wenn sie gewinnen wollen, müssen sie sich das mit ehrlicher Arbeit verdienen. Deswegen ist es mir sogar überaus wichtig, dass sie nicht schummeln. Es sei denn, sie tun es so, dass das erkennbar als Scherz gemeint ist. Mit arglistigem oder hinterlistigem Verhalten kann ich überhaupt nichts anfangen. In solchen Spielen lernt man auch fürs Leben - Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit sind wichtige Werte für mich.

Sky Sport: Ihre Familie ist nicht in Hamburg. Wie stellen Sie sicher, dass die Distanz nicht quälend wird?

Walter: Das erste, was ich morgens nach dem Aufstehen mache, ist Facetime mit der Familie. Wenn die Kinder mittags von der Schule kommen und ich Zeit habe, machen wir das gleiche nochmal. Manchmal klappt das nur kurz, aber es ist uns wichtig, dass wir ein paar Rituale haben - abends vorm Schlafengehen natürlich auch. Es hilft uns - und vor allem mir - die Familie an der Seite zu haben, obwohl ich nicht zu Hause bin. Dafür ist das Handy oder der Laptop dann natürlich wieder ganz gut. Ansonsten würden die vier mir so fehlen, dass es schon eine Qual werden würde. So ist es für uns alle besser zu ertragen - wenn ich mal zu Hause bin und dann wieder losmuss, ist es schon immer sehr traurig.

Sky Sport: Ist es eine Option, Ihre Familie nach Hamburg zu holen?

Walter: Meine Frau und ich haben uns irgendwann dazu entschlossen, dass wir den Weg so gehen: Unsere Basis ist da, wo die Kinder zur Schule gehen. Meine zwei Mädels gehen ins Gymnasium, der Kleine ist noch auf der Grundschule - sie sollen einen festen Platz haben. Sie haben ihre Freunde dort, machen alle extrem viel Sport - die Mädels spielen Hockey, der Kleine ist beim Fußball. Da reißen wir sie nicht raus.

Sky Sport: Hilft es einem Profi-Klub, wenn im Verein eine familiäre Atmosphäre herrscht?

Walter: Ja, mir ist das ganz wichtig. Zwischenmenschliche Beziehungen stellen eine Gemeinschaft her, die die Basis für Erfolg ist. Als ich Spieler war, ging es nicht um das große Geld, sondern darum Spaß zu haben - auch nach dem Spiel. Aber auch im Profi-Fußball ist es ein wichtiger Aspekt, eine Gruppe so zu entwickeln, dass die Spieler dann auch auf dem Platz mehr füreinander machen wollen. Bei uns klappt das immer besser. Die Jungs haben Spaß im Training, helfen sich gegenseitig, sind aber gleichzeitig superehrgeizig. Wir sind ja erst ein halbes Jahr zusammen.

Sky Sport: Spaß ist ein gutes Stichwort. Wie siehts mit Ihrem Humor aus - lachen Sie jeden Tag?

Walter: Definitiv! Lachen ist für mich ein absolutes Grundbedürfnis.

Sky Sport: Worüber? Was sind Ihrer Ansicht nach die großen Humoristen?

Walter: Otto Waalkes oder Jerry Lewis zum Beispiel - mit denen bin ich aufgewachsen. Adam Sandler finde ich auch unglaublich lustig. Wenn ich den Fernseher einschalte, sind es meist Komödien oder Comedy-Serien - gerne mit Charlie Sheen. Das muss dann wirklich nicht immer tiefgründig sein. Hauptsache man kann lachen - gerne auch miteinander, aber bitte nicht übereinander. Mit den ganzen Pannenshows habe ich nichts am Hut - da geht es nur um Schadenfreude.

Der Film zum Interview läuft am Sonntag ab 13 Uhr im Vorlauf der 2. Liga-Übertragung auf Sky Sport Bundesliga 1 und mit Sky Ticket im Stream.

Das Interview führte Sven Töllner.

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