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Kolumne: Lothar Matthäus über BVB, Favre-Aus, Rose und Nagelsmann

Matthäus: Diese drei Trainer bringen alles für den BVB mit

Die Kolumne von Lothar Matthäus erscheint wöchentlich auf skysport.de.
Image: Die Kolumne von Lothar Matthäus erscheint wöchentlich auf skysport.de.  © Sky

Sky Experte Lothar Matthäus analysiert jede Woche exklusiv in seiner Kolumne "So sehe ich das" aktuelle Themen der Fußballwelt. Dieses Mal spricht der Rekord-Nationalspieler über das Aus von Lucien Favre beim BVB und die passenden Trainer-Kandidaten für den Sommer 2021.

In den letzten eineinhalb Jahren gab es bei Borussia Dortmund viele Diskussionen und viele Enttäuschungen. Man hatte Vorsprung gegenüber Bayern - und ist doch nicht Meister geworden. Letzte Saison das Aus in der Champions League in Paris und das Pokal-Aus gegen Bremen, jetzt drei Niederlagen in Serie in der Bundesliga. Dortmund hatte häufig die Chance, mehr zu erreichen, als am Ende tatsächlich dabei herausgekommen ist. Das geht an die Psyche und das ist zum Problem geworden.

Es wäre zu einfach zu sagen, dass Lucien Favre die Spiele bei Lazio Rom, gegen Köln und gegen Stuttgart verloren hat. Wir wissen, dass der Trainer verantwortlich ist, aber einige Spieler machen es sich zu einfach. Ich war überrascht über die Aussagen von Marco Reus ("Wir sind eine Mannschaft, die nicht gut verteidigen kann") oder Mats Hummels, der das Aufbauspiel kritisiert hat. Daran sieht man auch, dass es zwischen Favre und der Mannschaft nicht mehr gestimmt hat.

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BVB-Kapitän Marco Reus nach der Niederlage gegen Stuttgart. (Videolänge: 26 Sekunden)

Favre-Aus war keine Überraschung

Natürlich würde ein Spieler nie sagen "Mit dem Trainer passt es nicht." Aber im Hinterkopf haben einige vielleicht eine andere Meinung gehabt. Wer greift schon den Trainer an, wenn er noch da ist?

Marco Reus hat ein paar Mal auf der Bank gesessen, Youssoufa Moukoko ist in Frankfurt vor ihm eingewechselt worden. Daran sieht man, dass Favre vielleicht nicht mehr das Vertrauen zu dem Spieler gehabt hat, dem er jahrelang den Rücken gestärkt hat, auch in schwierigen Phasen. Aber die Spieler denken dann auch mal an sich und lassen etwas gegen den Trainer los.

Favres Aus kam nicht überraschend. Dortmund hatte schon vor der Saison einen Plan B. Man hat nicht mit Favre verlängert und ist mit dem Wissen in die Saison gegangen, dass er danach weg sein wird. Dortmund hat sich schon vor der Saison verzockt. Sie haben gedacht, es geht noch eine Saison mit Favre und holen dann einen Trainer, der emotionaler ist und besser nach Dortmund passt.

Alle Kolumnen von Matthäus im Überblick
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Rekordnationalspieler und Sky Experte Lothar Matthäus analysiert jede Woche exklusiv in seiner Kolumne "So sehe ich das" aktuelle Themen der Fußballwelt auf skysport.de

Sie wollten diese Saison noch mit Favre durchspielen, weil er zum einen noch einen Vertrag hatte und zweitens, weil der Trainer, den man intensiv im Auge hat, zurzeit noch bei einem anderen Verein beschäftigt ist. Der BVB hat respektiert, dass bei diesem Trainer die Tür noch zu war. Nach der Saison ist diese Tür vielleicht einen Spalt offen, oder vielleicht sogar - aufgrund gewisser Vertragsgestaltungen - ganz auf.

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Ich will nicht sagen, dass Dortmund einen Trainer sucht, der so wie Jürgen Klopp ist. Aber einen, der ihm ein bisschen ähnlich ist. Einer, der Begeisterung zeigt und die Spieler auch emotional packen kann. Ich glaube, dass sie diesen Trainer auch schon gefunden haben. Nur können sie ihn erst nach der Saison holen.

Rose, Nagelsmann und Marsch passen zum BVB

Marco Rose, Julian Nagelsmann und auch Jesse Marsch verkörpern all das, was Dortmund fehlt: Emotion, Ansprache, Begeisterung, Mitfiebern. Das alles waren nicht Favres Stärken, er hatte andere. Rose, Nagelsmann und Marsch sind alle Trainer, die in ihren Vereinen tolle Arbeit abliefern, die attraktiven und erfolgreichen Fußball spielen lassen.

Im Großen und Ganzen passen alle drei zum BVB, ihre Red-Bull-Vergangenheit sehe ich nicht als Hindernis. Wenn ich ins Detail gehe, ist Marsch der Emotionalste, hat aber im Gegensatz zu Nagelsmann und Rose noch keine Bundesliga-Erfahrung. Marsch spricht zwar sehr gutes Deutsch, aber die anderen beiden haben als Muttersprachler ihm gegenüber noch einen Vorteil.

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Ist Marco Rose ab Sommer 2021 Trainer von Borussia Dortmund? Sky Transfer Experte Max Bielefeld schätzt das ein. (Videolänge: 1.14 Minuten)

Wenn ich nach den Erfolgen und ihrer Karriere gehe, sind Nagelsmann und Rose einen Schritt weiter als Marsch. Nagelsmann hat Hoffenheim und Leipzig trainiert. Wenn er innerhalb Deutschlands wechseln sollte, müsste der nächste Schritt für ihn eigentlich Bayern München sein. Ich glaube aber, wenn er Leipzig irgendwann verlässt, sein Glück im Ausland suchen wird.

Marco Rose war Co-Trainer in Leipzig, Gladbach ist seine erste Station in Deutschland als Cheftrainer. Dortmund könnte für ihn der nächste Schritt sein. Alle drei passen nach Dortmund, aber gefühlsmäßig würde ich Rose favorisieren. Man muss sich auch die Interessen der Trainer anschauen: Was wollen Nagelsmann und Rose noch in Deutschland erreichen?

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Terzic muss Spieler bei der Ehre packen

Eigentlich passen beide zu den Vereinen, bei denen sie jetzt sind, das muss man ganz klar sagen. Zwischen ihren Klubs und Dortmund ist auch kein großer Qualitätsunterschied mehr festzustellen ist. Man muss den Hut ziehen vor Leipzig und Gladbach, wie sie mit jungen Spielern die Bundesliga und Europa aufmischen. Aber wenn Dortmund als etwas größere Hausnummer kommt, wo man auf dem Transfermarkt vielleicht den einen oder anderen Spieler mehr bekommt, könnte das den Ausschlag geben.

In Dortmund wäre auf jeden Fall der Druck größer. Aber will man den Druck? Braucht man den Druck? Ich weiß nicht, was die Trainer denken. Einerseits müssten Rose und Nagelsmann froh sein, bei so tollen Vereinen zu arbeiten. Andererseits kann die Herausforderung, den zweitgrößten Klub in Deutschland zu trainieren, den Unterschied ausmachen.

Der Kader passt, die Qualität ist vorhanden, man muss die Mannschaft jetzt richtig zusammenstellen und die Spieler wieder bei der Ehre packen. Das ist die Aufgabe von Interimstrainer Edin Terzic.

Ich habe mich vor ein paar Wochen mit Matthias Sammer unterhalten. Er hat für sich andere Prioritäten gesetzt. Matthias war ja auch ein bisschen weg vom Fußball, weil ihm der Druck und der Stress zu groß waren. Das verstehe ich komplett, die Gesundheit ist das Wichtigste. Ich glaube, dass Matthias gerne Fußball schaut, analysiert und bereit ist, in irgendeiner Position Verantwortung zu übernehmen. Aber ich glaube nicht, dass er sich diesen Druck noch einmal antut, tagtäglich auf dem Trainingsplatz zu stehen.

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Neu-BVB-Trainer Edin Terzic spricht über seine Verbundenheit zum Verein und seine fußballerische Idee: ''Ich bin dafür, ein Tor mehr zu schießen anstatt ein Tor weniger zu bekommen'' (Videolänge: 46 Sekunden).

Rangnick kann ich mir in Dortmund nicht vorstellen

Ralf Rangnick kann ich mir in Dortmund nicht vorstellen. Als Übergangslösung sowieso ganz sicher nicht. Das hat gar nichts mit seiner Vergangenheit zu tun. Ich glaube eben, dass die Dortmunder Überlegungen in eine andere Richtung schon ziemlich weit sind.

In dieser Saison gehört die Borussia für mich nicht mehr zum engeren Favoritenkreis. Vor allem, weil gleich drei Mannschaften schon etwas davongezogen sind. Sollte Dortmund in Bremen verlieren und Leverkusen, Bayern und Leipzig gewinnen, wären sie komplett raus aus dem Titelrennen. Dann müsste das Ziel des BVB sein, wie damals unter Peter Stöger, wieder die Champions League zu erreichen.

Die Teams an der Spitze stehen zurecht dort, weil sie über Wochen konstant gut gespielt haben. Die Leverkusener haben ihr Defensivverhalten verbessert, was in den letzten Jahren nicht ihre Stärke war. Wolfsburg hat vielleicht nicht die großen Namen in der Mannschaft, aber sie haben von hinten nach vorne eine gute Achse, spielen diszipliniert und nicht unattraktiv. Im Gegensatz zu den Teams, die ihre "Hausaufgaben" in der Champions League und in der Europa League machen müssen, können sie sich Woche für Woche auf die Bundesliga konzentrieren. Wenn sie so weiterspielen, können die Wolfsburger am Ende vielleicht sogar einem Großen einen Champions-League-Platz wegnehmen.

Schalke kann auf der Leistung aufbauen

Schalke hat am Sonntag endlich mal nach langer Zeit eine gute Leistung gezeigt, auf der sie aufbauen können. Sie haben zwar vom Augsburger Platzverweis profitiert, aber sie haben den Schock durch die Verletzung von Mark Uth gut überwunden. Dass sie unter diesen schwierigen Bedingungen weitergespielt haben, war ein wichtiges und aus meiner Sicht richtiges Zeichen. Dass sie nach dem 0:1 zurückgekommen sind, zeigt, dass die Mannschaft zumindest atmosphärisch intakt ist.

Außerdem haben sie zum ersten Mal in dieser Saison zwei Tore aus dem Spiel heraus geschossen. Auch darauf lässt sich aufbauen. Umso unglücklicher war es, in der Nachspielzeit gegen zehn Mann noch den Ausgleich zu kassieren.

In der vergangenen Saison war Schalke nach der Hinrunde auf einem Champions-League-Platz, in der Rückrunde wären sie beinahe abgestiegen. Das zeigt, wie verrückt die Bundesliga sein kann. Schalke ist 27 Spiele ohne Sieg, aber irgendwann wird die Serie enden. Die nächsten Aufgaben sind machbar. Ich kann mir vorstellen, dass Schalke in den nächsten Spielen Punkte holt, um an den Nichtabstiegsplätzen dranzubleiben. Aber dafür müssen jetzt mal Dreier her, und gegen Freiburg können sie damit anfangen. Sollte das gelingen, wäre der Sportclub mit elf Punkten auf Schlagdistanz.

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