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St. Pauli News: Ebbers über Derby gegen den HSV und Simon Terodde

Ebbers im Interview: HSV hat mit Terodde den Aufstieg verpflichtet

Marius Ebbers spielte von 2008 bis 2013 für den FC St. Pauli.
Image: Marius Ebbers spielte von 2008 bis 2013 für den FC St. Pauli.  © Imago

Marius Ebbers ist insgesamt fünf Jahre für den FC St. Pauli auf Torejagd gegangen. Der ehemalige Stürmer hat zwischen 2008 und 2013 auch zwei Derbys gegen den HSV bestritten. Im Interview mit skysport.de spricht der 42-Jährige über seine Derby-Erinnerungen, äußert er sich über Simon Terodde und gibt einen Einblick in seine noch junge Trainer-Karriere.

Skysport.de: Das Hamburg-Derby steht an - bei den letzten Derbys in der Bundesliga waren Sie noch dabei. Haben Sie sich selbst diese Spiele immer schon im Kalender markiert, sobald der Termin feststand?

Marius Ebbers: Gute Frage. Da geht jeder unterschiedlich mit um. Wenn der Spielplan rauskommt, schaut man natürlich, wann das Spiel ist, aber ich habe das recht schnell ad acta gelegt. Bei mir war es wirklich bis ein oder zwei Wochen vor dem Spiel gar nicht so präsent. Dann ging es aber schon los, auch weil es in der Presse mehr thematisiert wurde.

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Skysport.de: Das Derby an sich war dann aber schon immer etwas Besonderes, oder?

Ebbers: Ja, natürlich. Gerade das Hamburg-Derby hat eine besondere Brisanz, weil es zwei Vereine aus einer Stadt sind, die auch vom Auftreten sehr unterschiedlich sind. Ich war damals ja dabei, als wir in der Bundesliga beim HSV 1:0 gewonnen haben. Das war schon ein besonderes Highlight.

Skysport.de: St. Pauli hat auch in der vergangenen Saison im Volkspark gewonnen - sogar beide Duelle für sich entschieden. Ist das ein Vorteil für das Spiel am Freitag?

Ebbers: Nein, ich denke, dass dieses Jahr die Karten komplett neu gemischt sind. Beide Vereine haben einen neuen Trainer, beide Klubs relativ neues, frisches Personal. Daher glaube ich, dass die beiden Derbys aus dem letzten Jahr dieses Jahr (das Hamburg-Derby ab 18:00 Uhr live und exklusiv auf Sky Sport Bundesliga 2) keine Rolle mehr spielen werden.

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Skysport.de: Besonders ist an diesem Derby, dass es leider ohne Zuschauer stattfinden muss. Für wen könnte das ein Vorteil sein?

Ebbers: Grundsätzlich ist es natürlich für beide Mannschaften schade, dass keine Zuschauer dabei sind, denn das macht ein solches Derby ja auch aus: Die Stimmung, die vor dem Spiel, drumherum und im Stadion herrscht. Auch die beiden Fanlager mit ihren Choreografien. Leider ist es nun nicht so ein Derby, wie es sein sollte. Dass keine Zuschauer im Volkspark sind, könnte eher ein Vorteil für St. Pauli sein, denn wenn dort vierzig oder fünfundvierzig Tausend Fans sind, ist da nochmal eine Wucht dahinter.

Skysport.de: Worauf wird es für St. Pauli in dem Spiel ankommen, wenn man wieder gewinnen will?

Ebbers: Die schwerste Aufgabe für St. Pauli wird es sein, Simon Terodde aus dem Spiel zu nehmen. Wobei man den auch 90 Minuten aus dem Spiel nehmen kann und der macht zwei Dinger. Wenn sie das aber irgendwie schaffen, hätten sie einen großen Part geschafft. Sonst ist in einem Derby natürlich Leidenschaft gefragt - ich hoffe einfach, dass die auch auf dem Platz zu finden sein wird.

Skysport.de: Sie sprechen Simon Terodde an und kennen ihn ja auch ein wenig. Was sagen Sie zu ihm?

Ebbers: Ja, wir sind zwar nicht täglich im Austausch, aber hatten schon die ein oder andere lustige Stunde auf dem Oktoberfest verbracht. Tja, und was soll man zu dem Jungen sagen? Es ist absolut Wahnsinn, was er leistet. Ich bin ja aktuell Trainer bei Victoria Hamburg in der Oberliga und da gibt es ja auch einige HSV-Freunde. Den Jungs hab ich gesagt: ‚Ihr könnt beruhigt sein. Ihr habt den Aufstieg transferiert mit Simon Terodde.' Um aufzusteigen, brauchst du einfach jemanden, der dir in der Saison 20 Tore macht und Simon hat das in den letzten Jahren regelmäßig bewiesen, dass er knipsen kann. Für mich war diese Verpflichtung der wichtigste Baustein, damit der HSV bald wieder in der Bundesliga spielt.

Skysport.de: Was zeichnet ihn besonders aus?

Ebbers: Er hat einfach das, was man nicht trainieren kann. Er hat einfach ein Näschen. Ich habe mir tatsächlich vorgestern die Zusammenfassung des Spiels des HSV gegen Würzburg angesehen. Beim zweiten Tor, als der Ball so ein wenig abgefälscht wird und er schießt ihn aus der Drehung rein - wenn man ihn die drei, vier oder fünf Sekunden vorher beobachtet, wie er da so wie ein kleines Rehkitz hüpft, unter Spannung ist und weiß ‚okay, sei bereit, der Ball kann gleich zu dir kommen'. Das ist genau das, was ihn auszeichnet: Er weiß, dass er im Strafraum wach sein muss und weiß oft einfach, wo der Ball hinkommt. Und das ist wirklich etwas, das man nicht trainieren kann - das hast du entweder oder eben nicht.

Skysport.de: Terodde ist ja mittlerweile der erfolgreichste Torjäger der Geschichte der 2. Bundesliga, sie liegen in diesem Ranking auf Rang fünf. Dennoch hat es bei beiden eine Etage höher nicht so wie gewünscht geklappt. Haben Sie dafür eine Erklärung?

Ebbers: Um mich selbst in Schutz zu nehmen, könnte ich natürlich sagen, dass wir immer auf- und dann auch gleich wieder abgestiegen sind und in einer Mannschaft, in der es gegen den Abstieg geht, ist es schwieriger, zu knipsen. Aber es gibt natürlich genügend Beispiele von Stürmern von Teams aus dem unteren Drittel, die gut treffen. Deshalb gilt das Argument nicht so richtig. Vielleicht hat manchmal die Qualität nicht ganz gepasst oder es hat das Quäntchen Glück gefehlt, um mal so einen Lauf zu kriegen. Für Simon kann ich es jetzt nicht genau einschätzen, aber er hat ja ähnliche Statistiken - etwas Bessere als sich sicherlich, aber es ist auch so, dass er in der 2. Bundesliga immer seine 20 Tore gemacht hat und dann eine Liga höher nicht diese Quote hat. Aber man muss schon ganz klar sagen: Es ist nochmal ein riesiger Qualitätssprung von der 2. Bundesliga zur Bundesliga. Das nimmt man als Außenstehender vielleicht nicht so wahr, aber das ist wirklich nochmal ein gewaltiger Unterschied und wesentlich schwerer für einen Stürmer oben zu knipsen.

Skysport.de: Kommen wir zurück zum Derby: Wie schätzen Sie die beiden Trainer ein?

Ebbers: Mit Schulle (St.-Pauli-Trainer Timo Schultz, Anm. d. Red.) habe ich ja noch zusammengespielt. Das ist als Trainer ein Mega-Typ. Sehr sehr ehrgeizig, aber hat trotzdem nen guten Draht zu den Jungs, weil er nach seiner aktiven Spielerlaufbahn noch relativ nah dran ist. Ich glaube, da hat St. Pauli den richtigen Schritt gemacht. Man muss ihm und seinem jungen Trainerteam und auch der Mannschaft natürlich die Zeit geben, aber hier bin ich sicher, dass die Entscheidung in den kommenden Jahren auch Früchte tragen wird. Daniel Thioune kenne ich nicht - wir haben glaube ich mal gegeneinander gespielt, aber mein Eindruck ist, dass er vom Trainertyp ähnlich wie Schulle ist. Einfach ein guter Typ, der einen guten Draht zur Mannschaft hat und wahrscheinlich auch ein akribischer Arbeiter. Ich glaube, beide Teams haben den Grundstein für eine solide, gute Zukunft gelegt. Ich wünsche es auf jeden Fall beiden.

Skysport.de: Beim HSV haben Sie sich ja oben festgelegt, dass der Aufstieg klappt. Wie sehen Sie die Lage bei St. Pauli?

Ebbers: Es war ein recht großer Umbruch und ich wünsche mir, denke aber, dass das auch völlig realistisch ist, dass St. Pauli eine solide und ruhige Saison spielen wird. Es wäre gut, wenn man nicht, wie in den letzten Jahren immer nach unten schauen muss. Ein gesicherter Mittelfeldplatz ist absolut drin. Darauf sollte man aufbauen und die Mannschaft in den kommenden Jahren entwickeln und dann kann man schauen, was dann noch so möglich ist.

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Skysport.de: Kommen wir abschließend kurz zu Ihnen. Sie trainieren Victoria Hamburg in der Oberliga, wo ja auch Stefan Effenberg seine ersten Schritte machte. Gibt es da Kontakt?

Ebbers: Nein, wir kennen uns nicht und es gab auch keinen Kontakt. Auf der Anlage habe ich ihn auch noch nicht gesehen und wünsche es mir auch nicht, dass er auftaucht, denn dann würde die ganze Gerüchteküche nur wieder hochkochen und ich will ja hier noch Trainer bleiben, sonst müsste ich mir Sorgen machen.

Skysport.de: Als was für einen Trainer würden Sie sich selbst beschreiben? Haben Sie sich bei früheren Trainern was abgeschaut?

Ebbers: Ich hatte relativ viele Trainer und auch sehr viele gute Trainer, aber natürlich waren auch welche dabei, wo ich mir nicht viel abgucken würde. Ich versuche einfach der zu sein, der ich bin. Ich bin sehr kommunikativ und jemand, der sehr großen Wert auf die Mannschaft, das Team legt. Einfach, dass eine gute Stimmung herrscht. Alle müssen an einem Strang ziehen. Natürlich versuche ich den Jungs auch im fußballerischen Bereich etwas beizubringen, aber der Zusammenhalt ist einfach das, was Mannschaftssport ausmacht. Ich habe mal gesagt, dass das, was ich nach dem Karriereende am meisten vermissen werde, ist dieses ganze Labern in der Kabine, den Unsinn machen und die Feiern nach besonderen Siegen. Natürlich habe ich gerne Fußball gespielt, aber das hat alles getoppt und das will ich weitergeben.

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Skysport.de: Martin Harnik spielt ja mittlerweile bei Dassendorf in der gleichen Liga wie Victoria und sorgte zuletzt mit einem Interview für Schlagzeilen, als er mit dem Profisport abrechnete. Bei ihnen klingt das deutlich positiver. Wie sehen Sie das Ganze?

Ebbers: Jeder Spieler macht natürlich seine eigenen Erfahrungen und empfindet das auch anders. Natürlich hat man den täglichen Druck, abliefern zu müssen und logischerweise gab es auch beschissene Zeiten. In Köln damals im Müngersdorfer Stadion war ich auch am Marathontor, als die Fans uns nicht rausgelassen haben. Das habe ich natürlich mitgekriegt und das waren natürlich auch Scheiß-Situationen. Aber letztlich habe ich das gemacht, was ich seit meinem fünften Lebensjahr gemacht und auch geliebt habe, nämlich Fußball gespielt. Alles, was negativ auf einen eingeprasselt ist, gehört eben dazu. Allein, wie oft bei mir die Minuten gezählt wurden, die ich nicht mehr getroffen habe. Das kann ich gar nicht mehr nachvollziehen. Der eine macht sich mehr einen Kopf darüber, der andere eben weniger. Aber alles, was sonst noch dabei war, hat es lohnenswert und lebenswert gemacht, das so durchzuziehen. Wenn Martin sagt, dass er Phasen hatte, die extrem waren, dann war das seine Erfahrung und die würde ich ihm niemals absprechen. Ich habe mich da vielleicht nicht ganz so beeinflussen lassen wie vielleicht andere Spieler, aber diese Phasen hatte ich natürlich auch, wo es nicht so angenehm war, aufzustehen und zum Training zu fahren. Aber dennoch habe ich immer noch gerne mit den Jungs zusammen Fußball gespielt und das war für mich das Ausschlaggebende, warum ich es so lange gemacht habe.

Das Interview führte Robert Gherda.

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