Das Double in der Tasche, die Champions League vor den Augen! Der FC Bayern visiert im August das zweite Triple der Vereinsgeschichte an. Sky Sport hat vor der Viertelfinal-Auslosung der Königsklasse exklusiv mit Ex-Bayern-Profi Markus Babbel gesprochen.
Schönen guten Tag, Herr Babbel. Am Freitag (ab 11:30 Uhr LIVE im Stream und auf Sky Sport News HD) steigt die Auslosung in der Champions League. Welche Gegner wünschen Sie Leipzig und den Bayern im Viertelfinale, vorausgesetzt der FCB kommt wie erwartet gegen Chelsea weiter?
Babbel: ''Das ist erstmal die große Krux, das seriös zu Ende zu spielen, aber da habe ich ehrlich gesagt keine Bedenken. Es ist schwer zu beantworten. In der Veranstaltung sind nach wie vor tolle Verein dabei, und es ist vor allem für den FC Bayern alles möglich, eben aufgrund ihrer Erfahrung und ihrer jüngsten Erfolge mit dem Gewinn der Meisterschaft und dem Pokal. Dementsprechend sind die Bayern voller Selbstvertrauen. Wer der richtige Gegner sein wird, ist aber schwer zu beantworten.''
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Wie hoch schätzen Sie die Chancen von Leipzig im abschließenden Finalturnier ein? Kann Leipzig beispielsweise für eine Überraschung sorgen - auch ohne Timo Werner?
Babbel: ''Ihre Chance ist die des Außenseiters. Man hat natürlich registriert, dass Timo Werner gegangen ist und nicht mehr für RB spielt. Dadurch wird Leipzig vielleicht unterschätzt, das ist ihre große Chance. In einem Spiel ist alles möglich. Es ist ein neutraler Boden und für alle eine komplett neue Situation. Sie haben eine brutale Qualität und - auch wenn es abgedroschen klingt - nichts zu verlieren. Von Leipzig wird nicht erwartet, dass sie die Champions League gewinnen. Da sind andere Vereine ganz klar im Fokus.''
Der FC Bayern und RB Leipzig haben rund vier Wochen Pause, bis die Königsklasse fortgesetzt wird. Die Konkurrenz aus England, Spanien & Italien spielt quasi bis Ende Juli durch. Ein Vor- oder Nachteil?
Babbel: ''Man kann es sich hindrehen, wie man es will. Man kann einen Vorteil herausziehen, wenn man positiv gestimmt ist. Man kann aber auch einen Nachteil herausziehen, wenn man negativ gestimmt ist. Es ist schwierig zu beantworten. Auch das wird sich zeigen. Es ist ein anderer Wettbewerb, das macht schon mal viel aus. Man hat vielleicht nicht diesen Heimvorteil im Hin- oder Rückspiel. Es ist ein Spiel auf neutralem Boden ohne Zuschauer. Ich bin sehr gespannt, wie das Ganze ablaufen wird.''
Für Paris St. Germain ist die ganze Situation noch extremer als für die Bayern und Leipzig. Der französische Meister hat seit Anfang März kein Pflichtspiel mehr bestritten, also quasi seit fast fünf Monaten. Wäre PSG deswegen fast schon ein „einfacheres Los"?
Babbel: ''Viele Vereine sind wahnsinnig gut aus der Coronapause herausgekommen und haben von Anfang an richtig gut Fußball gespielt. Aber ich erinnere mich nur an Bayern München, dass sie im ersten Spiel bei Union Berlin ein bisschen Schwierigkeiten hatten, in diesen Wettkampfmodus zu kommen. Liverpool hat sich beispielsweise im ersten Spiel in Everton auch ganz schwergetan, weil viele Spieler nicht mehr diese Wettkampfpraxis hatten. Das wird eine spannende Geschichte. Paris ist individuell sensationell gut aufgestellt, aber es ist die große Frage, ob sie es im ersten Spiel auf die Platte bekommen.''
Die Bayern haben mit Hansi Flick das Double geholt. Trauen Sie dem FCB nun auch das Triple zu? Kann Flick das wiederholen, was Heynckes 2013 geschafft hat?
Babbel: ''Ich würde es Flick sehr wünschen. Die Mannschaft hat definitiv das Potenzial dazu und macht keinen schlechteren Eindruck, als die Mannschaft von 2013. Es herrscht eine extrem gute Stimmung, viele Spieler befinden sich in einer sehr guten Verfassung. Als Team wirken sie sehr geschlossen und sehr harmonisch. Ich habe es schon vor Wochen gesagt: Ich wüsste nicht, vor welchem Verein der FC Bayern Angst haben müsste. Natürlich sind tolle Gegner dabei, die auch über eine sehr große Qualität verfügen. Aber der FC Bayern kann an einem guten Tag jeden Gegner schlagen.''
Neben dem Traum vom Triple ist die Zukunft von Thiago und David Alaba weiter offen. Wie ist Ihr Gefühl? Wie werden sich beide entscheiden?
Babbel: ''Ich kann das nur aus der Ferne beurteilen. Ich fände es sehr schade, wenn beide gehen würden. Beide sind wundervolle Spieler, denen man sehr gerne beim Fußballspielen zuschaut. Wobei ich als Münchner sage, dass ein Abschied von Alaba extrem wehtun würde. Er hat sich in seiner Zeit bei den Bayern sensationell entwickelt - nicht nur zu einem Weltklasse-Linksverteidiger, sondern ist auch als Innenverteidiger in die Kategorie „Weltklasse" aufgestiegen. Außerdem ist es schön zu beobachten, wie er sich zu einem Leader entwickelt hat. Deshalb wäre es natürlich schade, wenn er auf die Idee kommen sollte, nochmal was Anderes zu machen - was natürlich total nachvollziehbar ist, wenn du mit einem Verein alles erreicht hast. Dasselbe gilt auch für Thiago. Ein toller Spieler, aber ich sage es mal so: Seinen Weggang könnte man noch eher verschmerzen als den von Alaba, denn er könnte zur Not auch im Mittelfeld spielen.''
Apropos Zukunft: Wie geht es mit Ihnen eigentlich weiter? Bis Ende Januar waren Sie noch in Australien tätig. Haben Sie schon konkrete Pläne? Möglicherweise eine Rückkehr in die Bundesliga?
Babbel: ''Aktuell ist es so, dass ich mir wahnsinnig viele Spiele angeschaut und auch wahnsinnig gerne darüber gesprochen habe. Aber bei mir steht aktuell nichts an, wo ich sagen kann, dass ich darauf ein totales Auge geworfen hätte. Ich bin in einer Situation, in der ich mich allgemein hinterfrage, wo die Reise hingehen soll und was ich künftig machen möchte. Ist es nur noch Deutschland, was dich reizen würde? Vielleicht das Ausland oder was komplett Anderes? Für diese Überlegungen habe ich jetzt wunderbar Zeit. Corona bringt einen dazu, etwas mehr Zeit zu haben und sich mehr Gedanken zu machen. Und dann bin ich gespannt, wo die Reise hingehen wird.''
Das Interview führte Florian Poenitz