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"Nicht geschützt" - Özil über DFB-Aus, Erdogan, Arsenal & den Überfall

Mesut Özil verteidigt in einem Interview das umstrittene Foto und äußert sich zu vielen weiteren Themen

Mesut Özil spricht in einem Interview über seine Zeit beim FC Arsenal und viele weitere Punkte.
Image: Mesut Özil spricht in einem Interview über seine Zeit beim FC Arsenal und viele weitere Punkte.  © DPA pa

Mesut Özil durchlebt derzeit eine ganz schwierige Phase beim FC Arsenal und kommt dort kaum noch zum Zug. In einem Interview erklärt der Spielmacher nun, dass er dennoch nicht an Abschied denkt.

Zudem spricht er bei The Athletic auch über das Erdogan-Foto, seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft und den Überfall auf Sead Kolasinac und ihn.

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Mesut Özil über...

... einen möglichen Abschied vom FC Arsenal: "Nein. Ich habe einen Vertrag bis zum Sommer 2021 und so lange bleibe ich auch. Wenn man schwierige Zeiten durchmacht, ist das kein Grund wegzurennen und das mache ich auch nicht. Ich bleibe hier bis mindestens 2021.

... die Gründe, warum er seinen Vertrag in London verlängert hat: "Als ich meinen neuen Vertrag unterschrieben habe, habe ich sehr lange darüber nachgedacht und es war eine der wichtigsten Entscheidungen meiner Karriere. Ich wollte nicht nur zwei weitere Jahre bleiben, sondern ich wollte mich zum Verein bekennen und der Klub wollte das gleiche. Arsene Wenger war ein großer Grund, warum ich hierher gekommen bin, aber letztlich zählt der Klub. Ich wollte auch bleiben, obwohl er ging, weil ich es liebe für Arsenal zu spielen. Deshalb bin ich seit sechs Jahren hier."

Ich fühle mich hilflos, weil ich nicht dabei sein kann und die Spiele von zu Hause sehen muss.
Mesut Özil über seine Situation beim FC Arsenal

... seine derzeitige Situation bei den Gunners: "Es ist natürlich enttäuschend. Aber als Profifußballer muss ich die Entscheidung des Trainers akzeptieren. Ich fühle mich hilflos, weil ich nicht dabei sein kann und die Spiele von zu Hause sehen muss. Ich will Teil des Teams sein und will meinen Mitspielern helfen, erfolgreich zu sein. Ich trainiere nicht einfach so. Ich bin bereit zu spielen. Es sollte nicht um mich oder den Coach gehen, sondern nur um den Verein."

... seinen aktuellen Fitness-Zustand: "Ich bin fit und bereit. Die Vorbereitung lief richtig gut und obwohl ich durch den Überfall kurz zurückgeworfen wurde, stehe ich seitdem komplett zur Verfügung und wenn der Trainer mich aufgestellt hat, war ich bereit und habe immer mein Bestes gegeben. Weil ich zuletzt nicht so viel gespielt habe, schiebe ich Extraschichten mit dem Fitness-Coach, um noch fitter zu sein als sonst. Ich weiß, was benötigt wird und glaube an mich."

... sein Verhältnis zu Trainer Unai Emery: "Wir sind nicht immer einer Meinung, aber das ist normal. Es ist das gleiche wie mit Freunden oder Familie. Man muss es akzeptieren und weitermachen. Ich habe unter einigen der größten Trainer der Welt gearbeitet - Arsene, Jose Mourinho, Joachim Löw - und es war immer respektvoll. So ist es auch unter Unai."

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Wenn wir in großen Spielen nicht gut sind, liegt es immer an mir. Wenn das wahr ist, wie kann man unsere Ergebnisse in großen Spielen erklären, in denen ich nicht dabei bin?
Mesut Özil über den Vorwurf, in großen Spielen abzutauchen

.. den Vorwurf, in "großen" Spielen abzutauchen: "Wenn wir in großen Spielen nicht gut sind, liegt es immer an mir. Wenn das wahr ist, wie kann man unsere Ergebnisse in großen Spielen erklären, in denen ich nicht dabei bin? Da gibt es keinen Unterschied. Ich weiß, dass Leute von mir mehr erwarten - dass ich das Spiel diktiere und den Unterschied mache - ich erwarte das auch, aber es ist nicht so einfach. Ich bin nicht der einzige Spieler im Team und manchmal ist der Gegner einfach besser. Überhaupt: Was ist ein ein "großes" und ein "kleines" Spiel? In der Premier League kann jeder jeden schlagen. Man kann also nicht sagen, dass meine guten Leistungen nur in "kleinen" Spielen kamen, weil es solche Spiele nicht wirklich gibt. Die Intensität ist immer da und oft wachsen die "kleinen" Teams gegen die "Großen" über sich hinaus."

... den Vorwurf wegen seiner schlechten Körpersprache: "Das ist meine Persönlichkeit. Leute wollen immer, dass ich mich ändere, aber ich bin so, seitdem ich Fußball spiele. Wenn es nicht gut läuft, ärgere ich mich natürlich, weil ich weiß, dass ich es besser kann. Ich weiß danach selbst, dass es nicht gut ist, das nach außen zu zeigen, aber es ist einfach instinktiv. Ich plane es nicht und es ist nicht leicht, das zu ändern. Das bin nun einmal ich. Ich war so auf Schalke, in Bremen, bei Real Madrid und im DFB-Team. Leute wollen, dass ich mich ändere, aber ich war überall erfolgreich und werde mich nicht verändern."

... die Gründe für das Erdogan-Foto: "Erdogan ist der amtierende Präsident der Türkei, und ich würde dieser Person immer meinen Respekt erweisen, egal, wer sie ist. Obwohl ich in Deutschland geboren bin, ist die Türkei Teil meiner Herkunft. Hätten der Bundespräsident oder Kanzlerin Angela Merkel in London um ein Treffen gebeten, hätte ich das natürlich ebenso gemacht. Es geht einfach darum, dem höchsten Amt eines Landes Respekt zu zollen. Mit etwas Abstand weiß ich, dass es die richtige Entscheidung war."

Nach dem Foto habe ich mich nicht mehr respektiert, nicht mehr geschützt gefühlt.
Mesut Özil über die Folgen des Erdogan-Fotos

... die Reaktionen auf das Foto: "Nach dem Foto habe ich mich nicht mehr respektiert, nicht mehr geschützt gefühlt. Ich habe rassistische Beleidigungen ertragen müssen - sogar von Politikern und öffentlichen Personen. Und niemand rund um die Nationalelf hat gesagt: 'Hey, stopp. das ist unser Spieler, du kannst ihn nicht so beschimpfen' - Jeder hat es geschehen lassen und sagte nichts. Ich habe das Gefühl gehabt, dass man eine Entschuldigung von mir erwartet, dass ich zugebe, dass es ein Fehler war. Dann wäre alles wieder gut gewesen. Wenn nicht, wäre ich nicht mehr willkommen gewesen."

.. und Rassismus in Deutschland: "Rassismus war immer da und Leute haben diese Sache dazu genutzt, ihn rauszulassen. Jeder darf seine Meinung haben und man muss es nicht mögen, dass ich das Foto gemacht habe. Ich habe aber auch das Recht, das Foto zu machen und was folgte, entlarvte den Rassismus für alle. Es gibt große Probleme in Deutschland - man muss nur mal sehen, was in Halle passiert ist. Leider ist Rassismus nicht mehr nur eine Sache des rechten Flügels. Es ist in der Mitte der Gesellschaft verankert. Als wir bei der Weltmeisterschaft in Russland rausgeflogen sind, haben mich deutsche Fans angebrüllt und gesagt: 'Geh zurück in dein Land', 'fi.. dich', 'Türkisches Schwein' und solche Sachen."

... seinen Rücktritt aus dem DFB-Team: "Mit etwas Abstand weiß ich, dass es die richtige Entscheidung war. Es war eine sehr schwierige Zeit für mich, weil ich neun Jahre für Deutschland gespielt habe und einer der erfolgreichsten Spieler war. Ich habe die WM und noch mehr gewonnen, habe zahlreiche Spiele gemacht - sehr viele davon richtig gut - und habe alles gegeben. Leute müssen mich nicht lieben, aber sie sollten Respekt zeigen, für das, was ich für Deutschland geleistet habe. Deutschland war immer wettbewerbsfähig, aber man wollte attraktiver spielen. Ein wenig wie Spanien. Meine Generation hat den deutschen Fußball verändert. Es macht mehr Spaß zuzuschauen."

Wir waren frisch verheiratet und ich hatte Angst um meine Frau. Ich hatte Angst um Sead. Ich dachte gar nicht wirklich an mich.
Mesut Özil über den Raubüberfall

... den Raubüberfall auf ihn und Sead Kolasinac: "Ich bin von mir zu Seads Haus gefahren. Er war draußen und wir haben gesprochen. Meine Frau saß neben mir. Dann kamen diese Typen. Wir haben uns 10 bis 15 Sekunden angeschaut. Wir dachten, dass sie vielleicht ein Foto oder so etwas wollten, aber dann merkten wir, dass sie eine Waffe hatten und etwas nicht stimmte. Sie haben offensichtlich das große Auto gesehen und weil Sead mir etwas gab, haben sie gesehen, dass er eine teure Uhr trug. Sie sagten ihm: 'Gib uns deine Uhr!' Seads Reaktion war sehr mutig, denn er hat einen Angreifer direkt angegriffen. Der zweite war auf seinem Moped vor dem Auto, damit ich nicht wegfahren konnte. Wir waren frisch verheiratet und ich hatte Angst um meine Frau. Ich hatte Angst um Sead. Ich dachte gar nicht wirklich an mich. Ich fürchtete, sie würden die Beifahrertür aufmachen, was sie auch versuchten, also versuchte ich sie davon abzuhalten. Ich sah eine Chance, zu fahren. Wenn sie meine Frau bekommen, würde etwas Schreckliches passieren. Alles ging so schnell. Ich bin vorgefahren und wieder zurück, um von dem Moped wegzukommen. Ich habe zu Sead gerufen 'Steig ein, steig ein!', was er zum Glück auch gemacht hat. Ich habe einen U-Turn gemacht. Sie haben Ziegelsteine und Steine auf uns geworfen. Sie sind uns gefolgt, obwohl ich sehr schnell gefahren bin. Meine Frau hatte hatte große Angst."

... die Folgen des Überfalls: "Uns ist zum Glück nichts passiert, aber meine Frau wollte sofort weg. Sie fühlte sich nicht mehr sicher. Selbst wenn ich nur mit den Hunden in den Garten ging, rief sie 'komm wieder zurück ins Haus'. Sowas ist uns noch nie passiert. Es waren ein paar schlimme Wochen, aber ich wollte London nie dauerhaft verlassen. Als ich wieder anfing zu trainieren, war mein Fußball okay, aber mein Kopf war immer bei meiner Frau. Sie war alleine zu Hause und du weißt nie, was passiert."

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