Einst war Nabil Bentaleb der Wunschspieler von Markus Weinzierl, unter Domenico Tedesco gehörte er zunächst zu den Leistungsträgern, später entwickelte er sich zum Problemfall. In Huub Stevens‘ letzter Amtszeit wurde er sogar in die U23 verbannt. Seit Dienstag ist er suspendiert. Wieder einmal.
Seinen 26. Geburtstag hatte sich Nabil Bentaleb wohl anders vorgestellt. Zusammen mit Amine Harit wurde der Algerier suspendiert, beide bekamen eine Denkpause verordnet und trainieren nicht mit dem Rest der Mannschaft.
''Er ist unbestritten ein hervorragender Fußballer, da gibt es keine zwei Meinungen", stellte Sportvorstand Jochen Schneider fest. "Allerdings müssen wir feststellen, dass Schalke und Nabil Bentaleb offensichtlich nicht zusammenpassen."
Suspendierung "war ein Prozess"
Als Grund für die Suspendierung habe es "nicht diesen einen Moment gegeben, sondern es war ein Prozess", erklärte Schneider am Mittwoch noch einmal.
Als Bentaleb im Sommer 2016 - zunächst auf Leihbasis - nach Gelsenkirchen wechselte, waren die Erwartungen und Hoffnungen groß. Schließlich kam der Algerier, der das Fußballspielen im französischen Lille erlernt hatte, als WM-Teilnehmer von Tottenham Hotspur und hatte für die Londoner Spiele in der Premier League und in der Europa League bestritten.
Bentaleb war 2016 Weinzierls Wunschspieler
Als er später für 19 Millionen Euro fest verpflichtet wurde, war er nach Breel Donald Embolo (26,5 Millionen Euro) der zweitteuerste Einkauf der Schalker Vereinsgeschichte. Die treibende Kraft für den Transfer war Markus Weinzierl.
"Auch ich war dafür, diesen Spieler zu holen, weil er einer ist, der den Unterschied machen kann", meinte Ex-Manager Christian Heidel einst in einem Interview.
Unter Weinzierl war Bentaleb einer der Anführer auf dem Platz, und auch unter seinem Nachfolger Domenico Tedesco gehörte er zunächst zu den Leistungsträgern und hatte maßgeblichen Anteil daran, dass Schalke am Ende der Saison 2017/18 Vizemeister wurde. Doch im zweiten Jahr unter Tedesco bekam Bentalebs Karriere-Kurve einen Knick, er war plötzlich nicht mehr unersetzbar.
Zwischen Anführer und Nervensäge
Einerseits war er ein Spieler, der voranging und in entscheidenden Situationen Nervenstärke bewies, andererseits ging er mit seiner von sich selbst überzeugten Art und übertriebenem Stolz seinen Mitspielern bisweilen auf die Nerven.
Im Januar 2018 reagierte der Algerier so wütend darüber, dass er nicht in der Startelf stand, dass ihn Tedesco aus dem Kader strich. Kurz darauf wurde er wegen schlechter Trainingsleistungen und dem Verbreiten schlechter Stimmung aus dem Profi-Kader verbannt.
Strafen unter Tedesco und Stevens
Auch unter Interimstrainer Huub Stevens, der Tedesco im März 2019 abgelöst hatte, wurde es nicht besser. Im Gegenteil: Bentaleb durfte nur noch mit der Regionalliga-Mannschaft trainieren. "Es geht immer noch um Mannschaftssport. Da hast du es nicht mit einem Spieler zu tun, sondern mit 26", meinte Stevens damals.
Grund für die Suspendierung sollen auch da schon keine einzelnen Vergehen gewesen sein, sondern die Anhäufung vieler Kleinigkeiten. Unter anderem sei er zu einem Heimspiel gegen Leipzig unentschuldigt nicht im Stadion erschienen.
Bentaleb verteidigt sich
"In dieser Zeit lag meine Frau drei Monate im Krankenhaus. Sie war schwanger mit unseren Zwillingen. Ich habe jede Nacht bei ihr geschlafen", verteidigte er sich. Das Tischtuch schien zerschnitten zu sein. Bentaleb stand vor dem Absprung nach Bremen, doch der Transfer zerschlug sich wegen Knieproblemen.
Im Januar 2020 wechselte er dann auf Leihbasis zu Newcastle United in die Premier League.
Zweiter Anlauf nach Rückkehr aus England
Nach seiner Rückkehr aus England wollte er unter Trainer David Wagner neu angreifen, doch Wagner wurde nach 18 sieglosen Spielen freigestellt. Mittlerweile ist Schalkes Horror-Serie auf 24 Partien ohne Dreier angewachsen - und Bentaleb wieder einmal suspendiert.
Sein Vertrag läuft Ende Juni nächsten Jahres aus, am liebsten würden die Schalker den Algerier schon im Winter verkaufen, doch der Spieler will nicht.
Abschied "spätestens im Sommer"
"Spätestens im Sommer 2021 werden sich die Wege trennen", kündigte Schneider an.
Der Sportvorstand betonte am Mittwoch, Harit und Bentaleb hätten "beide natürlich die Möglichkeit zurückzukehren. Aber die Denkpausen waren nötig, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, und das ist die Mannschaft."
Bentaleb und Schalke - eigentlich war es eine vielversprechende Liaison. Mittlerweile steht sie als Sinnbild für das Chaos auf Schalke.