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Wenn Dortmund die Champions League verpasst - Kader, Finanzen, Planung

Keine Königsklasse? Das wären die direkten Folgen für den BVB

Jadon Sancho (l.) und Erling Haaland (r.) gelten bei einem Verpassen der Champions League als mögliche Abgangskandidaten beim BVB.
Image: Jadon Sancho (l.) und Erling Haaland (r.) gelten bei einem Verpassen der Champions League als mögliche Abgangskandidaten beim BVB.  © DPA pa

Das Minimalziel Champions League ist mit der Pleite gegen Frankfurt für den BVB in weite Ferne gerückt. Was hieße das für Finanzen, den Kader und Roses Planungen? Ein Überblick.

Dortmunds Worst-Case-Szenario nimmt Formen an. Nach der bitteren 1:2-Pleite gegen Eintracht Frankfurt scheint der Vizemeister die Qualifikation für die UEFA Champions League erstmals seit sechs Jahren tatsächlich zu verpassen - und das ausgerechnet in Corona-Zeiten.

Sieben Spieltage vor Saisonschluss hat die Borussia ganze sieben Punkte Rückstand auf den so wichtigen vierten Tabellenplatz. "Wenn man realistisch ist, dürfte es selbst mit sechs oder sieben Siegen schwer werden mit Platz vier", musste selbst Abwehr-Chef Mats Hummels nach Abpfiff eingestehen.

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"Das Verpassen der Champions League wäre sportlich wie finanziell eine Katastrophe", brachte es der 32-Jährige auf den Punkt. Aber was heißt das eigentlich genau? Wir werfen einen Blick auf die konkreten Konsequenzen, sollte der BVB es tatsächlich nicht unter die ersten Vier schaffen.

1. DORTMUNDS FINANZEN

Fest steht: Sollte die kommende CL-Saison ohne die Dortmunder stattfinden, muss der Gürtel enger geschnallt werden.

Zu den roundabout 80 Millionen Euro fehlenden Zuschauereinnahmen durch Geisterspiele kommen 20 bis 30 Millionen Euro Verlust, startet man in der Europa statt in der Champions League. Heißt: Der Revierklub müsste über 100 Millionen Euro ausgleichen.

Die gute Nachricht für Fans: Von einem Super-GAU ist der BVB weit entfernt. Wie Präsident Reinhard Rauball erst kürzlich bestätigte, sind die nächsten zwei Spielzeiten der Borussia bereits finanziert - ganz unabhängig vom Erreichen der Champions League.

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2. DORTMUNDS KADER: SANCHO UND HAALAND KÖNNTEN GEHEN

Der BVB verliert in diesem Szenario allerdings nicht nur an Renommee und Geld, sondern in der Konsequenz auch Spieler. Denn wie man ein Loch von 100 Millionen Euro kompensiert, liegt auf der Hand: Mit Spieler-Verkäufen.

Nur mit Jadon Sancho und Wunderkind Erling Haaland bekämen Michael Zorc und Co. dabei wirklich viel Geld in die Kasse gespült.

DER FALL JADON SANCHO

Jadon Sancho droht offenbar eine längere Zwangspause.
Image: Jaden Sancho spielt seit 2017 für den BVB. Sein Marktwert liegt aktuell bei 118 Millionen Euro (Quelle: KPMG, Stand 5. Februar).  © Getty

Im Fall Jadon Sancho stehen die Zeichen auf Abschied. Nach der Transfer-Odyssee im letzten Jahr wird Dortmunds 21-jähriger Super-Techniker sehr wahrscheinlich diesen Sommer nach England wechseln. Schon 2020 wollte der gebürtige Londoner weg, u.a. wegen Corona kam jedoch kein Deal zustande.

Dortmund zeigt sich jedenfalls verhältnismäßig gesprächsbereit: "Sollte da ein außergewöhnliches Angebot kommen, dann werden wir das mit dem Spieler und dem Berater diskutieren, wie immer", sagte Boss Hans-Joachim Watzke am Samstag bei DAZN, verwies aber gleichzeitig auf die aktuell schwierige finanzielle Lage der europäischen Klubs.

Heißt im Klartext: Sollte ein Top-Klub trotz Pandemie bereit sein, rund 100 Millionen Euro für den Außenstürmer hinzulegen, ist wohl mit einem Abgang zu rechnen.

DER FALL ERLING HAALAND

Erling Haaland trifft gegen den FC Sevilla doppelt und bereitet zudem einen weiteren Treffer vor.
Image: Publikumslieblings Erling Haaland bricht einen Rekord nach dem anderen. Sein Marktwert liegt aktuell bei 110 Millionen Euro (Quelle: KPMG, Stand 5. Februar).  © DPA pa

Es wäre der schmerzlichste Abgang von allen. Gerade deshalb betonen Watzke, Zorc und Sebastian Kehl immer wieder, ihren Top-Torjäger Haaland halten zu wollen. Hier zeigt man sich weniger gesprächsbereit.

"Wir haben keinen Parallelplan. Wir wollen, dass er gerne bei uns bleibt, dass er mit Überzeugung nächstes Jahr für den BVB Tore schießt. Es gibt da keinen Alternativplan", bekräftigte Watzke erneut.

Die Europa-Tour, die Haalands Vater und Haalands Berater in der Woche vor dem wichtigen Frankfurt-Spiel gestartet haben, um Gespräche mit dem FC Barcelona, Real Madrid und englischen Top-Klubs zu führen, deutet jedoch bereits an: Ein einfaches Unterfangen wird das nicht werden.

Wenn Dortmund die CL verpasst, Haaland und seine Berater Druck machen, besteht die Möglichkeit, dass es bereits einen Abschied im Sommer gibt. Und das, obwohl die vereinbarte Ausstiegsklausel in Haalands Vertrag (bis 2024) erst ab dem Jahr 2022 greift. Die Höhe der Klausel ist bislang nicht öffentlich gemacht worden. Sie soll bei ungefähr 75 Millionen Euro liegen.

Will der BVB richtig Geld mit einem Verkauf generieren, muss er sein Juwel vor 2022 verkaufen. Andererseits ist der Norweger sportlich unverzichtbar, geschweige denn zu ersetzen.

Fazit: Dortmund muss Haaland nicht ziehen lassen, bei einem Angebot von 150 Millionen Euro und fehlenden Argumenten für einen Verbleib, ist ein Abgang dennoch denkbar. Man werde das "mit Erling, seinem Vater und seinem Berater Mino Raiola in Ruhe besprechen", kündigte Watzke an.

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BVB-Boss Hans-Joachim Watzke ist ob der Pleite gegen Eintracht Frankfurt sauer, während die Mannschaft in Richtung Manchester abhebt (Video-Länge: 1:15 Minuten).

SCHULZ, BRANDT UND CO.: DIE WACKELKANDIDATEN

Neben den beiden Top-Stars ließe sich auch mit Wackelkandidaten wie Nico Schulz, Julian Brandt, Mahmoud Dahoud oder Manuel Akanji, die derzeit teils viel Gehalt beziehen, diese Saison aber nicht performt haben, Geld erwirtschaften.

Angesichts der gezeigten Leistungen, der angespannten finanziellen Lage der Klubs und auch aufgrund Dortmunds offensichtlicher Notlage befindet sich Schwarz-Gelb allerdings hierbei in keiner guten Verhandlungsposition. Dazu kommt, dass der BVB mit seiner Außenverteidigung, der Außenbahn (sollte Sancho gehen) und dem Sturm (Haaland-Backup oder gar Haaland-Ersatz) bereits genug Baustellen im Sommer hat.

Sky Reporter und Dortmund-Experte Jesco von Eichmann sagt deshalb: "Der BVB tut gut daran, seinen Kader im Sommer so gut es geht zusammenzuhalten und ihn nur punktuell zu verstärken."

Lediglich ein Verkauf von Julian Brandt (Marktwert: 50 Millionen Euro, Quelle: KMPG) hält er für realistisch, da die Position mit vielen weiteren Spielern wie Marco Reus, Reyna und Bellingham besetzt werden kann. Einen Spieler wie Schulz zu verkaufen, für den man 2019 noch 25 Millionen Euro bezahlt hat, macht dagegen weniger Sinn. Bei einem aktuellen Marktwert von 6 Millionen Euro bekäme der BVB nur sehr schwer Ersatz.

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3. DORTMUNDS PLÄNE: ROSE UND CHEF-ETAGE VOR RIESEN-AUFGABE IM SOMMER

Das bringt uns auch zum letzten Punkt. Den Planungen für die kommende Saison. Eine große Frage wird nämlich auch sein: Setzt der neue Trainer Marco Rose auf Neueinkäufe oder - mit anderem taktischem Konzept und anderer Ansprache - auf bereits vorhandene Spieler?

Sollte sich die Borussia von Sancho und Haaland trennen, stünde dem Noch-Gladbach-Coach einiges an Kapital zur Verfügung. Eine Tatsache, die allerdings auch den Top-Klubs nicht entgeht, die entsprechend hohe Summen für Ersatz aufrufen dürften. Und überhaupt: Wie findet man einen adäquaten Ersatz für Spieler wie Sancho und Haaland - und das in Corona-Zeiten?

Die Scouting-Abteilung und Führung des BVB haben ihr gutes Gespür schon mehrfach bewiesen. Denkt man etwa an die Abgänge von Robert Lewandowski, Pierre-Emerick Aubameyang oder Ousmane Dembele zurück. Einmal mehr wird jenes Gespür nun auf die Probe gestellt.

So oder so ist eines schon jetzt klar: Verpasst der BVB die CL-Qualifikation, dürfte es zusammen mit Rose ein schwieriger und spannender Sommer in Dortmund werden - Ausgang noch offen.

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