Nach ihrem emotionalen WM-Auftakt richteten die deutschen Handballer den Fokus voll auf die nächste Aufgabe. Mit Brasilien hat das DHB-Team noch eine Rechnung offen. Rückraumspieler Franz Semper droht auszufallen.
Der Morgen begann für die deutschen Handballer mit einer halbstündigen Videositzung, dann kickten Uwe Gensheimer und Co. im Training eine Runde Fußball. Während der Kapitän als Torjäger glänzte, saß Bundestrainer Christian Prokop mit seiner Taktiktafel an der Seitenlinie und tüftelte längst am Matchplan für das Brasilien-Spiel.
Prokop will die Atmosphäre befeuern
"Da wartet ein ganz anderes Kaliber auf uns", sagte Prokop mit Blick auf die Partie am Samstag (18.15 Uhr). Die Südamerikaner seien eine Mannschaft, die über "sehr viel Physis" verfüge. "Sie spielen körperlich hart und aggressiv und sind sehr eingespielt", sagte Prokop: "Wir spielen aber zu Hause." Man wolle die "geile Atmosphäre weiter befeuern" und "die Auftritte weiter genießen".
DHB-Vizepräsident Bob Hanning gab sich am Freitag als Mahner. Er betonte am Freitag, dass der lockere WM-Start gegen Korea (30:19) zwar ein "schönes Auftaktspiel" gewesen sei, "aber kein Maßstab für Erfolg. Am Ende soll nicht das Erlebnis Freude machen, sondern das Ergebnis."
Semper verpasst Training
Sorgen bereitet der sportlichen Leitung Rückraumspieler Franz Semper. Am Freitag lag der einzige Turnier-Neuling mit erhöhter Temperatur und Schüttelfrost im Bett. Quarantäne im Einzelzimmer statt Training mit der Mannschaft. "Wir hoffen, dass wir ihn zum Brasilien-Spiel wieder hinkriegen", sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning sorgenvoll.
"Er hat über Nacht Schüttelfrost bekommen. Die medizinische Abteilung ist da dran", sagte Prokop auf einer Pressekonferenz am Freitag in Berlin: "Er hat jetzt ein Einzelzimmer, damit er keinen anderen ansteckt." Es sei "aber nicht so schlimm, dass wir uns mehr Gedanken machen müssen. Wir hoffen, dass er jetzt mit Vitamin-Shakes, Kuren und ein bisschen Ruhe die erste Aufregung dann auch verdaut hat und morgen wieder dabei ist."
Wolff warnt vor Brasilien
Ob mit oder ohne Semper: Mit einem Erfolg gegen Brasilien kann das deutsche Team bereits die Weichen für den Einzug in die Hauptrunde stellen. Doch Keeper Andreas Wolff, beim WM-Auftakt mit 56 Prozent gehaltener Bälle auffälligster Spieler, warnte: "Wir müssen aufpassen, dass wir da nicht auf die Fresse bekommen." Mit der Partie am Samstag "geht das Turnier erst richtig los".
Über welche Qualitäten die Brasilianer verfügen, erlebten Wolff und Co. bei den Olympischen Spielen am eigenen Leib. Nach einem hitzigen Spiel verlor Deutschland vor zweieinhalb Jahren in Rio mit 30:33 - das soll sich am Samstag keinesfalls wiederholen.
Verbesserungsbedarf bei der Wurfausbeute
Dafür muss vor allem die Wurfausbeute besser werden. "Ein bisschen zu schlampig" sei man in der Chancenauswertung gewesen, monierte Kapitän Gensheimer. Doch Prokop vertraut seinen Spielern, die Fehlwürfe zum Auftakt bereiten ihm keine großen Sorgen. "Das wird kein Problem werden. Dafür sind alle stark ausgebildet", sagte der 40-Jährige.
Ansonsten nahm Prokop die "Erkenntnis mit, dass wir in vielen Bereichen gut funktionieren. Wir haben zwei Abwehrsysteme, die greifen." Zudem habe ihm die geringe Menge an technischen Fehlern gefallen. "Wir haben alle Spieler ins Turnier reingekriegt. Das ist eine positive Erkenntnis", sagte Prokop.
Spieler schwärmen von der Stimmung
Die Spieler schwärmten von der Stimmung in der ausverkauften Halle in Berlin. "Als wir die volle Arena gesehen haben und auf das Feld sind, hat sich für uns alle ein Traum erfüllt", sagte Linksaußen Matthias Musche: "Das Gefühl ist schwer zu beschreiben. Das ist Stolz und Freude." Ein ähnliches Gefühl wollen die Handballer auch am Samstag verspüren. (sid)