McLaren hat in Silverstone einen Coup gelandet. Lando Norris darf am Sonntag aus der ersten Startreihe hinter Verstappen starten. Auf den Briten folgt Teamkollege Oscar Piastri. Es drängt sich die Frage auf, ob es eine neue Kraft unter den Spitzenteams gibt.
Der Samstag begann für McLaren mit einer Geldstrafe. 1.000 Euro muss der Rennstall an die Formel 1 für das Fehlverhalten eines Mechanikers in der Boxengasse zu Beginn des 3. Freien Trainings überweisen. Weil das Team vergessen hatte, am Heck von Lando Norris' Auto eine Abdeckung zu entfernen, übernahm ein Mechaniker die Initiative und lief seinem Piloten hinterher, um dieses Teil zu beseitigen. Das passierte jedoch außerhalb der Boxengasse, hinter einer gewissen weißen Linie und damit offiziell auf der Rennstrecke. Da verstehen die Stewards keinen Spaß und sanktionierten dieses Verhalten. Am Ende eine Randnotiz für alle Beteiligten in den papaya-orangenen Rennanzügen.
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Denn der Traditionsrennstall schwingt sich zu einem ernsthaften Konkurrenten im Spitzenfeld hinter Formel-1-Dominator Max Verstappen auf. Nachdem sich Norris und Oscar Piastri in der Qualifikation am Samstag in Silverstone die Startplätze zwei und drei sicherten, strahlte CEO Zak Brown wie die Chromlackierung auf dem Auto des britischen Rennstalls.
Brown: Unsere Saison hat in Österreich begonnen
Niemand hatte so wirklich damit gerechnet, dass die McLarens erstmals seit Monza 2021 (damals mit Daniel Ricciardo statt Piastri) so schnell wieder mit zwei Fahrern in den Top Drei an den Start gehen würden. Schließlich war der Start in die aktuelle Saison kein guter. Norris liegt in der Fahrerwertung mit 24 Punkten auf Platz zehn, Piastri mit fünf Punkten auf Platz 14. In der Gesamtwertung bedeutet das Platz sechs bei den Konstrukteuren - hinter dem ärgsten Konkurrenten aus Frankreich: Alpine (47 Punkte).
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In Woking hat man jedoch die richtigen Stellschrauben gefunden und in die richtige Richtung gedreht. Das ist zumindest der Eindruck, der schon vergangene Woche mit Norris' viertem Platz in Spielberg entstanden ist. "Ich fühle, dass unsere Saison in Österreich begonnen hat", erklärte Brown schon nach dem Achtungserfolg in der Steiermark. "Teamchef Andrea (Stella, Anm. d. Red.) und alle Männer und Frauen bei McLaren haben einen großartigen Job gemacht, das Auto zu verbessern", so Brown. "Es ist definitiv ein Schritt nach vorne."
Piastri freut sich über seine "Rakete"
Das Qualifying verfolgte der US-Amerikaner mit "Spannung", wie er im Sky Interview verriet. "Q1 war schon ein bisschen nervenaufreibend mit den Streckenbedingungen. Oscar hat es gerade noch so hineingeschafft in Q2. Es ist ein großartiges Teamergebnis [...] Sie hätten es beide nicht besser machen können."
Der positive Trend lässt sich vor allem auf die Upgrades zurückführen. Diese "funktionieren", wie Brown gegenüber Sky bestätigte. In Spielberg profitierte nur Norris von den Änderungen, welche die Aerodynamik des MCL60 deutlich verbesserten. In Silverstone durfte auch Piastri endlich in den Genuss neuer Seitenkästen, eines neuen Halo-Designs, eines neuen Unterbodens und anderer Spezifikationen kommen. Mit Wirkung!
"Das Auto war in Q2 und Q3 eine Rakete", freute sich Piastri Samstag nach der Zeitenjagd. "Das hat mit den neuen Teilen an unserem Auto zu tun, die gut funktionieren. Ich kann dem Team nur danken, dass wir immer weiter gepusht haben nach dem Saisonstart, den wir hatten. Es ist ein riesiger Schritt in die richtige Richtung."
Wolff: Regeländerungen zur Chancengleichheit greifen
"Bang! Nach dem Upgrade sind sie wieder da", zeigte sich Mercedes-Teamchef Toto Wolff überrascht über den nächsten Mitspieler um die Plätze hinter Red Bull. Nachdem Aston Martin etwas zurückgefallen zu sein scheint, die Ferraris keine Konstanz in ihre Leistung kriegen und die Mercedes im Rennen weiterhin Schadensbegrenzung für die schwierigen Qualis leisten müssen, ist mit McLaren das nächste Team in der Verlosung. "Das schaut echt aus", glaubt Wolff gegenüber Sky nicht an eine Eintagsfliege. "Aus der Dreier- wird jetzt eine Viererparty."
Diese Entwicklungssprünge sieht der Österreicher unter anderem in den Testmöglichkeiten der kleineren Teams begründet: "Du siehst das bei Albon. Das ist auch real. Die haben seit zwei Jahren 40 oder 50 Prozent mehr Windkanalzeit. Das passt sich an. Aus diesem Grund wurden die Regeln so designt."
Norris stapelt (noch) tief
Inwiefern die beiden McLaren-Piloten ihre Plätze im Rennen halten können, hielten sich alle Beteiligten bedeckt und stapelten tief: "In den Top Drei zu bleiben wird schwierig. Aber Punkte sollten drin sein", so Piastri. Norris ergänzte: "Unser Auto ist in den schnellen Kurven viel effizienter geworden. Das ist eine unserer Stärken. Davon gibt es hier ziemlich viele. Unsere Schwächen sind aber noch die gleichen, und es werden wieder Strecken kommen, die uns nicht so gut liegen."
Oberstes Ziel bleibt deshalb erst einmal, die Entwicklung zu bestätigen und sich nach und nach im oberen Teilnehmerfeld zu etablieren. Dass sie ihre aktuelle Form genießen, zeigte Norris nach der Quali. Der 23-Jährige war vor Heimpublikum zu Späßen aufgelegt: "Max macht halt immer alles kaputt", lachte der Brite in die Kamera und reagierte damit auf die Frage von Jenson Button, ob er auch die Pole hätte holen können. "Ich war schon überrascht, diese beiden Jungs da zu sehen", sagte Verstappen: "Ein toller Job, den sie gemacht haben."
Red Bulls Motorsportberater Dr. Helmut Marko beobachtet das Team aus Woking nun genauer. Der frühere Rennfahrer gab bei Sky zu, dass man nicht viel über die Leistungsfähigkeit des orangenen Kontrahenten wisse, da sie zuletzt nicht wirklich im Fokus des österreichischen Rennstalls gewesen seien.
Dass Norris sich beim Weltmeister am Sonntag also revanchieren könnte und ihm das Rennen in irgendeiner Weise sportlich kaputtmachen könnte, scheint aufgrund der Überform des Niederländers jedoch utopisch. Das ist aber (noch) nicht der Anspruch der Chrom-Rakete.
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