Nach elf Spieltagen ist der VfL Wolfsburg noch immer ungeschlagen. Zu verdanken ist das unter anderem Torgarant Wout Weghorst, der seit Wochen nicht zu bremsen ist. Nun gilt es, nicht nur den Alpha-Wolf auf die Bayern loszulassen.
Zuletzt sorgte der Knipser noch neben dem Platz für Wirbel, als er einen corona-verharmlosenden Social-Media-Post einer US-amerikanischen Impfgegnerin teilte. Mittlerweile hat sich Weghorst für die Verbreitung entschuldigt und erklärt, dass er die Menschen nur dazu aufrufen wolle, sich über wichtige Themen zu informieren und nicht alles unhinterfragt hinzunehmen.
Weghorst ist zum Leitwolf beim VfL aufgestiegen
Abseits des Feldes selbst ein wenig in Bedrängnis, auf dem Grün der Verursacher vieler Probleme. Wo Weghorst aufläuft, wackelt die gegnerische Abwehr. Der Niederländer ist in dieser Saison in bestechender Form und spätestens jetzt zum absoluten Leitwolf beim VfL aufgestiegen. Der derzeitige Höhenflug des ungeschlagenen Bundesligisten hat viel mit der jüngsten Leistungsexplosion des Stürmers zu tun.
Wirklich eindeutig waren die Spiele der Wolfsburger in dieser Spielzeit nur selten. Neben den sechs Unentschieden waren auch die fünf Siege der Mannschaft von Oliver Glasner meist hart umkämpft. Umso wichtiger, dass das Team mit Weghorst einen Stürmer hat, der unbeeindruckt von Drucksituationen knipst, wie er will.
Mit Ausnahme eines verschossenen Elfmeters gegen die TSG Hoffenheim, vor welchem er immerhin das 2:0 erzielte, nutzt der Niederländer schier jede Gelegenheit zum Treffen. In dieser Spielzeit hat der 1,97 Meter große Stürmer bereits neun Tore auf seinem Konto. Nur die Ausnahme-Bomber Robert Lewandowski (13) und Erling Haaland (10) trafen öfter.
Protoyp Weghorst auf Rekordjagd
Allein in den vergangenen fünf Partien netzte Weghorst sieben Mal. Mit links, rechts, dem Kopf oder vom Punkt. Via Distanzschuss, abgezockt vor dem Keeper oder mit dem richtigen Stellungsspiel. Den 28-Jährigen zeichnet seine Vielseitigkeit aus. Spricht man vom klassischen oder kompletten Stoßstürmer, stolpert man in der Bundesliga unweigerlich über seinen Namen.
Während der Hüne das filigrane jonglieren mit Ball Feingeistern um Josip Brekalo, Renato Steffen oder Maximilian Arnold überlässt, erfüllt Weghorst seine Pflicht als einsamer Wolf an der Spitze. Der Stürmer fordert die Bälle, schirmt sie gut ab und benutzt seinen wuchtigen Körper in Eins-gegen-eins-Situationen. Weghorst ist der Prototyp eines Stürmers, der nun auch gegen die Bayern am Mittwoch (20:30 Uhr live und exklusiv auf Sky Sport 2 und mit Sky Ticket im Stream) als gutes Beispiel vorangehen muss. Trifft er zum sechsten Mal in Folge, würde er den Vereinsrekord von Andzej Juskowiak und Edin Dzeko einstellen.
Auch dank Neuzugängen: VfL agiert aus starker Defensive heraus
Während der Niederländer derzeit das strahlende Gesicht der Mannschaft ist, arbeiten im Hintergrund die Rädchen in Glasners System unermüdlich. Die derzeitigen Erfolge sind zweifellos nicht nur dem Top-Torjäger zuzuschreiben. Aktuell passt einiges beim Tabellenvierten zusammen.
Mit lediglich elf Gegentreffern stellt der VfL nach RB Leipzig (9) und Bayer Leverkusen (10) die beste Abwehr in der Bundesliga. Keeper Koen Casteels ist wie im Vorjahr ein sicherer Rückhalt. Die Defensiv-Transfers, die in der vergangenen Wechsel-Periode getätigt wurden, sind zudem voll eingeschlagen. Während in der Innenverteidigung der erst 20 Jahre alte Maxence Lacroix auf Anhieb gesetzt ist und für Ruhe im Zentrum neben John Anthony Brooks sorgt, wirbelt Ridle Baku auf der rechten Seite.
Der 22-jährige Mainzer wechselte erst zum 3. Spieltag der bereits angebrochenen Saison von Mainz in die Autostadt. Dort hinterließ er ohne viel Anlaufzeit Eindruck bei Trainer Glasner, der dem variablen Rechtsverteidiger, der auch im zentralen Mittelfeld spielen kann, uneingeschränkt vertraut. Zuletzt durfte der Youngster sogar auf dem rechten Flügel ran. In Wolfsburg ist Baku nicht nur der Sprung von einem Talent zu einem starken Bundesliga-Profi gelungen, sondern auch in die deutsche Nationalmannschaft.
Doppelsechs als Spiel-Motor - Schwieirgkeiten auf den Flügeln
Im Zentrum hat sich personell wenig verändert. Durch den Ausfall von Kapitän Josuha Guilavogui ist die Doppelsechs Arnold/Schlager gesetzt. Der Vorteil dieses Duos: Beide sind äußerst versiert im Umgang mit dem Ball. Nun muss Arnold zwar eine defensivere Rolle einnehmen, doch diese meistert der Ersatz-Kapitän mit Bravour. Kreative Impulse nach vorne und eine gute erste Mauer vor der Abwehr - das Zentrum ist stiller Treiber im VfL-Spiel.
Ein wenig Luft nach oben gibt es allerdings noch: Eine echte Außenstürmer-Paarung hat sich noch nicht gefunden. Gesetzt ist auf dem linken Flügel eigentlich nur Brekalo. Dieser zeigt nach einem durchwachsenen Start in die Saison langsam aufsteigende Tendenzen. Je ein Treffer und eine Vorlage sind allerdings noch zu wenig. Auf der Zehner-Position und der rechten Außenbahn wechseln sich Renato Steffen, Admir Mehmedi, Maximilian Philipp und Joao Victor ab.
Disput beiseite gelegt! Der Erfolg steht über allem
Dass auf diesen Positionen im Sommer nicht nachgebessert wurde, wie es sich Glasner öffentlich gewünscht hatte, war lange ein Streitpunkt zwischen dem Trainer und Sportdirektor Jörg Schmadtke. Der sogenannte "Spieler für die Tiefe" blieb dem Coach verwehrt. Den Disput haben die Verantwortlichen des VfL mittlerweile jedoch begraben und spätestens seit der jüngsten Erfolge ist erstmal Ruhe in Wolfsburg eingekehrt.
Ruhe, die am Mittwoch, wenn es gegen Rekordmeister Bayern München geht, von großem Wert ist. Zumal der Übungsleiter unter Beweis gestellt hat, dass er auch mit den Leitfiguren um Lacroix, Arnold oder dem derzeit überragenden Weghorst durchaus in der Lage ist, schwierige Spiele für sich zu entscheiden.