Darts-WM 2023: Clemens und Schindler vor deutschem Novum
Clemens und Schindler können WM-Geschichte schreiben
Von Peer Kuni
Mit Gabriel Clemens und Martin Schindler haben es zwei der drei deutschen Spieler bei der Darts-WM 2023 in die dritte Runde geschafft. Direkt nach Weihnachten kann das deutsche Duo für ein Novum im Londoner Alexandra Palace sorgen.
Denn noch nie konnten zwei deutsche Spieler bei einer PDC-Darts-WM ins Achtelfinale einziehen. Clemens schaffte es vor zwei Jahren als erster Deutscher überhaupt, die dritte Runde zu überstehen, nachdem er Titelverteidiger Peter Wright völlig überraschend ausschaltete. Dann kam allerdings das Aus gegen den Polen Krzysztof Ratajski, trotz sieben Matchdarts.
Die Aussicht auf einen weiteren Erfolg im Ally Pally nach den freien Weihnachtstagen könnte allerdings für die beiden verbliebenen Deutschen unterschiedlicher kaum sein. Zumindest auf dem Papier. Clemens trifft am Dienstag im ersten Spiel der Abendsession (20.15 Uhr) auf den Waliser Jim Williams, der sich überraschenderweise gegen den Vorjahres-Halbfinalisten James Wade (Nummer 8 der Setzliste) durchgesetzt hat. Williams ist nur einer von insgesamt drei ungesetzten Spielern, die noch im Turnier sind.
Neben Wade hat es in Runde zwei auch die gesetzten Callan Rydz (Nummer 23) und Darly Gurney (Nummer 24) erwischt. Ansonsten haben sich die Favoriten keine Blößen gegeben. Das gilt vor allem auch für Michael Smith. Der an Position vier gesetzte Vorjahres-Finalist verpasste dem Nordiren Nathan Rafferty mit einem Average von 96,62 den einzigen White Wash in den ersten zwei Runden - denn Rafferty gewann kein einziges Leg.
Smith, der sich im November mit dem Grand Slam of Darts seinen ersten Major-Titel sichern konnte, strotzt nur so vor Selbstbewusstsein und rechnet sich auch im Ally Pally berechtigterweise gute Chancen auf einen Triumph aus. Sein nächster Gegner am Mittwoch (letztes Spiel in der Abendsession): Martin Schindler. Während Schindler, der bei seiner vierten PDC-WM zum ersten Mal ein Spiel gewinnen konnte, als klarer Außenseiter nun also eine Herkulesaufgabe bevorsteht, geht Clemens wiederum als klarer Favorit in sein nächstes Duell.
Superstars geben sich keine Blöße
Im Titelrennen sind neben Smith allerdings andere Spieler die Top-Favoriten. Titelverteidiger Peter Wright (Nummer 2) spielte zum Auftakt gegen Mickey Mansell zwar durchwachsen (Average 88,34), gab aber nur ein Leg ab. Vom Weltmeister aus Schottland muss und wird in Runde drei gegen Kim Huybrechts (Nummer 31) eine Leistungssteigerung kommen. Gleiches gilt für den Waliser Gerwyn Price. Die Nummer eins der Welt hatte beim 3:1-Erfolg über Luke Woodhouse nicht seinen besten Tag erwischt (Average 92,88).
Nächster Gegner von Price ist übrigens der fünfmalige Weltmeister Raymond van Barneveld (Nummer 32). Die Legende aus den Niederlanden setzte sich schon zuletzt beim Grand Slam im direkten Duell im Viertelfinale gegen Price durch. Anders als Wright und Price ließ Michael van Gerwen (Nummer 3) bei seinem 3:0 über Lewy Williams mit einem Average von 101,84 bereits die Muskeln spielen. Nur Ryan Joyce (103,03) spielte bei dieser WM bislang einen noch höheren Average als der Niederländer. Van Gerwen trifft nun auf den Österreicher Mensur Suljovic (Nummer 30).
Auch mit Gary Anderson (Position 11) ist - wie immer bei einer WM - zu rechnen. Seit 2010 hat der Schotte immer mindestens das Achtelfinale erreicht und stand in dem Zeitraum gleich fünfmal im Endspiel, wovon er zweimal gewann. Nach seinem 3:1-Sieg über den Letten Madars Razma (Average 96,39) bekommt es Anderson als Nächstes mit Chris Dobey (Nummer 22) zu tun. Der Waliser Jonny Clayton (Position 7) besiegte den Niederländer Danny van Trijp souverän mit 3:1 (Average 99,62) und trifft nun auf Brendan Dolan (Nummer 26).
Viele Kracherduelle warten
Mit Rob Cross, Danny Noppert, Nathan Aspinall, Dave Chisnall, Joe Cullen, Dimitri van den Bergh und Damon Heta überzeugten auch alle WM-Favoriten aus dem erweiterten Kreis - sie alle spielten einen Average von über 95 bei ihren ersten Auftritten im Alexandra Palace. Neben Price gegen van Barneveld und Cullen gegen Heta ist das Duell zwischen dem frischgebackenem Europameister Ross Smith (Position 19) und Dirk van Duijvenbode (Position 14) mit Sicherheit das Spiel der dritten Runde.
Wenn wir bereits einen Schritt weitergehen und auf die möglichen Achtelfinalpartien schauen, dann werden uns dort fast ausschließlich Kracherduelle erwarten. Aus deutscher Sicht würde Clemens im Falle eines Erfolgs gegen Williams dann auf Noppert oder Alan Soutar treffen, im Viertelfinale könnte Price warten. Sollte Schindler die Sensation gegen Smith gelingen, würde als nächstes Cullen oder Heta warten, im Viertelfinale wäre ein Duell mit Humphries möglich.
Darts-WM bereits ein Erfolg
Zwei Dinge stehen allerdings bereits jetzt schon fest: Ein deutsches Finale um die 70-Zentimer große und 25 Kilogramm schwere Sid-Waddell-Trophäe wird es definitiv nicht geben. Denn Clemens und Schindler würden im Halbfinale aufeinandertreffen. Und: Aus deutscher Sicht ist die WM-Bilanz mit dem Zweitrundeneinzug von Hempel sowie dem Weiterkommen von Clemens und Schindler schon jetzt ein voller Erfolg.
Hempel hat 15.000 Pfund eingestrichen, Clemens und Schindler je 25.000 - bei einem weiteren Sieg wären bereits 35.000 fix, der neue Weltmeister bekommt übrigens 500.000. Dazu haben die beiden gesetzten Deutschen mit dem Einzug unter die letzten 32 ihre Positionen unter den gesetzten Spielern in der Weltrangliste behauptet. Jeder weitere Sieg ist ein Bonus.