Das große Thema nach dem Qualifying zum Großen Preis von Österreich waren die Track Limits. 18 der 20 Piloten bekamen von den Stewards Rundenzeiten gestrichen. Das führte bei den Fahrern und Teams zu einem großen Chaos.
Max Verstappen, Carlos Sainz, die beiden Alpine-Piloten sowie auch Nico Hülkenberg und Sergio Perez waren im Qualifying unter anderem betroffen. Insgesamt wurden 47 Rundenzeiten nachträglich gestrichen, nur Charles Leclerc und Logan Sargeant blieben verschont. Besonders bitter traf es Perez. Dem Mexikaner wurden in Q2 gleich drei schnelle Runden aberkannt. Dadurch verpasste er Q3 und wird in Spielberg nur von Startplatz 15 aus ins Rennen gehen.
"Wenn du am Ende einer guten Runde bist, dann wirst du plötzlich durch langsame Autos blockiert. Und dann bekommst du wegen der Track Limits eine Strafe. Ich denke, das System ist falsch", kritisierte Perez bei Sky das Regelwerk. Der 33-Jährige fühlte sich in seiner besten Runde durch Williams-Pilot Alex Albon in der Doppel-Rechtskurve vor Start-und-Ziel massiv behindert.
Hülkenberg erklärt Schwierigkeit
Besonders in den Kurven neun und zehn fuhren die Fahrer immer wieder mit allen vier Reifen neben die weiße Rennlinie. "Aber es ist nicht immer einfach", erklärte Hülkenberg bei Sky und betonte: "Du bist am Limit und kämpfst um Tausendstel. Das ist am Ende ein ganz kleines Fenster, ein Ritt auf der Rasierklinge. Und es ist so einfach, diesen Zentimeter da drüber zu fahren."
Dem Haas-Piloten wurde zwar auch eine Runde gestrichen, allerdings profitierte Hülkenberg auch in Q2 von den aberkannten Runden von Perez und Esteban Ocon. Sonst wäre der Emmericher bereits vorzeitig ausgeschieden: "Aus dem Auto ist das sehr schwer zu sehen, du bist da in einer sehr tiefen Position. In Q1 wurde mir meine erste Runde gestrichen, dabei dachte ich, dass ich noch Puffer gehabt habe. Dem war aber nicht so. Dann habe ich meine Referenz für mich noch sicherer gesetzt."
Marko fordert Regelanpassung
Polesetter Verstappen pflichtete Hülkenberg bei. "Wegen der Track Limits war es sehr schwer. Bei diesem Tempo ist es so schwer, die weißen Linien zu sehen. Die Autos sind groß und schwer", so der Weltmeister, der sich schon während der Qualifikation am Boxenfunk lautstark über gestrichene Zeiten beschwerte. "Das ist ein Witz mit den Track Limits, ehrlich. Lächerlich", moserte er.
Auch Red Bulls Motorsportchef Helmut Marko wurde hingegen am Sky Mikrofon deutlich. "Wir haben hier eine derartig tolle Motorsport-Arena und dann wird das ganze Bild mit diesen Linien überfahren, nicht überfahren, getrübt. Das war nicht nur bei Sergio. In der Formel 2 war dies bei 50 Prozent des Feldes der Fall. Da muss man sich für das nächste Jahr eine andere Lösung einfallen lassen", so der Grazer und fügte noch an: "Diese Linien-Geschichte ist eine unglückliche Sache."
Hill und Norris kritisieren Perez
Allerdings bekamen Perez und Red Bull auch deutlich Gegenwind. Sky UK Experte und 1996-Weltmeister Damon Hill meinte zum Perez-Aus: "Ich habe schon oft mit Teamchefs gesprochen, auch früher. Und dann stellt man die Frage: 'Wieso schmeißt du eine sichere Runde weg?'. Mit einer sicheren Runde bleibst du einfach innerhalb der weißen Linien und setzt eine Zeit auf das Tableau. Jeder kennt die Regeln, jeder muss diese Runde liefern."
Mit Lando Norris reagierte auch ein aktueller Fahrer auf die Beschwerden von Red Bull bezüglich der Track Limits. "Das ist hier seit einigen Jahren so, und wir beschweren uns immer. Es gibt Kompromisse, die wir eingehen sollten. Eine Kleinigkeit passiert in der Ecke und das Spiel ist vorbei. Man muss sich zwingen, auch mal vom Gas zu gehen. Man will es nicht tun, aber der Red Bull ist schnell genug, um vom Gas zu gehen und zu überleben", so der McLaren-Pilot gegenüber Sky UK.
Wie gehen die Stewards nun vor?
Nach den ganzen Diskussionen um die Track Limits bleibt nun die Frage, wie die Stewards um Ex-Arrows-Pilot Enrique Bernoldi im Sprint-Qualifying, im Sprint (24 Runden) sowie vor allem im Hauptrennen am Sonntag (71 Runden) umgehen? Üblicherweise bekommt ein Fahrer im Rennen nach drei Überschreitungen der weißen Linie mit allen vier Reifen die schwarz-weiße Warnflagge, ein weiteres Vergehen wird dann mit einer Fünf-Sekunden-Zeitstrafe belegt.
Wenn Bernoldi und Co. diese Regelung auch am Samstag und Sonntag konsequent anwenden, droht ein Strafenchaos. Dabei dann den Überblick zu behalten, ist für alle Beteiligten schwer. "Es ist schade, so eine Situation zu haben. Wir haben im Qualifying manchmal die Benachrichtigung über eine gestrichene Runde einfach zu spät bekommen. Wir mussten Carlos [Sainz, Anm. d. Red.] noch einmal auf die Strecke schicken, weil wir nicht wussten, was genau so war", berichtete Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur bei Sky.
Kiesbetten oder Leitplanken sinnvoll?
Welche Lösungen wären denkbar, um Strafenflut und Chaos zu verhindern? "Entweder macht man höhere Curbs, die das Auto automatisch langsamer machen, wenn du drauffährst - oder alte Schule: Kiesbett. Ein paar werden dann stecken bleiben, ein paar nicht. Aber so wie es jetzt ist, ist es sicherlich keine Lösung", sagte Marko, der mit auf eine einheitliche Meinung unterhalb aller Fahrer hofft, um eine Änderung bei der FIA zu erwirken.
Vasseur sieht dem allerdings skeptisch entgegen: "Es gibt keine gute oder richtige Lösung. Wenn wir Kiesbetten hier anlegen würden, dann beschweren wir uns über die Kiesbetten. Wenn wir Leitplanken hinstellen, dann werden wir uns irgendwann darüber beschweren." Für Fans und Zuschauer jedenfalls ist die aktuelle Handhabung in Spielberg äußerst unübersichtlich.
Das Thema Track Limits bleibt in Österreich allgegenwärtig.
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