Formel 1 News: Heidfeld-Kolumne zu Vettel und Aston Martin

Heidfeld: Vettel wäre für Aston Martin "eine große Hilfe"

Von Nick Heidfeld

Image: Nick Heidfeld beleuchtet in seiner Kolumne bei Sky die wichtigsten Themen rund um den Formel-1-Zirkus.

In der Formel 1 geht es am Wochenende in Silverstone weiter. Ex-Formel-1-Fahrer und Sky Experte Nick Heidfeld spricht in seiner Kolumne über die schwachen Leistungen von Ferrari, den Druck dort und ein mögliches Engagement von Sebastian Vettel bei Aston Martin. Für Lewis Hamilton hat er viel Lob.

Ferrari erlebt momentan den schlechtesten Saisonstart seit 2009. Damals hatten Kimi Raikkönen und Felipe Massa nach drei Rennen null Punkte! Jetzt haben sie zwar 27 Punkte, sind aber trotzdem meilenweit von ihren Zielen entfernt. Charles Leclerc und Sebastian Vettel wurden von Lewis Hamilton in Ungarn sogar überrundet! Was für eine Demütigung. Sie wollten doch eigentlich um den Titel mitfahren…

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Sorge bei Ferrari ist begründet

Ex-Ferrari-Chef Luca di Montezemolo sieht die Gefahr einer mehrjährigen Krise und fordert Konsequenzen. Ja! Konsequenzen muss es geben. Problematisch ist aber, dass es mit ein paar Personalien in diesem Jahr sicher nicht mehr großartig besser wird.

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Di Montezemolo hat die Sorge, dass es für Ferrari auf Jahre hinaus schlecht laufen wird. Diese Sorge ist begründet. Es würde mich nicht überraschen, wenn man große Veränderungen vornimmt - auch dass man Mattia Binotto auswechselt.

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Aber ein Teil der Wahrheit ist auch, dass es eine große Stärke von Mercedes war und ist, Konstanz in der Führungsebene zu haben. Im Gegensatz dazu ist es eine Schwäche von Ferrari, mit Hauruck-Aktionen alle möglichen Dinge zu ändern. Von daher könnte man auch sagen, dass die ruhige Art von Binotto dem Team auch gut tun könnte. Gerade in der jetzigen Situation.

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Leclerc hat zuletzt keine gute Figur abgegeben

Wenn Ruhe seine große Stärke ist, dann ist die fehlende Durchsetzungsfähigkeit gegenüber Leclerc und Vettel seine große Schwäche. Gerade im letzten Jahr war es eine Katastrophe, wie er Charles und Sebastian gemanagt hat. Dieses Jahr sind sie sich auch gleich wieder ins Auto gefahren.

Leclerc hat in den beiden letzten Rennen keine gute Figur abgegeben. Zuerst anfängerhaft sich und Sebastian direkt beim Start aus dem Rennen genommen, dann nach einem schwachen Rennen nur als Elfter ins Ziel gekommen.

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Was ich schon seit Monaten sage: Leclerc wurde Ende letzten Jahres schon als der große Heilsbringer gesehen. Gerade von italienischer Seite. Der Traum: Er setzt sich ins Auto und ihm gelingt das, woran so viele schon gescheitert sind: Weltmeister werden!

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Es wurde so viel auf ihn projiziert, das konnte er gar nicht erfüllen. In den Monaten und Wochen vor Saisonstart war er ein "Halb-Gott." Einer, der alles kann. Der Sunnyboy! Aber es war da schon klar, dass es völlig unrealistisch ist, was von ihm erwartet wird.

Erwartungen an Leclerc waren zu hoch

Selbst wenn er der beste Fahrer der Welt wäre: Es läuft nicht immer alles rund! Gerade in einem Auto, das nicht funktioniert. Da kannst du den Ansprüchen gar nicht gerecht werden. Vor allem in Italien mit Ferrari im Rücken kann und wird es mit diesem Auto eine ganz schwierige Zeit für ihn werden.

Keiner ist fehlerfrei und er ist noch relativ jung. Am Anfang wird ihm positiv ausgelegt, wenn er zu seinen Fehlern steht. Wie letztes Jahr in Baku. Oder nach dem Startunfall in Spielberg mit Sebastian, als er die Schuld auf sich genommen hat. Das finde ich aus Fahrersicht sehr positiv. Nur so kann er sich verbessern! Aber: Das kann er natürlich nicht mehrmals machen.

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Wenn ihm weitere Fehler passieren und er wieder so offen auftritt und sagt: "Mein Fehler!" Dann wird die Presse sagen: "Schaut! Er sagt ja selber es ist sein Fehler! Was macht er denn da? Was haben wir denn da für einen an der Spitze! So wird man nicht Weltmeister!" Das kann sich ganz schnell drehen und zu einer schwierigen Situation für ihn werden.

Nirgendwo ist der Druck größer als bei Ferrari. Glücklicherweise ist aber genau das die große Stärke von Charles: Mit Druck umgehen. Das hilft vor allem bei Ferrari sehr. Nirgendwo sind die Erwartungen größer. Eine wesentliche Frage ist jetzt: Wie kann er sich noch weiterentwickeln? Ich bin gespannt, wie weit die Kurve noch nach oben geht. Wie viel er noch lernen wird. Das wird spannend zu beobachten sein.

Vettel für Aston Martin eine "große Hilfe"

Sebastian Vettel steht gerade vor einer sehr schwierigen Entscheidung. Nach dem Aus bei Ferrari hat er anfangs gesagt, dass er nur bei einem Topteam weitermachen wolle. Mittlerweile spricht er aber nur noch von "einem guten Paket", das er sich wünscht. Für mich bedeutet das, dass er die Tür schon etwas weiter aufgestoßen hat, dass er weiter in der Formel 1 bleiben möchte.

In diesem Video spricht Sky Experte Ralf Schumacher über Ferraris Änderungen und Sebastian Vettels Zukunft. (Länge: 1:41 Minuten)

Mittelfristig kann Aston Martin für ihn eine gute Option sein. Auch wegen der Mercedes-Motorisierung. Das würde passen. Für beide Seiten. Aber vor allem für das Team. Sebastian wäre eine große Hilfe. Nicht nur aus Fahrersicht, sondern vor allem wegen seinem Wissen. Er ist Vierfacher Weltmeister! Er weiß wie Weltmeisterteams funktionieren - und nicht funktionieren. Er ist bei Red Bull und Ferrari gefahren. Zweifellos kann Sebastian für jedes Team mit Ambitionen den Unterschied machen.

Wenn man sich die aktuelle Performance im Vergleich zum Ferrari ansieht, würde er sich bei Aston Martin verbessern: Wahrscheinlich mindestens kurzfristig.

Hamiltons Leistung atemberaubend

Die Leistung von Lewis Hamilton ist wirklich atemberaubend. Seine 90. Pole hat er in Budapest geholt. Der Mann ist eine Klasse für sich. Was ihn für mich so besonders macht, ist seine Ruhe, die er ausstrahlt. Das ist seine ganz große Stärke. Wenn ich mir den Hamilton am Anfang seiner Formel-1-Karriere so anschaue und ihn mit Lewis von heute vergleiche, ist er jetzt ein ganz anderer Typ.

Das Fahrtalent hat er natürlich schon damals gehabt. Aber wenn es früher mal nicht rund lief, er mal hinten war in den Punkten, da hat er ganz anders agiert als heute. Jetzt ist er sechsfacher Weltmeister! Jetzt hat er die Ruhe, das Wissen und vor allem das Selbstvertrauen. Wenn er wie jetzt beim ersten Rennen hinter Bottas ankommt, flippt er nicht aus und macht im nächsten Rennen einen Blödsinn. Was ihm am Anfang seiner Karriere gut hätte passieren können. Jetzt weiß er um seine Stärken, konzentriert sich, versucht das Beste herauszuholen. Da hat er eine unglaubliche innere Ruhe. Das zeichnet ihn aus.

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Nürburgring-Comeback sind tolle Neuigkeiten

Tolle Neuigkeiten, dass es nun mit dem Rennen am Nürburgring einen GP in Deutschland geben wird. Schade aber natürlich, dass dies genau wie beim ebenso angekündigten Highlight von Imola wohl ohne Fans an der Strecke stattfinden wird.

Bisher haben wir jedenfalls drei tolle Rennen erlebt. Alles hat reibungslos funktioniert. Wenn es so weitergeht, können wir uns auf eine fabelhafte Saison freuen. Jetzt geht's für zwei Rennen zum Klassiker nach Silverstone in England. Tolle Aussichten!

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