Knapp 1200 Fälle sind nach dem Rennende in Spielberg noch geprüft worden. Acht Fahrer wurden Stunden später im Nachgang bestraft. Der Österreich-GP wurde zum Debakel. Sky Experte Timo Glock erklärt, welche Lehren daraus zu ziehen sind.
Kaum einer der 20 Piloten, die am vergangenen Sonntag beim Großen Preis von Österreich über den Asphalt düsten, hielt sich dabei im vorgegebenen Rahmen der Streckenbegrenzung. Nach dem Rennen wurde das Tableau aufgrund einer Vielzahl an nachträglichen Strafen noch durcheinander gewirbelt, erst um 21:45 Uhr Ortszeit stand das endgültige Ergebnis fest. Ein Fiasko, befindet auch Sky Experte Timo Glock.
Es braucht eine Lösung für Track Limits
"Am Ende ist es nicht gut für den Sport. Es darf nicht passieren, dass man am Ende nicht weiß, ob das Podium oder die Top 10 so sind, wie sie sind", erklärt Glock. "Da muss man dringend eine Lösung für die Strecken finden, bei denen das Thema Track Limits ein Problem ist."
Sowohl die Rennleitung als auch die FIA mussten nach dem Rennen einiges an Kritik für den Umgang mit der Situation einstecken. Dabei hätte auch nicht jeder Regelverstoß geahndet werden müssen. "Da waren viele Track Limits dabei, bei denen wir über eine Entscheidung von ein paar Millimetern sprechen, die zeitlich überhaupt keinen Vorteil bringen, da muss man abwägen", so der Sky Experte. Letztlich hätten die Statuten aber auch keinen wirklichen Spielraum zugelassen. "Am Ende hat die Rennleitung ein Reglement aufgestellt, an das man sich hartnäckig hält. Aber das Problem ist einfach, dass die Rennstrecken das erlauben."
FIA erklärt "beispiellose Situation"
Das räumte auch der Automobilverband im Nachhinein ein. In Spielberg sei eine "beispiellose Situation entstanden" und durch potenziell viele Regelbrüche konnten nicht alle möglichen Verstöße während des Wettkampfs überprüft werden, so die FIA. Dazu hätten das Streckenlayout sowie die Fahrweise der Piloten beigetragen. Infolge dessen empfahl die FIA eine Änderung der Strecke: Es solle ein Kiesbett am Ausgang der Kurven neun und zehn eingebaut werden.
Glock nimmt unterdessen die Rennleitung in Schutz: "Natürlich ist es brutal schwer, wenn 20 Autos im Kreis fahren, und du auf jedes Auto ein Auge haben musst. Jede Runde lang bei Kurve neun und zehn. Da kann es passieren, dass nach ein paar Runden das menschliche Auge ein bisschen nachlässt und man nicht mehr hinterherkommt." Das gesamte Wochenende hatte es in Spielberg große Probleme gegeben, weil die Fahrer ihre Autos nicht innerhalb der weißen Linie halten konnten.
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"Wäre da eine Mauer, Kiesbett oder Gras, hätten wir das Problem nicht", benennt Timo Glock eine mögliche Lösung des Problems. "Da würde jeder Fahrer natürlich trotzdem ans Limit gehen, aber mit den gewissen ein bis zwei Prozent würde man auf Nummer sicher gehen, dass man keinen Fehler macht, weil der Fehler dann bestraft wird. Momentan werden die Fehler so nicht bestraft. Natürlich mit einer 5-Sekunden-Zeitstrafe, aber das ist nicht der richtige Weg. Das Problem wäre einfach nicht da - siehe Monaco oder Singapur - auf Strecken, bei denen klar ist, dass du in der Mauer landest, wenn du einen Fehler machst. Das ist natürlich immer auch ein Sicherheitsaspekt."
Esteban Ocon erhielt 30 Strafsekunden
Die meisten Strafen erhielt Esteban Ocon am Sonntag, auf dessen Rennzeit insgesamt 30 Sekunden addiert wurden. Außerdem wurden Verstöße von Nyck de Vries (15 Sekunden), Lewis Hamilton (10), Pierre Gasly (10), Carlos Sainz (10), Logan Sargeant (10), Alexander Albon (10) sowie Yuki Tsunoda (5) sanktioniert. Das Problem sei allerdings anders gelagert, erklärt der Sky Experte weiter.
"Das Hauptproblem sind in meinen Augen die Doppel-Kerbs. Die erlauben dem Fahrer so weit zu gehen. Wäre dahinter ein Kiesbett oder Gras, gäbe es das Problem nicht. Oder die gelben Sausage-Kerbs, aber dabei gehen die Autos kaputt. Es ist ein schwieriges Thema, dadurch dass die Rennstrecken gewisse Kompromisse eingehen müssen, was die Run-Off-Area angeht für Motorräder oder eben Formel-1-Autos." Die sogenannten Sausage-Kerbs sollen sicherstellen, dass Fahrer die Kurven nicht schneiden, bilden aber zugleich eine Rampe, von der der Wagen hochkatapultiert werden kann. Einige Piloten sprechen sich daher entschieden gegen solche Kerbs aus.
Gras, Kies oder Sausage-Kerbs?
Wie verhindert man also solch chaotische Rennwochenenden in Zukunft? "Die Rennstrecken müssen sich überlegen, was möglich sein kann", resümiert Glock. "Beim Doppel-Kerb ist die Frage, ob das Sinn ergibt. Vielleicht muss man auch nochmal überdenken, hinter dem rot-weißen Kerb eine Grasnarbe anzulegen, aber dann hätte man Dreck auf der Strecke. Da muss sich die FIA Gedanken machen." Letztlich plädiert der Sky Experte aber auch für die Lösung, für die sich auch die FIA einsetzt. "In meinen Augen wäre ein Kiesbett die beste Lösung. Aber dann hat man wieder das Problem, dass es für die Motorräder nicht passt."
Eine Lösung muss in jedem Fall her. Wie am Rennwochenende bekannt gegeben wurde, hat sich der Große Preis von Österreich nämlich langfristig einen Platz im Rennkalender gesichert. Der Vertrag wurde vorzeitig um drei weitere Jahre bis 2030 verlängert.
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