Sören Gonther ist ein Kind der 2. Liga. Als Abwehrspieler hat er für Paderborn, St. Pauli, Dresden und Aue 294 Zweitligaspiele absolviert und elf Tore erzielt. Als Sky Experte analysiert er die Spiele im Unterhaus. Im Interview spricht er über seine Ex-Klubs und sagt, wer den Aufstieg schafft.
Skysport.de: Herr Gonther, was bringen Sie als neuer Sky Experte für die 2. Liga mit?
Sören Gonther: Ich habe 14 meiner letzten 15 Profijahre in der 2. Liga verbracht. Sie ist also ein Stück weit "meine" Liga. Ich befasse mich aber generell sehr viel mit Fußball, darum hatte ich in meinen Mannschaften den Spitznamen "Kicker". (lacht)
Skysport.de: Ihre Stationen waren SC Paderborn, FC St. Pauli, Dynamo Dresden und Erzgebirge Aue. Wo haben Sie Ihre Heimat gefunden?
Gonther: Ich war fünf Jahre in Paderborn, fünf Jahre in Hamburg und fünf Jahre in Dresden. Von dort aus bin ich anschließend immer nach Aue gependelt. Nachdem ich 2017 zu Dynamo gewechselt war, sind wir mit der Familie in Dresden heimisch geworden, hier sind die letzten beiden meiner vier Kinder geboren. Wir fühlen uns wohl, uns geht es gut.
Skysport.de: Zu welchen ihrer ehemaligen Vereine haben sie eine besonders innige Beziehung?
Gonther: Für Dresden habe ich wegen eines Kreuzbandrisses leider nicht so häufig gespielt. Auch wenn ich viele Partien für Erzgebirge Aue bestritten habe, ist meine Beziehung zu Paderborn und St. Pauli spezieller. Bei St. Pauli war ich lange Kapitän und hatte dort eine tolle Zeit, meine ersten beiden Töchter sind in Hamburg geboren, das wird mich immer mit der Stadt verbinden. Und in Paderborn bin ich Profi geworden. In dieser Zeit sind ganz dicke Freundschaften entstanden.
Skysport.de: Zu wem haben Sie noch immer guten Kontakt?
Gonther: Da ist zunächst Sören Brandy. Wir fahren jedes Jahr zusammen in den Urlaub, unsere Frauen sind beste Freundinnen und unsere Kinder sind gleich alt. Mit Markus Krösche, der jetzt Sportvorstand bei Eintracht Frankfurt ist, bin ich gut befreundet, genau wie mit U21-Trainer Thomas Bertels und Physiotherapeut Jörg Liebeck.
Skysport.de: Was war das Besondere in Paderborn?
Gonther: Der Verein war immer sehr familiär geführt, unsere Mannschaft war ein verschworener Haufen. Wir sind zwar damals abgestiegen, aber danach direkt wieder in die 2. Liga aufgestiegen. Für uns war das ein riesiger Erfolg. Der Verein hat sich sehr positiv entwickelt, war Sprungbrett für Spieler, Trainer und Manager, wie Kröschi (Markus Krösche) oder Fabian Wohlgemuth, der jetzt beim VfB Stuttgart arbeitet.
Skysport.de: Welcher Trainer hat Sie besonders beeindruckt?
Gonther: Roger Schmidt ist ein top Trainer. Er war vielleicht der kompletteste Coach, den ich beim SCP hatte, auch wenn es damals leider nicht ganz zum Aufstieg in die Bundesliga gereicht hat.
Skysport.de: Was ist diese Saison für den SCP drin?
Gonther: Der Kader ist sehr gut zusammengestellt und man sieht ganz deutlich die Handschrift von Trainer Lukas Kwasniok. Leider hat Paderborn durch die letzten vier Spiele der Hinrunde etwas den Anschluss an die Aufstiegsplätze verpasst. Es wird sehr schwer, den Rückstand von sieben Punkten auf Platz drei noch aufzuholen.
Skysport.de: Was war beim St. Pauli speziell?
Gonther: Ich war drei Jahre lang Kapitän und durfte die Mannschaft aufs Feld führen. Am Millerntor herrscht eine ganz besondere Atmosphäre, wie ich sie in keinem anderen Stadion erlebt habe. Nicht dass es lauter wäre als in anderen Stadien, aber die Stimmung ist ganz besonders. Ich hatte immer Gänsehaut, wenn ich auf den Rasen gelaufen bin.
Skysport.de: Wie schätzen Sie die aktuelle Situation im Verein ein?
Gonther: Sie ist schwierig und gefährlich, das gilt auch für andere Mannschaften wie Nürnberg und Bielefeld mit ähnlichen Ansprüchen. Die Entlassung von Trainer Timo Schultz habe ich nicht verstanden. Ich bin sehr gespannt auf die Arbeit von Fabian Hürzeler. In Peter Nemeth hat Andreas Bornemann einen sehr guten Co-Trainer verpflichtet, ihn hatte ich unter Uwe Neuhaus als Co.. Peter ist fachlich super und ein ganz feiner Charakter. Von ihm werden das Trainerteam und die Mannschaft auf jeden Fall profitieren. Ich habe die Hoffnung und bin mir ziemlich sicher, dass St. Pauli mit dem Abstiegskampf nichts zu tun haben und sich weiter oben platzieren wird.
Skysport.de: Wo erwarten Sie als ehemaliger St. Paulianer den Hamburger SV am Ende der Saison? Schafft der HSV nach der knapp verlorenen Relegation dieses Mal endlich den Aufstieg?
Gonther: Die Annahme liegt nahe, dass sie dieses Jahr dran wären. Aber der HSV ist in den vergangenen Jahren im Frühjahr immer aus unerklärlichen Gründen abgestürzt. Die Doping-Thematik mit Vuskovic, der Leibold-Abgang und Kittel, der den Verein eventuell verlässt - das alles spricht nicht für die Hamburger. Ich glaube, dass sie es am Ende wieder nicht schaffen werden.
Skysport.de: Wer wird den Aufstieg schaffen?
Gonther: Heidenheim hat qualitativ eine gute Truppe, in Frank Schmidt einen erfahrenen Trainer, der weiß, wie die 2. Liga funktioniert. Sie haben schon 33 Punkte gesammelt und werden sich zumindest mit der Relegation belohnen. Darmstadt ist dieses Jahr dran. Nachdem man letztes Jahr die Aufstiegsplätze so knapp verpasst hat, spürt man jetzt den Hunger und den unbedingten Wunsch, es zu schaffen. Ich bin überzeugt davon, dass sie sich den Aufstieg nicht mehr nehmen lassen. Torsten Lieberknecht musste im Sommer wichtige Spieler wie Skarke und Pfeiffer abgeben, aber er hat die richtigen Kniffe getätigt, das System geändert und die Mannschaft noch einmal weiterentwickelt. Hannover hat einen großen Umbruch hinter sich, Trainer Stefan Leitl hat aus den Einzelkönnern eine Einheit geformt. Ich traue ihm und seinem Team den Aufstieg zu.
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Skysport.de: Was macht die 2. Liga so reizvoll?
Gonther: Die 2. Liga ist ein absolutes Stahlbad. Man muss sich an ihren Fußball gewöhnen und ihn annehmen. Dann wird man am Ende erfolgreich sein. An einem Spieltag kann immer jeder jeden schlagen. Es gibt kaum eine Mannschaft, die souverän ohne Schwächephase durchmarschiert, und es gibt tendenziell nur wenige Teams, die total abgeschlagen am Tabellenende stehen. Neun Vereine spielen um den Aufstieg, neun gegen den Abstieg. Diese Spannung macht die 2. Liga aus.
Das Interview führte Thorsten Mesch