Alexander Schwolow macht fast täglich Erfahrungen mit der Leidenschaft der schottischen Fußballfans - teilweise an der eigenen Haustür.
"Wenn bei mir ein Paket-Lieferant klingelt und sagt: 'Krass, was für eine Saison'", berichtet der erfahrene Torhüter im SID-Gespräch, dann merke er: "Wir sind auf dem Weg zu etwas Besonderem."
Denn Schwolow, in der Bundesliga einst für Freiburg, Hertha BSC, Schalke und Union Berlin aktiv, darf mit seinem neuen Arbeitgeber Hearts of Midlothian von nicht weniger als einer Sensation im schottischen Fußball träumen: Mit dem Traditionsklub aus Edinburgh führt Schwolow die Premiership an - und ist nicht erst seit dem Sieg im Topspiel gegen die Glasgow Rangers am Sonntag (2:1) ein echter Titelanwärter.
Seit 40 Jahren kein neuer Meister
"Ich hoffe sehr, dass wir diese Saison zu etwas ganz Besonderem machen können", sagte Hearts-Coach Derek McInnes nach dem Erfolg, der die vom deutschen Teammanager Danny Röhl betreuten Rangers vorerst aus dem Meisterschaftsrennen geworfen hat.
1985 hat es in Schottland letztmals einen Meister gegeben, der nicht Celtic oder Rangers hieß, die Dominanz der Großklubs aus Glasgow ist erdrückend. Bei jeweils einem Spiel weniger als die Hearts haben Meister Celtic sechs und die Rangers nun zwölf Punkte Rückstand. Nach Siegen gegen Celtic (2:1, 3:1) kam es auf den Straßen Edinburghs in dieser Saison bereits zu Autokorsos.
"Andere Teams nicht so gut wie sonst"
Es waren mutmaßlich nicht die letzten. Mit Schwolow im Tor stellen die Hearts zusammen mit Celtic die beste Defensive der Liga (14 Gegentore). In 16 von 18 Ligaspielen erzielten sie mindestens ein Tor - kein Team in der Premiership trifft so verlässlich. "Ich höre immer wieder, dass wir nur deshalb an der Tabellenspitze stehen, weil die anderen Teams nicht so gut sind wie sonst", sagte McInnes: "Aber unsere Punktzahl entspricht in etwa der, die ein Team an der Tabellenspitze haben sollte. Ich gehe davon aus, dass wir im Laufe der Saison noch besser werden."
Ein wichtiger Faktor ist dabei der 33-jährige Schwolow, der im Sommer kurzzeitig vereinslos war und mit sieben Spielen ohne Gegentor bei insgesamt 14 Einsätzen bislang restlos überzeugte. Die ekstatischen Fans weiß er hinter sich in einer Situation, in der er nach schwierigen Jahren endlich wieder positiven Druck genießen kann - weil es etwas zu gewinnen gibt. Bei seinen vorherigen Stationen in Berlin oder auf Schalke sei das anders gewesen, deutete Schwolow an, der insgesamt 206-mal in der Bundesliga auflief: "Natürlich nagen der Abstiegskampf und die Situationen in den Vereinen an der Substanz."
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