DFB-Manager Oliver Bierhoff hat sich erstmals nach der Erdogan-Affäre um Mesut Özil vom Mittelfeldspieler der deutschen Nationalmannschaft distanziert. "Man hätte überlegen müssen, ob man sportlich auf ihn verzichtet", sagte Bierhoff in einem Interview mit der Welt.
"Wir haben Spieler bei der deutschen Nationalmannschaft bislang noch nie zu etwas gezwungen, sondern immer versucht, sie für eine Sache zu überzeugen. Das ist uns bei Mesut nicht gelungen", erklärte der ehemalige Nationalspieler.
Özil hatte sich nach der Veröffentlichung der Bilder mit dem türkischen Staatspräsidenten Rexep Tayyip Erdogan nicht zu dem brisanten Thema geäußert.
Kein Wort zur Erdogan-Affäre
Am Medientag des DFB im WM-Trainingslager in Südtirol fehlte er als einziger Spieler. Ilkay Gündogan, der sich ebenfalls mit Erdogan hatte ablichten lassen, gab ausgewählten Journalisten Interviews und hatte auch vorher schon ein Statement abgegeben.
"Aber man muss eben auch mal festhalten, dass Mesut das, was von ihm erwartet wurde, aus bestimmten und offensichtlichen Gründen so hätte nicht sagen können", meinte Bierhoff: "Ilkay Gündogan hat gesprochen und hat sich auch sehr geöffnet. Trotzdem ist er ebenso und weiterhin hart kritisiert worden."
Thema nicht klar genug geregelt
Nach dem historischen WM-Aus in der Vorrunde wurde Özil von der Öffentlichkeit zu einem der Sündebocke auserkoren und harsch kritisiert.
"Ich glaube, die Tatsache, dass Mesut und Ilkay die Fotos gemacht haben, hat die Mannschaft nicht so sehr beschäftigt. Aber die Debatte war nachhaltig. Im Rückblick würde ich versuchen, dieses Thema noch klarer zu regeln", sagte Bierhoff.
Zu große Distanz zu den Fans? Bierhoff wehrt sich
Die immer öfter thematisierte Entfremdung zwischen den Fans und der Nationalmannschaft hat Bierhoff nach eigenen Angaben "registriert" und nimmt "diese Wahrnehmung sehr ernst", wehrt sich diesbezüglich jedoch auch gegen einige Behauptungen.
"Im Trainingslager sind die Spieler teils mit dem Fahrrad zum Trainingsplatz gefahren, haben bei den wartenden Fans angehalten und Autogramme geschrieben. Oft wird da einiges verklärt, denn solch eine Nähe gab es zu meiner aktiven Zeit nie", sagte Bierhoff.
Daum kritisiert Özils Schweigen
Der ehemalige Bundesligatrainer Christoph Daum kritisierte im Sky Interview Özils Fehlen beim Medientag vor dem Start der Gruppenphase. "Wie geht es, dass die ganze Mannschaft einen Medientag hat und ein Spieler hat das Recht an diesen Medientag nicht teilzunehmen?"
Gerade solche Aktionen hätten doch dazu geführt, dass "nie das Gefühl einer Einheit" aufkommt.