Für Borussia Dortmund war es ein Abend zum Vergessen. Nach einem Doppelpatzer von Torhüter Roman Bürki droht dem BVB das Aus in der Vorrunde der Champions League. Nach den Pleiten bei Tottenham (1:3) und gegen Real Madrid (1:3) reicht den Schwarz-Gelben das 1:1 bei Nikosia wohl kaum zum Einzug in die K.o.-Phase.
Trainer Peter Bosz war nach der Partie bedient: "Das Resultat ist enttäuschend. Wir haben gut angefangen, aber leider kein Tor geschossen. Dann wurde es langsamer und schlechter. Am Ende müssen wir glücklich sein, dass wir unentschieden spielen."
Seinen Keeper wollte der BVB-Coach trotz dessen Patzer aber gleich aus der Schusslinie nehmen: "Er hat gepatzt, das weiß er selbst", sagte Bosz nach dem Spiel, "aber er hat uns schon sehr oft geholfen, jetzt muss die Mannschaft für Roman da sein."
Schmelzer: Mannschaft steht hinter Bürki
Dass die Mannschaft das ist, unterstrich Kapitän Marcel Schmelzer. "Er hat riesige Qualitäten mit dem Fuß. Das ist jetzt einmal schief gegangen. Ich fand es gar nicht so schlimm", sagte Schmelzer, der einen Vergleich mit Manuel Neuer heranzog: "Bei einem der besten Torhüter der Welt passiert es auch manchmal - oder ist anfangs oft passiert."
In der Mannschaft und im Verein gebe es um den Schweizer, der bereits gegen RB Leipzig (2:3) geschwächelt und in der Königsklasse drei Tore in die kurze Ecke kassiert hatte, "gar keine Diskussion. Roman ist unsere klare Nummer eins."
Lienen: "Bürki steht neben sich"
Bürki hatte vor dem 1:0 für Nikosia durch Mickael Pote (62.) erst einen fatalen Fehlpass gespielt und dann den Ball nach einem Schuss vor die Füße des Torschützen prallen lassen.
Sky Experte Ewald Lienen war nicht so gnädig in seinem Urteil über den BVB-Torwart: „Roman Bürki steht im Moment neben sich. Er ist nicht gut drauf und trifft die falschen Entscheidungen. In dieser Saison macht er einen Fehler nach dem anderen. Die beteiligten Torwart-Trainer müssen sich mit Bürki zusammensetzen. Das ist eine Sache der Einstellung. Er hat die Fehler ja auch gar nicht eingesehen. Da ist der Hebel anzusetzen und dann kann er wieder zu seiner alten Form zurückfinden."
Lienen geht sogar noch einen Schritt weiter und spricht der gesamten Defensive die ganz große Qualität ab: "Egal, in welchem System man steht: Man braucht in der Defensive internationale Spitzenleute, wenn ich in der Champions League bestehen will. Da setzt auch Dortmund nicht genug Schwerpunkte. Die holen im Zweifelsfall noch einen guten Stürmer. Wenn ich gegen Real und Tottenham spiele und solche Leute gegen mich habe, dann verliere ich diese Spiele, obwohl ich offensiv zu den besten Mannschaften gehöre. Das muss der Schwerpunkt sein."
Wontorra empfiehlt mehr Konkurrenz für Bürki
Sky Moderator Jörg Wontorra glaubt, dass Bürki möglicherweise der Konkurrenzkampf fehlt: "Vielleicht bekommt er nicht genug Dampf von hinten. Vielleicht braucht er mehr Konkurrenz."
Bereits vor der Partie hatte Sky Experte Lothar Matthäus in seiner Kolumne "So sehe ich das" bei skysport.de die wacklige Defensive des BVB analysiert. Nach Ansicht von Matthäus genügt das Dortmunder Defensiv-Personal nicht für das riskante System des Trainers: "Dem BVB fehlt es für die Art, die Peter Bosz spielen lässt, an Schnelligkeit und Robustheit in der Hintermannschaft." Besonders auf der Torwartposition sieht Matthäus eine gravierende Schwachstelle im Dortmunder Spiel: "Roman Bürki ist in der Schweizer Nationalelf nur Ersatz und macht in meinen Augen regelmäßig nicht den sichersten Eindruck im BVB-Tor. Ich würde es begrüßen, wenn sich die Verantwortlichen dieses Top-Vereins ernsthaft mit der Personalie Kevin Trapp auseinandersetzen würden."
Die Aussagen von Trainer Bosz deuten aber nicht darauf hin, dass der Niederländer über einen Torwartwechsel nachdenkt - Roman Weidenfeller stünde als Ersatz bereit.
Auch Offensive schwächelt in Nikosia
Neben den Defensiv-Problemen hatte die Mannschaft in Nikosia aber auch in der sonst so starken Offensive keine Ideen. Sollte es schnell gehen, waren die Anspiele zu schwach, hatte sich APOEL aufgestellt, gab es kein Durchkommen.
Nach der Pause startete der BVB auf niedrigem Niveau zumindest etwas schwungvoller. Gegen zwei dichte Viererketten war es aber weiter schwierig, in die Tiefe zu kommen - Nikosia stand souverän. Stürmerstar Pierre-Emerick Aubameyang hatte keine Chance, sich in Szene zu setzen.
Fußballwunder in Madrid benötigt
"Er hatte nicht viele Räume, er bekam nicht viele Flanken", sagte Bosz über den Auftritt des Gabuners. In der Nachspielzeit hatte Aubameyang noch die entscheidende Chance auf dem Fuß, der Ball landete aber am Pfosten. "Der muss eigentlich reingehen. Wir waren nicht scharf genug auf Tore", sagte Bosz am Ende.
Durch das Unentschieden hat der BVB in der schwierigen Gruppe mit Real Madrid und Tottenham Hotspur nur einen Punkt auf dem Konto und benötigt fürs Weiterkommen ein kleines Wunder - und wahrscheinlich einen Sieg bei Titelverteidiger Real am letzten Spieltag. "Das macht es nicht gerade einfacher", sagte Schmelzer, wir konzentrieren uns jetzt erst mal auf die Bundesliga. Dort wartet am Samstag (ab 13 Uhr live auf Sky) Eintracht Frankfurt.