Borussia Mönchengladbach konnte zum Auftakt der neuen Bundesliga-Saison einen (Teil-)Erfolg feiern: 1:1 hieß es am Ende gegen den Deutschen Meister FC Bayern München. Nicht nur das Ergebnis, sondern auch die Art und Weise, wie dieses eingefahren wurde, macht Mut für eine erfolgreiche Saison.
Marco Rose weg, Adi Hütter da - die Veränderung auf der Trainerposition war die gravierendste Umstellung in der Sommerpause der Fohlen. Allerdings kann hierbei auch nur auf den ersten Blick von einer Umstellung gesprochen werden. Zwar sind Rose und Hütter zwei eigenständige, unterschiedliche Trainer, doch stehen beide für eine ähnliche Art von Fußball.
Hütter steht wie Rose für Power-Fußball
Power-Fußball, der sich durch eine große Laufbereitschaft, Mut und viel Wucht auszeichnet und überwiegend nur eine Richtung kennt: nach vorne. Dies hatte Gladbach in der vergangenen Saison unter Rose über weite Strecken der Saison gezeigt, auch in der Champions League. Hütter implementierte diesen Spielstil bis zum Ende der vergangenen Spielzeit bei Eintracht Frankfurt und führte diese so in die Europa League.
Seit dieser Saison arbeitet der Österreicher nun bei Gladbach und folgte damit auf Rose, der sich in Richtung Dortmund verabschiedet hat. Bereits das Eröffnungsspiel gegen den FC Bayern hat gezeigt, dass die neue Konstellation bei den Fohlen durchaus Erfolgspotential besitzt. Die Mannschaft, die überwiegend zusammengeblieben ist, kennt bereits durch Rose die Grundzüge des Power-Fußballs. Somit fiel die Eingewöhnung unter Hütter relativ kurz aus.
Gladbach mit vertikalem Offensivspiel
Dies war auch gleich zu Beginn gegen den FC Bayern ersichtlich, als die Gladbacher mit hohem und druckvollem Pressing zahlreiche Fehler in der Münchner Hintermannschaft erzwangen, die jedoch erst in der 10. Minute bestraft wurden. Alphonso Davies verlor den Ball gegen an der Mittellinie giftig angreifende Fohlen. Nach Ballgewinn schaltete Gladbach wie im gesamten Spiel blitzschnell um und spielte mit wenigen Kontakten vertikal in die Spitze. Dort behielt letztendlich Plea die Übersicht und traf zum verdienten 1:0.
Auch danach erspielten sich die Fohlen immer wieder gute Torchancen, ließen diese auch dank eines mehrmals gut parierenden Manuel Neuer aber ungenutzt. Am Ende standen elf Torschüsse auf der Habenseite - keine schlechte Bilanz gegen den amtierenden Deutschen Meister.
Und mit etwas mehr Glück hätten die Fohlen die Partie auch gewinnen können - Stichwort: Elfmeter. Bayern hätte sich zumindest nicht beschweren dürfen, hätte Schiedsrichter Marco Fritz eines der beiden Vergehen von Dayot Upamecano an dem eingewechselten Marcus Thuram geahndet.
Gladbach verfügt über breiten und ausgeglichenen Kader
Apropos Thuram: Der umtriebige und stets präsente Franzose, der in der vergangenen Saison fast immer zum Stammpersonal zählte, kam erst in der 64. Minute für den Torschützen Plea ins Spiel. In der verbleibenden Spielzeit fiel der Angreifer als steter Unruheherd auf und hielt so das Gladbacher Spiel - ähnlich wie die anderen Joker (Jonas Hofmann, Keanan Bennetts) - auf einem hohen Level.
Auch der junge Joe Scally wusste in seinem ersten Bundesliga-Einsatz zu gefallen. Der erst 18-jährige US-Amerikaner, der im Januar für 1,8 Millionen Euro vom New York City FC verpflichtet wurde, vertrat den verletzten Ramy Bensebaini auf der linken Abwehrseite - und das mit Bravour. Egal ob sein Gegenspieler Leroy Sane, Serge Gnabry oder Thomas Müller hieß, der Youngster ging unerschrocken und meist erfolgreich in die Zweikämpfe. Am Ende wies er mit 72,7 Prozent die beste Zweikampfquote aller Gladbacher Starter auf.
Es zeigt sich also, dass Gladbach einen breiten Kader hat, in dem nicht ein einzelner Spieler, sondern die Mannschaft der Star ist. Hütter kann besonders in der Offensive nach Tagesform, Ausrichtung und Gegner aufstellen und so immer wieder für Überraschungen sorgen.
Sommer glänzt und nimmt EM-Form mit in neue Saison
Während der Coach somit in der Offensive die Qual der Wahl hat, ist die Entscheidung zwischen den Pfosten eine klare Sache. Yann Sommer absolvierte eine überragende EM und sicherte der Schweiz unter anderem das Weiterkommen gegen Frankreich, als er im Elfmeterschießen zum Helden avancierte. Diese starke Form nahm der Keeper nun auch in die neue Saison mit. Reihenweise ließ er die Bayern-Angreifer an seinen Paraden verzweifeln. Nur gegen Lewandowski war der Schweizer nach einer Ecke machtlos.
"Wir können uns bei einem überragenden Yann Sommer bedanken, der uns diesen Punkt festgemacht hat", lobte Hütter im Anschluss der Partie seinen Schlussmann explizit am Sat.1-Mikrofon. Auch Bayern-Coach Julian Nagelsmann hob den Gladbacher Schlussmann in seinem Fazit heraus. "Yann Sommer hat wirklich sehr, sehr viel pariert."
Am Ende machte es die Gladbacher Mischung aus variabler und wuchtiger Offensive und der stabilen Verteidigung um Keeper Sommer möglich, dass ein Punktgewinn gegen Bayern herausspringen konnte.
Gladbach wieder ein Champions-League-Kandidat?
Der erste einer am Ende erfolgreichen Fohlen-Saison? Es spricht vieles dafür. Gladbach hat anders als in der vergangenen Spielzeit durch das Verpassen der internationalen Ränge keine Dreifachbelastung zu stemmen. Hütter kann somit ein großes Augenmerk auf die Trainingssteuerung legen und dort für einen guten Mix aus Belastung und Regeneration sorgen.
Hütters Spiel passt zudem - zumindest aus den Eindrücken des ersten Spieltags - gut zu den Fohlen. Der gleichmäßig besetzte und breite Kader lässt des Weiteren viele Variationen bei den Aufstellungen zu.
Die Abschluss-Tabelle von Lothar Matthäus zum Durchklicken
Kein Wunder also, dass Sky Experte Lothar Matthäus Gladbach in seiner Abschlusstabelle unter die Top4 tippt. Kann Gladbach den Power-Fußball auf Dauer zeigen und hält Sommer über den Großteil der Saison weiterhin so überragend, dürfte Matthäus mit seinem Tipp nicht falsch liegen.
Es dürfte nicht nur den Sky Experten sondern auch die Verantwortlichen in Gladbach freuen ...