Den psychologischen Schachzug von Felix Magath ließ Tim Walter am Sonntag cool ins Leere laufen. Nach dem 1:0-Sieg in Berlin habe jetzt der HSV etwas zu verlieren, hatte Herthas Trainerfuchs den Druck vor dem Rückspiel am Montagabend (ab 20 Uhr live auf Sky) den Hamburgern zugeschoben.
"Druck ist ein Privileg", konterte Walter. "Wir arbeiten dafür, in solchen Situationen zu bestehen", ergänzte der HSV-Chefcoach mit einem breiten Grinsen.
Selbstbewusst aufzutreten ist ein Markenzeichen des 46-Jährigen. Aber leichtsinnig machen, da ist sich Walter sicher, wird der knappe Vorsprung aus dem Hinspiel seine Mannschaft nicht. "Es ist Halbzeit, und in der Halbzeit freut man sich nicht", betonte er.
"Wollen Fans und Stadt glücklich machen"
Mit fünf Siegen im Saisonfinale der 2. Liga hatte sich der HSV den Relegationsplatz erkämpft. War die Stimmungslage nach den Niederlagen in Paderborn und gegen Kiel Anfang April noch zu Tode betrübt, herrscht nun bei den Fans und in der Stadt totale Euphorie.
Bei den Siegen gegen Hannover und in Rostock peitschten die Anhänger das Team unermüdlich nach vorn, am Abend will die Mannschaft zurückzahlen. "Wir haben es geschafft, unsere Zuschauer zu emotionalisieren. Jetzt möchten wir Fans und die Stadt glücklich machen", sagte Walter.
Walter hat mit dem HSV schon viel erreicht
Scheitern ist für den HSV und seinen Anhang eigentlich keine Option. Aber selbst, wenn es am Ende doch nicht klappen sollte mit dem Aufstieg, hat Walter mit seiner Mannschaft etwas erreicht, was seine Vorgänger seit dem Abstieg des HSV vor vier Jahren nicht erreicht haben: die Relegation und die Weiterentwicklung der Mannschaft.
Walter ist stets er selbst geblieben. Auch wenn es Rückschläge gab, hat der Coach sein System durchgezogen und den Spielern sein Credo vorgelebt: Mutig sein und keine Selbstzweifel zulassen!
Umbruch in der Mannschaft, neue Achse formiert
Der Trainer musste das Team nach den Abgängen mehrerer Führungsspielern umformieren - und hat diese Aufgabe mit Bravour gemeistert.
Vor Torwart Daniel Heuer-Fernandes hat sich eine neue Achse gebildet. Der zu Saisonbeginn aus Paderborn gekommene Sebastian Schonlau übernahm gleich als Kapitän Verantwortung, Jonas Meffert, der mit Kiel im vergangenen Jahr die Relegation gegen Köln verloren hatte, ist die Schaltzentrale im Mittelfeld und der Schlüsselspieler für Walter, der Meffert schon in Kiel trainierte.
Im Sturm hat Robert Glatzel den Weggang von Simon Terodde kompensiert. Der ehemalige Heidenheimer, der von Cardiff City an Mainz 05 ausgeliehen war und im vergangenen Sommer nach Hamburg kam, hat mit 22 Toren so viele Treffer erzielt wie noch nie zuvor in einer Saison.
Mit Sonny Kittel und Bakery Jatta verfügt der HSV zudem über hoch talentierte und brandgefährliche Flügelspieler. Einige Profis wie Jatta und Meffert wurden in den vergangenen Tagen „ein bisschen zaghaft behandelt", wie Walter es nannte. Sie sollen zum Spiel am Abend wieder bei Kräften sein.
Ausverkauftes Volksparkstadion, Polizei-Hundertschaft aus Berlin
Das Volksparkstadion ist ausverkauft. Die Polizei stellt sich auf einen anspruchsvollen Abend ein. Neben der Hamburger Polizei helfen Beamte aus anderen Bundesländern, darunter eine Hundertschaft aus Berlin. Das Stadion fasst eigentlich 57 000 Besucher, sollten Pufferzonen für das Spiel eingerichtet werden, wäre die Zuschauerzahl geringer. Genaue Angaben dazu gab es noch nicht.
Um selbst einen Feiertag aus der Partie zu machen, hat Walter seine komplette Familie, die in der Nähe von München wohnt, eingeladen. Walter und seine Mannschaft sind bestens vorbereitet, die Entscheidung fällt auf dem Platz.
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
Hamburg: Heuer Fernandes - Heyer, Vuskovic, Schonlau, Muheim - Meffert - Rohr, Reis - Jatta, Glatzel, Kittel. - Trainer: Walter
Hertha: Christensen - Pekarik, Boyata, Kempf, Plattenhardt - Ascacibar, Tousart - Serdar, Boateng, Mittelstädt - Belfodil. - Trainer: Magath