Der Trainereffekt ist schon nach einer Woche verpufft. Im DFB-Pokal muss der BVB nun mit dem Malochen beginnen und sich als Team präsentieren. Die unangenehmen Themen schwache Moral und fehlende Motivation sind nach wie vor Teil der schwarz-gelben Realität.
Edin Terzic ist seit dem 13. Dezember Cheftrainer bei Borussia Dortmund. Von Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke mit Vorschusslorbeeren vorgestellt, von den Fans mit offenen Armen empfangen. Der "echte Dortmunder Jung", der wieder Emotionalität an die westfälische Seitenlinie bringt, hat die Tugenden, die ihn selbst ausmachen, aber längst noch nicht der Mannschaft vermittelt.
Gegen Union Berlin traten die Spieler nach dem Kraftakt gegen Werder Bremen (2:1) wieder mit der Körpersprache auf, die Ex-Trainer Lucien Favre letztlich wohl den Job gekostet hat. Die spielerischen Defizite und individuellen Fehler wären durchaus verzeihlich gewesen, hätte man Siegeswillen bei den Borussen erkennen können. Den vermissten nach der 1:2-Niederlage nicht nur die Fans.
Hummels klagt Can und Reyna an
"Wenn man erneut ein Spiel über Standards hergibt, hat das auch etwas damit zu tun, wie sehr man unbedingt einen Sieg will", ärgerte sich Abwehrchef Mats Hummels nach dem Union-Spiel im DAZN-Interview, nachdem er seinen Frust demonstrativ an einer Werbebande ausgelassen hatte.
Die "Katastrophe", über die der angefressene Dortmunder klagte, habe nichts mit Qualität zu tun. Dann wurde der 32-Jährige konkreter und pickte sich zwei Teil-Schuldige heraus. Giovanni Reyna und Emre Can, der mitunter für seine Siegermentalität verpflichtet wurde, blieben bei den Toren der Eisernen jeweils nicht bei ihren Gegenspielern. "Das ist eben auch: zeigen, dass man unbedingt gewinnen will", so Hummels.
Terzic versichert: "Die Jungs haben den Arm gehoben"
Die Worte des Verteidigers zeigen deutlich, dass nach dem Favre-Aus längst nicht alle Köpfe frei und Terzic sein vermeintlich ansteckendes Feuer entfacht hat. Doch von gegenseitigen Anschuldigungen seien die Dortmunder bereits abgerückt. Auf der Pressekonferenz vor der Pokal-Partie gegen den schwächelnden Zweitligisten Eintracht Braunschweig bekräftigte der Coach, dass die gegen Werder noch gelobte "Einheit" lediglich eine kleine Delle bekommen habe.
Bei der Aufarbeitung zum Spiel gegen Union sei Selbstkritik eingekehrt. "Wir hatten eine sehr gute Analyse mit der Mannschaft. Wir haben es hinbekommen, dass die Jungs den Arm gehoben haben, anstatt mit dem Finger aufeinander zu zeigen", versicherte Terzic. So geschehen, hätte der BVB einen wichtigen Schritt getan.
Underdog Braunschweig als Beweis für die eigene Moral
Was die Übermacht der Bayern gerade in der jüngeren Vergangenheit ausgemacht hat, ist unter anderem die Aufopferungs-Bereitschaft füreinander. An der scheint es den Dortmundern, die versuchen mit dem Triple-Sieger mitzuhalten, derzeit noch immer zu mangeln. Doch das Pokal-Spiel gegen Eintracht Braunschweig kommt da genau richtig. Zumindest in der Theorie.
Im Duell mit dem klaren Underdog aus der unteren Tabellenhälfte der 2. Bundesliga können die BVB-Stars um Marco Reus, Jadon Sancho oder Julian Brandt zeigen, dass sie sich für den Klub und ihre Mitspieler aufopfern. Körpersprache und Einstellung müssen wieder stimmen. Die Dortmunder müssen Braunschweig ernst nehmen und von der ersten Minute an alles geben.
Nicht, weil sie das Spiel nicht auch über individuelle Qualität gewinnen können. Ein kurzer Geniestreich von Reyna oder Sancho kann eine Partie entscheiden, aber darauf ist auf Dauer kein Verlass. Nur als "Einheit", die man auf dem Platz trotz aller Bekundungen von Terzic gegen Union wieder vermisst hat, findet der BVB zurück in die Spur.
Terzic darf in Ruhe arbeiten - solange der BVB gewinnt
Nach dem Pflicht-Sieg gegen Braunschweig kann der neue Trainer dann erstmals richtig mit der Mannschaft arbeiten. In der kurzen Spielpause bis Januar muss der 38-Jährige das Team aufeinander einschwören, seine Spielphilosophie konkret vermitteln und auch die unangenehmen Dinge erledigen. Dazu gehört, sich die Lustlos-Profis einmal zur Brust zu nehmen. Und wenn es nach Hummels geht, dürfte wohl auch das Verteidigen von Standard-Situationen wieder verstärkt auf dem Trainingsplan stehen.
Grundvoraussetzung für besonnene Arbeit und besinnliche Weihnachten ist allerdings der Sieg im Pokal. Dafür braucht es aber auch gegen Underdog Braunschweig eine Einheit auf dem Platz.
Das Spiel zwischen Eintracht Braunschweig und Borussia Dortmund seht Ihr am Dienstag, ab 20 Uhr auf Sky Sport 3 und mit dem Sky Ticket im Stream.