BVB: Reus in Dortmund nur noch als Joker gefragt

Reus: BVB-Ikone, aber beim wichtigsten Titel nicht in der Hauptrolle

Von Sven Fröhlich

Image: Auch gegen Augsburg saß Marco Reus über weite Strecken auf der Bank - eine neue Rolle, mit der sich der BVB-Kapitän abfinden muss.

Kein Spieler hat Borussia Dortmund in der vergangenen Dekade so geprägt wie Marco Reus. Ausgerechnet in dieser Saison, in der er mit dem Gewinn der Meisterschaft den größten Erfolg seiner Karriere feiern könnte, spielt der BVB-Kapitän aber keine zentrale Rolle mehr.

Am kommenden Samstag hat Borussia Dortmund aussichtsreiche Chancen, nach zehn Jahren bayerischer Bundesliga-Dominanz endlich wieder die Meisterschale in die Höhe zu recken. Ein Sieg im Heimspiel gegen Mainz würde gleichzeitig die Deutsche Meisterschaft für den BVB bedeuten. Einer, der dabei aller Voraussicht nach wieder nicht von Beginn an starten wird, ist Marco Reus. Ausgerechnet beim möglicherweise größten Triumph seiner Karriere kommt dem BVB-Kapitän nur noch die Rolle als Beifahrer zu.

Marco Reus spricht nach seiner Verlängerung um ein weiteres Jahr beim BVB über seinen Wunsch, seine Karriere bei den Schwarz-Gelben auch zu beenden. Zuletzt musst Reus mehr und mehr mit der Rolle des Einwechselspielers zurechtkommen.

Marco Reus mit schwacher Bundesliga-Saison

In den vergangenen sieben Bundesliga-Partien wurde der 34-Jährige nur als Joker eingewechselt, im Laufe der Saison wurde Reus bereits zehn Mal eingewechselt, häufiger als in den sieben Saisons davor zusammen (neun Mal). Insgesamt kommt er auf 24 Einsätze, in lediglich 14 davon stand er in der Startelf. In den 1300 Spielminuten erzählte er sechs Tore und vier Assists. Sollte es bei der Trefferzahl bleiben, wäre das ein persönlicher Negativrekord. Bislang konnte Reus in jeder Saison immer immer mindestens sieben Tore erzielen. Aus sportlicher Sicht spielt Reus offenkundig nicht seine beste Saison. Und dennoch ist der BVB-Kapitän immer noch ein wichtiger Faktor im Dortmunder Mannschaftsgefüge.

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Geboren in Dortmund ging es für Reus über die BVB-Jugend zu Rot Weiss Ahlen und schließlich nach Gladbach. Bei den Fohlen reifte Reus zum Bundesliga-Profi, in Dortmund schließlich zur Legende. 2012 kehrte der verlorene Sohn vom Niederrhein zurück in das Ruhrgebiet und entwickelte er sich alsbald zum Stammspieler. Zwei Mal gewann er mit Dortmund den DFB-Pokal, zwei Mal wurde er als Deutschlands Fußballer des Jahres ausgezeichnet. Seit 2018 führt er den BVB als Kapitän an.

Ein Sieg fehlt Borussia Dortmund nur noch für die deutsche Meisterschaft - immerhin wäre der Borsigplatz bereit für die großen Feierlichkeiten am Sonntag.

Erfolgreichster Bundesliga-Torschütze der Vereinsgeschichte

In Dortmund erzielte er in bislang 386 Spiele beachtliche 161 Tore und lieferte 121 Vorlagen. Er ist damit der erfolgreichste Torschütze der Vereinsgeschichte in der Bundesliga - auch hat kein aktuell in der Liga spielender Profi mehr Treffer erzielt als er. Seinen Zenit hat der 34-Jährige mittlerweile allerdings überschritten. Nach einem guten Saisonauftakt kam Reus im Laufe der Rückrunde nur noch sporadisch zum Einsatz. Mit den starken Auftritten von Julian Brandt und Karim Adeyemi war für den 34-Jährigen schließlich kein Platz mehr in der Dortmunder Startelf.

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"Er muss es respektieren, aber nicht akzeptieren", erklärte Edin Terzic seine Personalentscheidung nach dem Champions-League-Achtelfinalhinspiel gegen den FC Chelsea. Reus tat wie ihm geheißen. Trotz neuer Rolle wurden keine Querelen laut. In Kapitänsmanier fand sich Reus mit der Position ab und verlängerte Ende April seinen auslaufenden Vertrag sogar um ein Jahr. "Marco hat als Spieler und Identifikationsfigur einen enormen Stellenwert für diesen Verein - bei unseren Fans auf der 'Süd', in dieser Stadt, aber auch über die Grenzen Dortmunds hinaus bis hin zu BVB-Fans überall auf der Welt", begründete Sportdirektor Sebastian Kehl die Vertragsverlängerung.

Nach dem Patzer der Bayern und Dortmunds Auswärtserfolg in Augsburg glaubt BVB-Coach Edin Terzic fest an die Meisterschaft. Diese haben die Schwarz-Gelben nun in der eigenen Hand - es braucht den Heimsieg gegen Mainz am 34. Spieltag.

In Dortmund häufig auch Kritik ausgesetzt

Dabei war Reus in Dortmund nie unumstritten. In schwächeren Phasen war der Mittelfeldspieler Sinnbild der leidigen Mentalitätsdebatte, nach der man sich im Ruhrgebiet die Uhr stellen konnte. Mangelnde Führungsstärke wurde ihm regelmäßig vorgeworfen. Reus sei keiner, der vorangeht, so die oft bemühte Kritik. Gerade in wichtigen Spielen blieb der Borusse häufig blass, was nicht zuletzt auch daran lag, dass Reus wie kein Zweiter von Verletzungen geplagt war.

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Auch in dieser Saison war Reus wieder einmal von Blessuren aus der Bahn geworfen worden, allein 14 Spiele verpasste der Kapitän verletzungsbedingt. Unglaubliche 1246 Tage musste Reus in seiner Karriere aufgrund diverser Läsionen passen, in 145 Spielen konnte er als Folge dessen nicht eingesetzt werden. Unweigerlich fragt man sich, was Reus nicht alles noch hätte erreichen können, wäre er nur häufiger vom Verletzungspech versehrt geblieben.

Erste deutsche Meisterschaft der Karriere in Sicht

Am Samstag kann Reus nun womöglich den lang ersehnten ersten deutschen Meisterschaftstitel seiner Karriere feiern. Und auch wenn er in dieser Saison aus sportlicher Sicht nicht das Zünglein an der Waage war, so gab es in den vergangen zehn Jahren keinen Spieler, der den Verein so sehr geprägt hat wie Reus.

An den sportlich guten Leistungen des Vereins in den vergangenen Jahren hat der 34-Jährige einen maßgeblichen Anteil. "Ich werde nie vergessen, wo ich herkomme und wie viel ich gearbeitet habe, um meine Ziele zu erreichen", lässt sich Reus auf der vereinseigenen Webseite zitieren. Wenn am Samstagabend gegen 17:30 Uhr die Bundesliga-Saison zu Ende geht, könnte sich all diese Arbeit endlich auszahlen.

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