Didi Hamann zieht in seiner Kolumne ein Fazit zu den ausgeschiedenen deutschen Klubs und blickt auf die möglichen Viertelfinal-Gegner des FC Bayern. Der Sky Experte erklärt, was die Münchner Manchester City voraus haben, und er sagt, wer für ihn der beste Stürmer Europas ist.
TOP 1: Verstehe nicht, wie man sich so abschlachten lassen kann wie Leipzig
Wie so oft in den vergangenen Jahren ist im Viertelfinale der Champions League der FC Bayern als einzige deutsche Mannschaft vertreten (Viertelfinal-Auslosung am Freitag ab 11.45 Uhr live auf Sky und im Stream). Die Dortmunder haben nicht viel falsch gemacht. Sie hätten in London besser spielen können, aber es lief fast alles gegen sie, das Ausscheiden des BVB gegen Chelsea war sehr unglücklich.
Die Frankfurter haben ihre Grenzen aufgezeigt bekommen. Für die Eintracht war schon der Einzug ins Achtelfinale ein Riesenerfolg. Mit Napoli hatten sie einen Gegner, der momentan von allen europäischen Mannschaften wahrscheinlich am besten in Form ist und zu den Titelanwärtern in der Königsklasse gehört. Zudem fehlten im Rückspiel Kolo Muani und Lindström, man kann den Frankfurtern überhaupt keinen Vorwurf machen.
Anders sieht es bei Leipzig aus. Die Vorstellung im Rückspiel bei Manchester City war sehr enttäuschend. Nach der Leistung aus der zweiten Halbzeit des Hinspiels hätte ich gedacht, dass sie es den Engländern im Rückspiel schwermachen. Der Auftritt der gesamten Mannschaft war nicht nur naiv, das war einfach gar nichts. Ich verstehe nicht, wie man sich so abschlachten lassen kann.
Ohne den verletzten Christopher Nkunku hatten sie in Timo Werner nur einen Spieler, der Tempo mitbringt. Doch der war über 90 Minuten komplett abgemeldet. Emil Forsberg, Dani Olmo und Dominik Szoboszlai sind drei gute, aber relativ ähnliche Spieler. Wenn Nkuknu im Sommer weg ist, brauchen sie noch einen, der richtig Tempo mitbringt, sonst wird es auch nächstes Jahr schwer, international einen Schritt nach vorn zu machen.
TOP 2: Frankfurt wird aus der aktuellen Saison viel gelernt haben
Freiburg oder Union Berlin können international eine ordentliche Rolle spielen, das sehen wir in der laufenden Saison in der Europa League. Auf Dauer und in der Champions League mithalten zu können, ist aber noch einmal eine ganz andere Sache. Frankfurt wird aus der aktuellen Saison viel gelernt haben.
Für die Eintracht, aber auch für Wolfsburg oder Leverkusen sehe ich noch Chancen, die Champions League zu erreichen. Leverkusen könnte sich über den Gewinn der Europa League qualifizieren, das wird aber angesichts namhafter Konkurrenz wie Manchester United oder Arsenal nicht einfach.
Bayer 04 hat einen nicht viel schlechteren Kader als Leipzig. Wenn die Leverkusener es schaffen sollten, in die Champions League zurückzukehren, hätten sie wahrscheinlich größere Chancen, das Achtelfinale zu überstehen, als andere Teams.
Drei Italiener im Viertelfinale - eine Momentaufnahme
Wenn man sieht, wer in der Bundesliga momentan hinter Bayern, Dortmund und Leipzig steht, haben diese Vereine deutlich geringere finanzielle Möglichkeiten als Klubs aus England oder Italien, die auch zum Teil von großen ausländischen Investoren gehalten werden.
Es gab zuletzt bittere Jahre, in denen gar keine Italiener in den K.o.-Runden vertreten waren. Jetzt sind im Viertelfinale mit AC Mailand, Inter Mailand und Neapel zwar noch drei italienische Klubs vertreten, aber das ist erst einmal nur eine Momentaufnahme. Von den vier deutschen Teams sind im Achtelfinale auch drei ausgeschieden. Wenn die Italiener ihre Leistungen nächste Saison bestätigen, könnte man vielleicht von einer Renaissance der Serie-A-Klubs sprechen.
TOP 3: Würde mich von Haalands Toren nicht blenden lassen
Manchester City hat sich entschieden, mit Haaland einen Stürmer zu holen, der genau das Gegenteil von dem ist, was die Mannschaft in den vergangenen Jahren unter Guardiola gespielt hat. Ein De Bruyne ist nicht derselbe Spieler wie vergangenes Jahr, was vielleicht auch damit zusammenhängt, dass er nicht mehr die Aufmerksamkeit genießt, weil jetzt alle von Haaland reden. Selbstvertrauen ist ein wichtiger Faktor. Das Wichtigste ist, dass das große Ganze stimmt.
City ist aus dem Ligapokal ausgeschieden und läuft in der Meisterschaft hinterher. Ich würde mich von den fünf Toren, die Haaland gegen Leipzig erzielt hat, nicht blenden lassen. Wie er das gemacht hat, war sensationell. Aber deswegen bekommt City im Viertelfinale kein Freilos. Ich bin gespannt, wie es aussieht, wenn sie in der nächsten Runde gegen Neapel oder gegen Bayern spielen müssen.
Osimhen ist für mich der beste Stürmer Europas
Die große Stärke der Münchner im Vergleich zu Manchester City ist ihr unheimlich dichter Kader. Sadio Mane ist wieder fit, du kannst Thomas Müller vorne reinstellen und hast in der Offensive noch Kingsley Coman, Sane und Serge Gnabry. Eric Maxim Choupo-Moting macht seine Tore, aber er wird bald 34 und die Frage ist, wie sich die Bayern in der Zukunft im Sturmzentrum aufstellen wollen.
Wenn die Frage lauten würde "Osimhen oder Kane?", wäre das für mich ein No-Brainer. Osimhen ist eine andere Liga und für mich momentan der beste Stürmer Europas. Er ist schnell, hat Sprungkraft, ist technisch versiert, schießt beidfüßig. Er würde besser als Kane in die Münchner Mannschaft passen, weil er ein spielender Mittelstürmer ist und Tempo hat.
Osimhen wäre die optimale Lösung, aber finanziell für die Bayern wahrscheinlich nicht machbar.
Auf Neapel will im Viertelfinale wahrscheinlich keiner gerne treffen. Sie haben Liverpool und Ajax abgeschossen, in Osimhen einen überragenden Stürmer und mit Simeone und Lozano sehr starke Leute auf der Bank. Ich würde Napoli mit Manchester und Real Madrid auf eine Stufe stellen. Einfache Gegner gibt es keine, aber für die Bayern wäre einer der beiden Mailänder Klubs die wohl am besten zu lösende Aufgabe.