Es hätte eine Saison für die Geschichtsbücher beim FC Liverpool werden können. Doch nach dem Aus in der Champions League gegen Atletico herrscht bei den Reds und Jürgen Klopp vor allem Frust. Der Coach präsentiert sich dabei als schlechter Verlierer.
Die Saison des FC Liverpool ist vorbei. Natürlich noch nicht offiziell, denn die Reds werden - je nachdem, wie sich die Situation rund um das Coronavirus entwickelt - noch Partien in der Premier League bestreiten und dort auch den gigantischen Vorsprung ins Ziel retten und die erste Meisterschaft seit 30 Jahren feiern.
Klopp ein "beschissener Verlierer"
Rein sportlich jedoch endete die Spielzeit des Noch-Champions-League-Siegers aber mit der 2:3-Heimniederlage in der Königsklasse gegen Atletico und dem damit verbundenen Aus in diesem Wettbewerb. Jürgen Klopp war nach dem K.o. im Achtelfinale auch sichtlich bedient. Die Niederlage schmerze "sehr", erklärte der Reds-Coach bei DAZN - vor allem auch deswegen, wie sie zustande kam. Klopp kritisierte die Spielweise der Spanier nämlich scharf.
Zwar stellte der gebürtige Stuttgarter klar, dass Atletico "verdient weitergekommen" sei, aber dennoch fühle es sich "nicht richtig" an: "Ich merke einfach, was für ein beschissener Verlierer ich bin, denn ich könnte die ganze Zeit darüber reden, wie man mit so einer Mannschaft so einen Fußball spielen kann. Das verstehe ich nicht, ich verstehe das nicht", lamentierte der Übungsleiter.
Harsche Kritik am Atletico-Spielstil - Simeone kontert
Und weiter: "Es war so gut gegen eine Mannschaft, die mit Weltklassespielern gespickt ist, aber sich entscheidet, so zu spielen, wie jemand, der um den Klassenerhalt kämpft." Auf der Pressekonferenz wurde der ehemalige BVB-Coach noch deutlicher: "Wenn ich mir Spieler wie Koke, Saul oder Llorente ansehe: Sie könnten richtigen Fußball spielen und nicht nur in ihrer eigenen Hälfte rumstehen und Konterfußball spielen."
Der Konter seines Gegenüber ließ nicht lange auf sich warten: "Ich respektiere seine Identität und die Topspieler, die sie haben, aber wir versuchen, die Defizite des Gegners zu nutzen. Das machen wir. Und wir versuchen zu gewinnen", entgegnete Diego Simeone trocken.
Klopp auch mit Schiedsrichter unzufrieden
Am Frust von Klopp änderte dies nichts. Der 52-Jährige haderte einfach damit, dass seine Mannschaft, die es laut eigener Aussage "mit Fußball versucht" habe, letztlich gegen eine Mannschaft ausgeschieden sei, "die es mit anderen Mitteln versucht hat". Klopp kritisierte auch den Schiedsrichter:
"Es tut mir ein bisschen weh, dass ein Schiedsrichter für so ein Spiel kein Gefühl entwickelt. Die eine Mannschaft versucht, die ganze Zeit etwas zu machen und zu kreieren - und die andere halt nicht. Und trotzdem werden die komplett gleich behandelt", so Klopp wörtlich.
Klopp lobt seine Stars
Seine Spieler nahm er dagegen ausdrücklich von jeglicher Kritik aus - im Gegenteil: "Wir haben das Spiel über weite Strecken - länger als 90 Minuten - klar dominiert und ein super Spiel gemacht", lobte Klopp bei Sky Sport und führte aus: "Wir haben es gegen eine Mannschaft, gegen die es schwer ist, sich Chancen zu erspielen oder überhaupt in die gefährlichen Räume zu kommen, so oft so gut gemacht und ich könnte nicht glücklicher sein mit diesen Momenten."
Tatsächlich hatten die Reds zahlreiche Möglichkeiten, das Duell gegen Atletico in der regulären Spielzeit für sich zu entscheiden, aber ein überragender Jan Oblak im Tor der Spanier und eine vielbeinige Abwehr ließen nur den Treffer von Georginio Wijnaldum (43.) zu.
In der Verlängerung sah es nach dem 2:0 von Roberto Firmino (94.) kurzzeitig doch nach einem Happy End aus, aber ein böser Patzer von Ersatztorhüter Adrian ermöglichte den Anschlusstreffer von Marcos Llorente (97.) und anschließend spielten es die Gäste clever, machten erneut durch Llorente (105+1.) und Alvaro Morata (120+1.) alles klar und beendeten damit die Fabelsaison der Engländer jäh.
Reds holen "nur" drei Titel
Fabelsaison deshalb, sah es lange Zeit doch so aus, als würde Liverpool eine Spielzeit für die Ewigkeit spielen: Die Premier League dominierten Salah, Mane & Co. nach Belieben und gewannen zudem mit dem europäischen Supercup und der FIFA Klub-WM frühzeitig auch zwei Trophäen. Doch nach dem Aus in der Champions League steht fest, dass die Sammlung nur noch um den Liga-Titel erweitert wird.
Eine lange Zeit mögliche oder sogar wahrscheinliche Titelhamster-Saison wie die des FC Barcelona 2011 (sechs Titel) wird es in Anfield nicht geben. Auch, weil Klopp die beiden nationalen Pokalwettbewerbe leichtfertig aufs Spiel setzte. Trotz des gigantischen Vorsprungs in der Liga gönnte er seinen Stars meistens nur im Pokal eine Verschnaufpause. Beim Aus im FA Cup Anfang März beispielsweise saßen Salah und Firmino nur auf der Bank, Trent Alexander-Arnold und Wijnaldum standen nicht einmal im Kader.
Rhythmusverlust wegen "Winterpause"?
Und auch am CL-Aus ist Klopp für Lothar Matthäus zumindest nicht ganz unschuldig. Der Sky Experte kritisiert, dass der Coach seinem Team im Februar eine "Winterpause" verschaffte:
"Bis vor fünf oder sechs Wochen hat alles funktioniert. Liverpool hat dominant gespielt und attraktiven Fußball angeboten, aber dann hat Jürgen Klopp seinen Spielern ein bisschen lange freigegeben Anfang Februar und dadurch haben sie den Faden verloren und auch den Rhythmus für die Spiele. Qualität ist verloren gegangen, auch in der Liga und ich könnte mir vorstellen, dass diese Pause der Mannschaft nicht gut getan hat. Es wird sicherlich einiges aufzuarbeiten geben", analysierte Matthäus.
Dazu haben die Verantwortlichen nun ja Zeit. Die Saison des FC Liverpool ist schließlich vorbei ...