Ballverluste und Ungenauigkeiten: Bayern hat sich im Hexenkessel von Istanbul selten souverän, aber effektiv präsentiert. Thomas Tuchel kritisierte die erste Halbzeit im Nachgang scharf. Matthias Sammer würde der FCB-Auftritt nachdenklich machen.
Der FC Bayern hat den Stresstest in Istanbul bestanden und auch im dritten Champions-League-Spiel dieser Saison den dritten Sieg eingefahren. Danach sah es während der Partie nicht immer aus. Galatasaray machte mächtig Druck im ohrenbetäubenden RAMS Park und stellte die Defensive der Bayern vor große Probleme.
Gerade im Zusammenspiel zwischen Viererkette und Mittelfeld-Zentrale schlichen sich immer wieder haarsträubende Fehler ein. Die Münchner bekamen in der ersten Hälfte so gut wie nie Zugriff auf Spiel und Gegner. In Istanbul konnte man durchaus Parallelen zu zurückliegenden Auftritten der Bayern ziehen, so beispielsweise auch zum vergangenen Bundesliga-Spiel gegen Mainz.
Tuchel: "Das war nicht gut"
"Das war eine komplizierte erste Halbzeit, das war nicht gut. [...] Mit der ersten Hälfte waren wir alle nicht zufrieden", erklärte Trainer Thomas Tuchel nach der Partie bei Prime Video.
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Gala hatte nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich von Mauro Icardi, der einen frechen Panenka-Elfer versenkte, zahlreiche Gelegenheiten zur Führung und ein erstaunliches Übergewicht an Torchancen. Nicht selten war es Keeper Sven Ulreich, der für die Münchner mit Paraden Schlimmeres abwenden konnte. Und der deutsche Rekordmeister? Spielte unsauber und nutzte die Räume, die Gala durchaus bot, viel zu selten.
Auch Tuchel kritisierte das im Nachgang der Partie deutlich: "Wir hatten wahnsinnig schnelle Ballverluste, waren viel zu hektisch und haben gar keine Zweikämpfe gewonnen. [...] Gala spielt mit sehr viel Risiko. Sie laufen alles von vorn an, spielen Mann gegen Mann. Da waren wir nicht mutig genug. Du musst dir vorher Raum verschaffen im Laufverhalten."
In der zweiten Hälfte lief dann vieles besser bei den Bayern. Gerade hinten stand man deutlich geordneter. Vorne profitierte der Rekordmeister von gnadenloser Effizienz. Tuchel betonte: "Unsere vordere Reihe ist einfach extrem gefährlich, immer, auch wenn wir schlecht spielen. Das hilft uns, schwierige Phasen zu überstehen."
Die teils hart umkämpfte und enge Partie müsse man aus Sicht des Coaches aber auch in einen Kontext bringen: "Die haben hier 16-Mal in Folge nicht verloren, deswegen war das insgesamt schon ein sehr, sehr guter Sieg für uns."
Sammer: "Würde mich nachdenklich machen"
Auch Matthias Sammer sah zwar eine verbesserte zweite Hälfte des FCB, in der deutlich mehr Struktur herrschte. Doch insgesamt, so der 56-Jährige, sei der Auftritt in Istanbul für die Münchner durchaus bedenklich gewesen. Der gebürtige Dresdner warnte nach dem Spiel bei Prime Video: "Vielleicht liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Wenn du Dreiviertel vom Spiel solche Probleme hast, dann würde mich das nachdenklich machen. Das ist nicht das erste Mal, sie spielen hier gegen "Gut", aber noch nicht gegen "High Level"."
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Mit Blick auf die Zukunft und die möglichen bevorstehenden Aufgaben in der K.o.-Phase der Königsklasse kam der Experte mit den streckenweise immer wieder unsouveränen Bayern ins Zweifeln: "So wird es schwierig werden, weil du dann andere, ausgebuffte Mannschaften hast, die dich ausspielen und dementsprechend müssen sie sich steigern."
Ähnlich äußerte sich auch Sky Experte Didi Hamann nach der Partie bei Sky Austria: "Sie müssen irgendwann einmal anfangen, besser zu spielen. Dass sie nach vorne die Qualität haben, immer zwei, drei, vier Tore zu schießen ist klar, aber wenn du hinten so offen bist, dann wirst du nie über einen längeren Zeitraum Dominanz im Spiel haben."
Der 50-Jährige weiter: "Das ist etwas, was die Bayern immer ausgezeichnet hat. Sie haben nicht immer geglänzt auswärts in der Champions League, aber sie haben Spiele kontrolliert und das machen sie im Moment nicht. In der Summe der letzten Wochen und Monate waren die Ergebnisse immer wunderbar. Aber von der Leistung her war das heute nicht das erste Mal zu wenig oder viel zu wenig."
Auch Torschütze Harry Kane haderte teilweise mit dem Auftritt seiner Mannschaft: "Es war ein sehr schwieriges Spiel. In der ersten Halbzeit haben wir dem Druck nicht immer standgehalten." Und dennoch erkannte der Star-Stürmer nach der Partie eine Entwicklung bei den Münchnern, wie er gegenüber Prime Video erklärte: "Wir verbessern uns von Woche zu Woche. Respekt an alle, denn das war ein schwieriger Abend für uns."
Bayern weiter schwer einschätzbar
Trotz der Kritik und der "High Level"-Zweifel von Sammer und Hamann muss betont werden, dass Bayern mit drei Siegen aus drei Spielen bereits große Schritte Richtung K.o.-Phase gesetzt hat. Ein riesiger Erfolg, wie Tuchel nach der Partie noch einmal beschrieb: "Es ist sauschwer auswärts in der Champions League zu gewinnen. Es ist einfach top, jetzt schon wieder neun Punkte zu haben."
Mit der von Kane angesprochenen stetigen Verbesserung könnte dem FCB auch in dieser Saison wieder einmal gelingen, was schon so oft gelang: im entscheidenden Moment, nämlich im Achtelfinale der Königsklasse, das beste Niveau abrufen. Auch Sammer ordnete nach seiner Kritik der Vollständigkeit halber ein: "Aber großes Kompliment für das vierte Viertel, das ist auch Bayern."
Doch bis es überhaupt zum erwähnten Achtelfinale kommt, steht dem FCB zweifelsohne noch viel Arbeit bevor. In Istanbul zeigten sich die Münchner über weite Teile der Partie erneut von ihrer unsouveränen und wackeligen Seite. So bleibt Bayern auch zu diesem Zeitpunkt der Saison weiter eine nur schwer einschätzbare Mannschaft.
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