Für Uli Hoeneß ist eine Verpflichtung von Englands Nationalstürmer Harry Kane durch den FC Bayern München eine irrwitzige Idee.
"Ich halte den Transfer für völlig gaga", sagte der Ehrenpräsident des deutschen Rekordmeisters als Talkgast bei einer Veranstaltung der Abendzeitung in München.
"Letztes Jahr hat Tottenham 160 Millionen Euro (Ablöse) abgelehnt von Manchester City. Meinen Sie, der ist dieses Jahr billiger? Harry Kane ist ein super Spieler, gar keine Frage. Aber das ist ein Geld, das zahle ich nicht", sagte Hoeneß, der beim FC Bayern aber nicht mehr für das operative Geschäft verantwortlich ist. Er gehört noch dem Aufsichtsrat an, der Transfers ab einer Größenordnung von 25 Millionen Euro im Gesamtvolumen absegnen muss.
Der 29 Jahre alte Kane ist in den vergangenen Monaten immer wieder auch mit dem FC Bayern in Verbindung gebracht worden. Der Vertrag des Mittelstürmers bei den Tottenham Hotspur läuft im Juni 2024 aus.
Hoeneß lobt Choupo-Moting
In München wird immer wieder über einen Weltklasse-Mittelstürmer als Nachfolger für den vor dieser Saison zum FC Barcelona gewechselten Torjäger Robert Lewandowski spekuliert. Auch Hoeneß merkte an, dass es eine Überlegung sein könnte, auf der Position im Sommer Geld in die Hand zu nehmen. "Grundsätzlich halte ich unseren Kader für den besten der Welt. Das einzige Fragezeichen vor der Saison war die Nummer 9", sagte der 71-Jährige.
Nach dem Weggang von Lewandowski hat sich Eric Maxim Choupo-Moting (33) im Laufe dieser Spielzeit zum Mittelstürmer Nummer 1 bei den Bayern entwickelt. "Ich war total überrascht über die Leistungssteigerung von Choupo-Motin", gestand Hoeneß. Er halte diesen für "einen wirklich guten Mittelstürmer", der aber auch schon über 30 sei.
Die jüngst vollzogene Vertragsverlängerung mit Choupo-Moting um ein Jahr sei eine "total richtige Entscheidung" des Bayern-Vorstandes um Oliver Kahn gewesen. "Da ist man auf Nummer sicher gegangen. Wenn man das nicht gemacht hätte, hätten wir eine Mittelstürmer-Diskussion in den nächsten drei Monaten gehabt", meinte Hoeneß.
Hoeneß glaubt an Neuer-Comeback
Für Hoeneß ist es derweil keine Frage, dass Nationaltorhüter Manuel Neuer im Falle einer vollständigen Genesung von seinem Beinbruch ins Tor des FC Bayern zurückkehrt. "Wir hoffen alle, dass Manuel nach seiner schweren Verletzung im Laufe des Jahres wieder fit wird wie vorher. Und dann wird er bei Bayern München im Tor stehen", sagte Hoeneß.
Ein vereinskritisches Zeitungs-Interview des Kapitäns nach der Trennung des deutschen Rekordmeisters vom langjährigen Torwarttrainer und Neuer-Vertrauten Toni Tapalovic sieht Hoeneß dabei nicht als ein Hindernis an.
Er sieht keinen Bruch zwischen dem Torwart und der Vereinsführung um Oliver Kahn, die sehr verärgert auf die Aussagen reagiert hatte, das Thema aber erst nach dem Champions-League-Rückspiel gegen Paris Saint-Germain an diesem Mittwoch abschließend mit Neuer intern aufarbeiten will. "Er hat das längst bereut", meinte Hoeneß.
Neuer hatte sich vor Weihnachten bei einem Ski-Unfall schwer verletzt. Der 36-Jährige fällt nach einem Unterschenkelbruch mindestens bis zum Saisonende aus. Die Bayern mussten in der Winterpause auf dem Transfermarkt handeln und verpflichteten für rund 8,5 Millionen Euro den Schweizer Nationaltorhüter Yann Sommer (34) von Borussia Mönchengladbach.
Yann Sommer ist ein Glücksfall für den FC Bayern. Dass unser Vorstand in dieser Not so einen tollen Charakter, so einen tollen Torwart, so eine Persönlichkeit gefunden hat und in Gladbach losgeeist hat - Chapeau!", lobte Hoeneß. Trotzdem glaubt er, dass Neuer wieder die Nummer eins wird, wenn er zu alter Leistungsstärke zurückfindet. "Ich schätze Yann Sommer extrem. Aber man darf nicht vergessen, Manuel ist Manuel", sagte Hoeneß.
Hoeneß setzt sich für Schweinsteiger-Rückkehr ein
Hoeneß würde eine Rückkehr des langjährigen Bayern-Profis Bastian Schweinsteiger zum Rekordmeister sehr begrüßen, wenn dieser Interesse bekunden sollte. "Ich bin überzeugt, dass bei Bastian Schweinsteiger die Türen beim FC Bayern weit aufgehen", sagte Hoeneß. Der 38 Jahre alte Ex-Nationalspieler Schweinsteiger ist aktuell als Fußball-Experte für die ARD tätig.
Hoeneß gefällt, wie sich Schweinsteiger nach seiner Bayern-Zeit und im Anschluss an seine Karriere als Profi weiterentwickelt habe. "Bastian hat eine unglaubliche Entwicklung in der Persönlichkeit gemacht. Früher war er ein Lausbub, ein guter Kicker, aber mit vielen Flausen. Jetzt ist er ein gestandenes Mannsbild, ein Weltmann. Er war in Amerika, er war in Manchester", sagte er.
Hoeneß ist schon lange ein Befürworter davon, ehemalige Spieler im Verein einzubinden. Oliver Kahn war seine Wahl als Vorstandschef, auch der heutige Sportvorstand Hasan Salihamidzic wurde vom früheren Manager und Präsidenten protegiert. Etliche Ex-Stars wie Giovane Elber oder Claudio Pizarro sind als Marken-Botschafter für den FC Bayern aktiv.
Eine Bayern-Zukunft nach der Spielerkarriere könnte sich Hoeneß auch bei Manuel Neuer (36) und besonders Thomas Müller (33) gut vorstellen. "Thomas ist eine Identifikationsfigur für jede Art von Job bei Bayern", befand Hoeneß. Der Ur-Bayer sei schon jetzt mehr als nur ein Fußballspieler beim Rekordmeister.
Hoeneß stärkt Nagelsmann
Hoeneß wird der Ausgang der Champions-League-Kraftprobe des FC Bayern mit Paris Saint-Germain keinen Einfluss auf das langfristig angelegte Trainerprojekt mit Julian Nagelsmann haben.
"Ich finde, das wird total hochgespielt. Der Ausgang des Spiels am Mittwoch hat mit dem Engagement von Julian Nagelsmann aus meiner Sicht überhaupt nichts zu tun", sagte Hoeneß.
Man könne die K.o.-Spiele gegen das Starensemble von PSG mit Weltmeister Lionel Messi und WM-Torschützenkönig Kylian Mbappé überhaupt nicht mit dem Münchner ViertelfinaI-Aus im ersten Jahr unter Nagelsmann vergleichen, argumentierte Hoeneß.
"Im Achtelfinale gegen Paris kannst du ausscheiden. Es ist ein Riesenunterschied, ob ich gegen Villarreal ausscheide oder gegen Paris Saint-Germain", sagte er. Hoeneß blickt nach dem 1:0 in Paris zuversichtlich auf das entscheidende Rückspiel an diesem Mittwoch (21.00 Uhr) in der Allianz Arena. "Wir haben uns in Paris eine super Ausgangsposition erarbeitet."
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