Bernd Leno (30) hat seiner Karriere mit dem Wechsel von Arsenal zum FC Fulham neuen Schwung verliehen. Als Stammkraft ist er mit dem Aufsteiger derzeit auf Europa-League-Kurs und will sich mit guten Leistungen auch bei Hansi Flick wieder in den Fokus spielen.
Der Ex-Leverkusener im exklusiven Interview mit Sky Reporter Sven Töllner über seinen Comeback-Plan in der Nationalmannschaft, Millionen-Wahnsinn auf dem Transfermarkt und eine mögliche Lösung für das Currywurst-Problem in London.
Sky: Fulham hat als Aufsteiger Tuchfühlung zu den internationalen Plätzen. Was sind die Bestandteile der aktuellen Erfolgsgeschichte?
Bernd Leno: "Ein Faktor ist sicher, dass einige Spieler noch hier sind, die vor zwei Jahren abgestiegen sind. Man merkt ihnen an, dass das im Herzen wehgetan hat - das wollen die korrigieren. Es sind gute Spieler dazu gekommen und dementsprechend spielen wir auch Fußball - vor allem zu Hause. Intensives Pressing mit viel Energie. Wir sind unberechenbar und es ist kein Zufall, dass wir in der Tabelle so gut dastehen."
Sky: Ist die Atmosphäre in Craven Cottage ein weiterer Faktor?
Leno: "Ganz sicher! Ein sehr kleiner und sehr schmaler Platz - und die Atmosphäre ist heiß. Die Zuschauer sind sehr nah am Spielfeldrand - typisch englisch. Egal, mit wem ich spreche: Alle sagen, es ist richtig eklig, bei uns zu spielen."
Leno erklärt Abschied von Arsenal
Sky: Und hinten drin steht ein sehr guter Torwart. Hat sich der Wechsel innerhalb Londons für Sie bereits ausgezahlt?
Leno: "Ja, natürlich. Ich habe bei Arsenal in der letzten Saison sehr wenig Spiele gemacht, deshalb war für mich klar, dass ich einen anderen Weg gehen muss. Und ich wollte unbedingt in der Premier League bleiben. Das ist für mich die beste Liga. Im Endeffekt habe ich sehr schnell zu meiner Form zurückgefunden. Außerdem lebe ich wirklich unheimlich gerne in London. Den Schritt zu Fulham habe ich keine Sekunde lang bereut."
Sky: Ihr Ex-Klub Arsenal marschiert derzeit vorneweg. Sind Sie überrascht?
Leno: "Ich freue mich für meine ehemaligen Kollegen, habe weiterhin Kontakt zu einigen Leuten im Klub. Auch zu den Fans hatte ich immer ein sehr gutes Verhältnis. Als wir mit Fulham dort gespielt haben, haben die mich gefeiert (lacht). Ich hoffe, dass die Jungs weitermarschieren, aber es ist natürlich ein weiter Weg - vor allem, wenn man Manchester City im Nacken sitzen hat."
Leno lässt Bundesliga-Rückkehr offen
Sky: Man hat den Eindruck, eine Bundesliga-Rückkehr steht bei Ihnen vorerst nicht zur Debatte. Wie denken Sie über Ihre nächsten Karriere-Jahre?
Leno: "Ich schließe nichts aus - das geht ja nicht im Fußball. Die Bundesliga ist immer interessant und Deutschland meine Heimat. Nach der Karriere werden wir wohl zurückkehren. Die Auslandserfahrung ist wahnsinnig wertvoll - andere Sprache, andere Kultur, anderes Leben. Das hat mich zu einem viel offeneren Menschen gemacht. Dieses Abenteuer will ich weiterführen. Diese Erfahrung kann man vielleicht im späteren Leben nicht mehr machen. Mein Vertrag läuft ja noch einige Jahre (bis 2025, die Red.) und ich werde im März erst 31. Ich fühle mich körperlich und mental topfit - manche Torhüter spielen, bis sie 45 sind. Da kann also noch einiges kommen - möglicherweise auch irgendwann eine Rückkehr in die Bundesliga."
Sky: Jetzt geht es natürlich erst mal um die nächste Aufgabe - die heißt Chelsea…
Leno: "Wir haben im Hinspiel gezeigt, dass wir sie schlagen können. Und auswärts haben wir gegen die großen Teams bislang oft gut ausgesehen. In der Premier League ist fast jedes Spiel auf des Messers Schneide. Bei denen herrscht viel Trubel im Verein. Sie haben viele Neuzugänge und auch einige Verletzte - das ist alles nicht hilfreich für die. Wenn wir dort ein perfektes Spiel hinlegen, dann können wir mindestens einen Punkt mitnehmen."
Leno spricht über Neuers Verletzung
Sky: Wie sehen Sie die Situation im DFB-Tor - auch mit dem Blick auf Neuers Verletzung?
Leno: "Ich war leider nicht bei der WM dabei. Damit war natürlich zu rechnen, weil ich wenig Spiele gemacht habe. Jetzt lauere ich und versuche weiterhin meine Leistung zu bringen. Mit Krone (DFB-Torwarttrainer Andreas Kronenberg, die Red.) bin ich ohnehin immer im Austausch. Ich denke, beim DFB wird gesehen, wie ich in der Premiere League performe, aber ob ich eingeladen werde, entscheide nun mal nicht ich. Manuel ist jetzt verletzt. Das heißt, ein Platz wird höchstwahrscheinlich frei. Natürlich hoffe ich darauf, im März dabei zu sein, wieder reinzuschnuppern. Ich versuche einfach meine Leistung zu bringen, um wieder dabei zu sein. Und wenn es nicht klappt, dann werde ich weiter Gas geben und dafür sorgen, dass es noch schwieriger wird, an mir vorbeizukommen."
Sky: Wird ter Stegen Ihrer Ansicht nach erst mal gesetzt sein?
Leno: "Ohne Manu wird er wahrscheinlich die Nase vorn haben. Marc bringt gute Leistungen bei Barca und Trappo (Kevin Trapp, die Red.) macht es auch seit Jahren schon sehr gut. Das mit der Nationalmannschaft geht nicht von heute auf morgen. Das muss man sich über Monate oder Jahre hinweg erarbeiten. Das haben die Jungs getan und das werde ich jetzt hoffentlich auch wieder tun."
Leno: Hohe Ablösesummen sind Normalität
Sky: Die Zahlen auf dem Transfermarkt werden immer schwindelerregender. Schütteln Sie noch ab und an mit dem Kopf?
Leno: "Man muss ehrlicherweise sagen, dass das in England wirklich pure Normalität ist. Wenn man sieht, welche Millionenbeträge manchmal auch für Zweitligaspieler über den Tisch gehen - das ist natürlich schon verrückt. Aber in England spielt das - zumindest gefühlt - fast keine Rolle, während in Deutschland jeder Penny dreimal umgedreht werden muss. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, weiß ich nicht ganz genau. Fest steht, dass man mit viel Geld bessere Spieler kaufen kann. Deshalb gehen natürlich viele Profis in die Premier League."
Sky: Abschließend ein kurzer Check, wie sehr Sie mittlerweile die englische Lebensart angenommen haben - mit der Gewissensfrage: Fish and Chips oder Currywurst?
Leno: "Ich bleibe bei der Currywurst. In Leverkusen bin ich nach den Spielen immer nur dann in den VIP-Raum gegangen, wenn es Currywurst gab. Das wird sich auch nicht mehr ändern. In London ist die allerdings schwer zu bekommen. Ganz, ganz selten hier im Winter Wonderland - so eine Art Oktoberfest zur Weihnachtszeit. Da gibt's Sauerkraut, Currywurst und das ganze bayerische Programm. Es dauert vielleicht noch ein paar Jahre, bis die das hier für sich entdecken."
Sky: Das klingt nach einer Geschäftsidee…
Leno (lacht): "Eine Currywurstbude in London als zweites Standbein - ich denk mal drüber nach…"
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