Seit einem Jahr reitet Rot-Weiss Essen auf einer Erfolgswelle. Vorläufiger Höhepunkt: der denkwürdige Pokalfight gegen Bayer Leverkusen.
Rot-Weiss Essen steht im DFB-Pokal-Viertelfinale. Die Essener bezwangen am Dienstagabend den turmhohen Favoriten Bayer Leverkusen in der Verlängerung des Pokal-Achtelfinals. Essen ist erst der vierte Viertligist seit Bundesliga-Gründung nach dem 1. FC Magdeburg (2000/01), Holstein Kiel (2011/12) und dem 1. FC Saarbrücken (2019/20), der das Ticket für die Runde der letzten Acht lösen konnte.
Die Essener bewiesen gegen die Werkself Moral und steckten trotz des 0:1-Rückstands in der 105. Minute nicht auf. Torwart Daniel Davari mit seinen zehn Paraden (geteilter Pokal-Bestwert in dieser Saison) sowie die Torschützen Oguzhan Kefkir und Simon Engelmann waren die umjubelten Helden, die die Essener Anhänger mit Feuerwerk feiern ließen.
"Was wir als Mannschaft geleistet haben, wirklich unfassbar", sagte der überragende Davari im Anschluss bei Sky sichtlich gerührt.
Das Netz feiert: "Mit Essen spielt man nicht"
Mit Leverkusen und Bielefeld schalteten die Essener in dieser Saison schon zwei Bundesligisten im Pokal aus (plus Zweitligist Fortuna Düsseldorf) und siegten in dieser Spielzeit dadurch bereits häufiger gegen einen Erstligisten als der FC Schalke.
Auch das Netz feierte die Pokalsensation des unterklassigen Traditionsvereins:
Essen unschlagbar
Das Team von Trainer Christian Neidhart weiß gar nicht mehr, wie man verliert. Seit einem Jahr sind die Essener schon ungeschlagen, verloren letztmals am 01.02.2020 mit 0:2 gegen den SV Rödinghausen. Seitdem gab es keine Niederlage mehr. Aktuell stehen sie auf Platz zwei in der Regionalliga West mit zwei Punkten Rückstand auf die zweite Mannschaft von Borussia Dortmund - allerdings hat RWE ein Spiel weniger absolviert.
Und schon am kommenden Samstag kommt es zum nächsten Top-Spiel für die Essener. Dann geht es gegen den aktuellen Tabellenführer aus Dortmund (Hinspiel 1:1). Wer dieses Spiel gewinnt, geht mit guten Aussichten auf den Aufstieg in die 3. Liga in die restliche Saison. Die Zeichen für den Deutschen Meister von 1955 stehen nicht schlecht, denn das Stadion an der Hafenstraße ist eine richtige Festung. Von den letzten 17 Heimspielen gewannen die Essener 16 (ein Remis).
1994 letztmals im Finale
RWE ist ein echter Traditionsverein und sorgte mit dem Sieg über Leverkusen in der DFB-Pokal-Historie nicht zum ersten Mal für eine Überraschung. Neben dem Titelgewinn 1953 mit dem "Boss" Helmut Rahn (2:1 gegen Alemannia Aachen) erreichte Essen letztmals 1994 das Pokalfinale. Nachdem RW unter anderem den Bundesligisten MSV Duisburg im Achtelfinale ausschaltete, verlor der damalige Zweitliga-Absteiger schließlich jedoch mit 1:3 gegen Werder Bremen.
Ebenfalls eine Überraschung gelang den Essenern in der Pokalsaison 2011/12. Damals schlugen sie als Viertligist in der ersten Runde Union Berlin mit 6:5 im Elfmeterschießen.
Bildergalerie: RW Essen und Sensationen durch Viertligisten im Pokal
Die Auf- und Abs eines Traditionsvereins
Doch in Essen lief es in den vergangenen 25 Jahren nicht immer rund. Rot-Weiss dümpelte ab Ende der neunziger Jahre lange Zeit zwischen der dritten und der zweiten Liga herum, musste aber aufgrund finanzieller Probleme den Gang in die vierte Liga (Regionalliga West) und 2010/11 sogar in die fünfte Liga (NRW-Liga) antreten. Mittlerweile hat sich Essen aber sowohl finanziell, als auch sportlich gefangen und schielt durch die derzeitige sportliche Leistung auf den Aufstieg in die 3. Liga.
Am kommenden Sonntag entscheidet sich gegen wen das Überraschungsteam aus dem Pott im Viertelfinale antreten darf. Vorstandschef Marcus Uhlig hat schon einen Wunsch: "Wenn noch ein schlagbarer Zweitligist dabei bleibt, hätte ich den gerne." Gelingt RW dann als erst zweiter Viertligist der DFB-Pokal-Geschichte nach dem 1. FC Saarbrücken (2019/20) der Einzug ins Pokal-Halbfinale?