DFB: Sane, Gnabry und Werner als große Lichtblicke

Hoffnungsträger für die Zukunft der Nationalelf

Von Thorsten Mesch

Image: Leroy Sane, Serge Gnabry und Timo Werner (v.r.) bejubeln zusammen mit Thilo Kehrer ein Tor beim 2:2 gegen die Niederlande. 

Leroy Sane, Serge Gnabry und Timo Werner stehen nach dem verkorksten WM-Jahr für den Neuanfang im DFB-Team und machen dem Bundestrainer und Mitspielern Hoffnung.

Das Jahr 2018 hätte das Jahr des Leroy Sane werden können. Im Februar gewann er mit Manchester City den englischen Ligapokal, im Mai feiert er mit den Citizens den Gewinn der englischen Premier League.

Sane wurde zum besten Nachwuchsspieler der Premier League gewählt und wollte sein Können auch bei der WM in Russland zeigen. Doch Joachim Löw strich den 22-Jährigen im Trainingslager in Südtirol aus dem Kader. Zum Entsetzen vieler Experten im In- und Ausland.

Löw lobt Sane nach Rückkehr ins DFB-Team

Nach der verpatzten WM holte der Bundestrainer Sane, der im August dann noch den englischen Supercup mit City gewann, zurück. Seinen Durchbruch im DFB-Team schaffte der Linksaußen in den Partien gegen Russland (3:0) und die Niederlande (2:2), in denen er seine ersten beiden Länderspieltore erzielte.

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"Leroy wirkte sehr wach und konzentriert", meinte Löw vor dem Holland-Spiel: "Wenn ich auch sehe, wie er nach hinten arbeitet, er macht unheimlich viele Wege. Im Moment macht er uns viel Spaß. Wenn er so spielt, ist er extrem wertvoll. Langsam findet er sich auch in unserem System zurecht, das doch etwas anders ist als bei Manchester City."

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"Mopeds" bringen PS auf die Straße

Zusammen mit Serge Gnabry, der gegen Russland ebenfalls zum ersten Mal im DFB-Trikot traf, und Timo Werner steht Sane für den Neuanfang in der Nationalmannschaft.

Die "kleinen Mopeds", wie Teamkollege Niklas Süle die drei Offensivspieler wegen ihrer Schnelligkeit nannte, bringen ihre PS auf die Straße und sollen die DFB-Auswahl mit ihrer erfrischenden Spielweise wieder in die Spur bringen.

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Die DFB-Elf in der Einzelkritik gegen die Niederlande

Manuel Neuer: Der Heimkehrer hätte zunächst auch seine Wachsfigur ins Tor stellen können, bis zur 55. Minute musste er keinen Ball parieren. Zeigte seine größte Tat mit einer Fußabwehr gegen Depay (78.). Ohne Chance bei den Gegentoren. Sky Note: 3
Niklas Süle: Erlebte in der ersten Halbzeit eine kurze Schrecksekunde, als er haarscharf an seinem ersten Eigentor im DFB-Dress vorbeischlitterte. Verlor bei der niederländischen Schlussoffensive wie seine Nebenleute die Übersicht. Sky Note: 3
Mats Hummels: Absolvierte als Chef der Dreierkette sein 70. Länderspiel. Leitete mit seiner Balleroberung das 1:0 ein. Trotz einer frühen Verwarnung legte er ein souveränes Zweikampfverhalten an den Tag - bis zur 85. Minute. Sky Note: 3
Antonio Rüdiger: Stand seinen Nebenleuten zunächst in nichts nach, doch am Ende ließ bei ihm die Konzentration nach. Verlor vor dem 2:2 gleich zwei Kopfballduelle. Sky Note: 4
Thilo Kehrer: In seinem alten Wohnzimmer war er Balljunge, Zuschauer und Profi. Nun kehrte er als Nationalspieler zurück und hatte nach 25 Sekunden den ersten Abschluss. Ansonsten unauffällig und mit einem Stellungsfehler beim Ausgleich. Sky Note: 4
Nico Schulz: Der Hoffenheimer war vor allem offensiv deutlich präsenter als Kehrer. Er lief die linke Seite hoch und runter und war Ausgangspunkt vieler vielversprechender Angriffe. Seine Flanken fanden jedoch nicht immer einen Abnehmer. Sky Note: 3
Joshua Kimmich: Hatte viele Ballkontakte, überzeugte als Verteiler und harmonierte in der Mittelfeld-Zentrale gut mit Kroos. Einziger Makel war sein schlampiges Zuspiel auf Goretzka vor dem 1:2. Sky Note: 3
Toni Kroos: Zu Beginn konsequent zugedeckt und mit ungewohnten Nachlässigkeiten im Spielaufbau. Befreite sich mit einem schönen langen Ball auf Sane, der sein Zuspiel zum 2:0 verwertete. Konnte die Flanke vor dem 2:2 nicht verhindern. Sky Note: 3
Timo Werner (bis 63.): Bildet zusammen mit Leroy Sane und Serge Gnabry das Turbo-Trio. Nach über zwölf Stunden durfte er endlich wieder ein Tor im DFB-Dress bejubeln. War sehr agil, verpasste aber ein weiteres Tor. Sky Note: 2
Leroy Sane (bis 80.): Der Ex- Schalker sprühte vor Spielfreude und ließ seine Gegenspieler teilweise wie orangene Slalomstangen aussehen. Krönte seine Leistung mit seinem zweiten Länderspiel-Tor in Folge. Sky Note: 2
Serge Gnabry (bis 67.) : Handelte beim Führungstor gedankenschnell, als er einen Kroos-Pass mit einem Kontakt zu Werner weiterleitete. War mit viel Einsatz an vielen weiteren guten Aktionen beteiligt. Mausert sich so zur Stammkraft. Sky Note: 2
Marco Reus (ab 63.): Der Dortmunder fügte sich gut ein und war an einigen schönen Kombinationen beteiligt. Sky Note: 3
Thomas Müller (ab 67.): Feierte mit seiner Einwechslung seinen 100. Länderspiel-Einsatz. Leitete mit einem Traumpass auf Reus eine gute Chance für Sane ein. Sky Note: 3
Leon Goretzka (ab 80.): Der Ex-Schalker kam für Sane ins Spiel. Vertändelte vor dem Gegentor zum 1:2 den Ball vor dem eigenen Strafraum. Ohne Bewertung.

"Wenn wir die drei ins Umschaltspiel bekommen, sind sie wahnsinnig schnell und mit ihrem Tempo können wir dem Gegner wehtun", sagte Thomas Müller.

In diesem Video (59 Sekunden) spricht Toni Kroos über die Qualitäten von Leroy Sane, Serge Gnabry und Timo Werner.

"Sie geben dir Optionen, durch ihre Geschwindigkeit wieder etwas mehr in die Tiefe zu spielen", erklärte Toni Kroos: "Das gibt uns aktuell Einiges und ich denke, dass man das auch in Zukunft so sehen wird."

Auch Havertz und Brandt als Lichtblicke

Neben dem Turbo-Trio gehören auch die Leverkusener Julian Brandt und Kai Havertz zu den Lichtblicken des schwarzen WM-Jahres, in dem das DFB-Team so viele Niederlagen kassierte wie noch nie. Der erst 19 Jahre alte Havertz ragte beim 3:0 gegen Russland heraus und leitete zwei der drei Tore ein. "Ich kann mir gut vorstellen, dass er in den nächsten Jahren eine Schlüsselrolle spielen kann", sagte Löw.

Die Noten der DFB-Kicker gegen Russland

Manuel Neuer: Der Kapitän erlebte einen ruhigen Abend. In der ersten Halbzeit brachten die Russen nicht einen einzigen Ball auf sein Tor. Direkt nach der Pause musste er sich bei der ersten Chance der Gäste gewaltig strecken. Sky Note: 3
Matthias Ginter: Der Gladbacher begann rechts in der Dreierkette und spielte solide, war aber gegen die harmlosen Russen defensiv komplett unterfordert. Sky Note: 3
Niklas Süle: Der Münchner bekam den Vorzug gegenüber dem nicht ganz fitten Mats Hummels. Schaltete sich sehr effizient in die Offensive ein. Erzielte sein erstes Länderspieltor und leitete das 3:0 mit seinem Pass auf Havertz ein. Sky Note: 2
Antonio Rüdiger (bis 61.): Der Chelsea-Profi musste wie Ginter defensiv so gut wie nie in Aktion treten. Sein verunglückter Flugkopfball im eigenen Strafraum (19.) blieb ohne Folgen. Nach der Pause bis zur Auswechslung aber fahrig. Sky Note: 4
Thilo Kehrer: Der PSG-Profi spielte im 3-4-3 mangels Gegenwehr der Gäste sehr offensiv und gab so einen zusätzlichen Rechtsaußen. In dieser Form sollte er immer in der Startelf stehen. Nach der Pause wie die ganze Elf etwas schwächer. Sky Note: 2
Joshua Kimmich: Wie zuletzt im DFB-Team auf der Sechs. Solide Vorstellung des Bayern-Stars, doch nicht so auffällig wie Havertz. Brachte die Ecke vor Süles 2:0 herein, verlor in der 48. Minute aber den Ball vor der russischen Chance. Sky Note: 3
Kai Havertz (bis 65.): Unfassbar, dass der Leverkusener erst sein zweites Länderspiel absolvierte!
Der 19-Jährige spielte enorm routiniert. Übersicht, Technik, Timing - fast perfekt. Leitete das 1:0 ein, seine Vorarbeit zum 3:0 war genial. Sky Note: 2 +
Jonas Hector: Der Kölner spielte links nicht so auffällig wie Kehrer auf rechts. Hätte dennoch fast sein viertes Länderspieltor erzielt (30.), in der 64. Minute wurde er bösartig am Knöchel gefoult und musste ausgewechselt werden. Sky Note: 3
Timo Werner (bis 65.): Der Leipziger war bei seinem Heimspiel sehr engagiert unterwegs, kam jedoch nicht an das hohe Niveau seiner Offensivkollegen Gnabry und Sane heran. Sky Note: 3
Serge Gnabry (bis 73.): Der Münchner knüpfte an seine zuletzt guten Leistungen im Verein an. Bewegte sich viel, gab die Vorlage zum 1:0, traf zum 3:0 und wirbelte mit Werner und Sane die russische Abwehr in Hälfte eins durcheinander. Sky Note: 2
Leroy Sane: Neben Gnabry und Havertz der auffälligste deutsche Spieler. Erzielte das Führungstor in der 8. Minute, vergab zwar eine große Kopfballchance (23.) und tauchte nach der Pause ab, aber dennoch sein bisher bestes Länderspiel. Sky Note: 2
Jonathan Tah: Der Leverkusener kam in der 61. Minute für Rüdiger. Beschränkte sich gegen die stärker werdenden Russen auf seine Defensivaufgaben. Sky Note: 3
Julian Brandt: In der 65. Minute für Werner gekommen, brachte der Leverkusener wieder etwas mehr Ideen in das abgeflaute Spiel. Sein Flachschuss in der 88. Minute wurde abgefälscht, in der Nachspielzeit passte er (zu) selbstlos quer. Sky Note: 3
Thomas Müller (l.) und Sebastian Rudy (r.): Dem Münchner und dem Schalker blieb zunächst nur ein Platz auf der Bank, weil Löw den jungen Spielern eine Chance gab. Rudy durfte ab der 65. Minute ran, Müller ab der 73. Minute. Keine Bewertung.
Nico Schulz: Der Berliner kam für den verletzten Hector, allerdings erst einige Minuten nach der Auswechslung des Kölners ab der 70. Minute ins Spiel. Keine Bewertung.
Leon Goretzka: Der Münchner ersetzte ab der 78. Minute Sane. Keine Bewertung.

Sane, Gnabry, Werner, Havertz, Süle, Brandt und auch Thilo Kehrer könnten in Löws Mannschaft wichtige Säulen mit Blick auf die nächsten Turniere sein. Der Bundestrainer sprach am Dienstagabend zwar von einem sehr enttäuschenden Jahr, geht "nach den letzten Länderspielen aber mit einem guten Gefühl in die Winterpause. Wir haben viel Potenzial. Das macht viel Mut für das nächste Jahr."

Löw: "Die Mischung macht es"

Der DFB-Kader sei "in der Breite so aufgestellt, dass wir die richtige Mischung finden. Es ist weiter der Zeitpunkt, dass wir den jungen Spielern die Möglichkeit geben, Erfahrungen zu sammeln. Wir brauchen aber auch drei, vier Stützen. Nur junge oder nur alte Spieler werden nicht zum Erfolg führen. Die Mischung macht es", betonte der Bundestrainer.

In diesem Video (28 Sekunden) spricht Leroy Sane über das Spiel gegen die Niederlande, in dem das DFB-Team einen 2:0-Vorsprung verspielte. Zudem äußert er sich zur Arbeit von Bundestrainer Joachim Löw.

"Jeder kann sehen, dass der Jogi einen Plan hat und wir es eigentlich auch sehr, sehr gut umsetzen", meinte Sane, "wir sind alle hoch motiviert, wieder stärker zurückzukommen."

Eins ist klar: Aus dieser Mischung sind die "kleinen Mopeds" nicht mehr wegzudenken. Die Jahre 2019 bis 2022 könnten die Jahre von Sane, Gnabry, Werner und den anderen jungen Wilden werden.

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