Selten hat ein Spieler bei seiner Auswechslung so gestrahlt, wie Timo Werner am Montagabend in Skopje. Der Stürmer avancierte mit seinem Doppelpack gegen Nordmazedonien (4:0) zum Matchwinner - und das mit Ansage.
Nachdem er in der ersten Halbzeit noch unglücklich am Pfosten scheiterte, war es dann in der 70. Minute soweit: Werner schoss eine tolle Steilvorlage von Thomas Müller volley in die Maschen - und sich selbst den ganzen Frust von der Seele.
Was ein befreiter Werner zu leisten im Stande ist, zeigte er nur drei Minuten später als er den Ball aus rund 20 Metern sehenswert zum 3:0 ins lange Eck schlenzte. "Sein zweites Tor war das schönste. Auch sein erstes hat er gut gemacht", attestierte Bundestrainer Hansi Flick. Der Knoten bei Werner sei jetzt "geplatzt". (Sky Note: 1)
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Flick-Effekt bleibt gegen Rumänien noch aus
Auf diesen therapeutischen Effekt der Nationalmannschaft hatte der Chelsea-Stürmer gehofft. In seiner Situation sei es "sehr wichtig, wenn man hier hinkommt und einen Trainer hat, der einem von der ersten Minute an zeigt: Ich finde dich nicht blind, ich finde dich nicht schlecht", hatte Werner noch zu Beginn der Länderspielreise in Hamburg gesagt.
Allerdings brauchte der 25-Jährige ein wenig Zeit, um das Flick'sche Wohlfühlklima aufzusaugen. Gegen Rumänien war ihm seine Verunsicherung nämlich noch deutlich anzumerken und zu allem Überfluss sah sich Werner wegen einer strittigen Szene im Strafraum auch noch einer Schwalben-Diskussion ausgesetzt.
Das wollte Flick so nicht stehen lassen und nahm seinen Spieler in Schutz. "Das ist nicht fair", so der DFB-Coach, die Szene sei minutenlang überprüft worden und daher offenbar alles andere als eindeutig. "Wir sprechen von einem Spieler, der unglaubliche Qualität hat", lobte Flick und ergänzte: "Wir unterstützen alle im Team, wir sind füreinander da, das ist unser Mindset."
Werner zahlt Vertrauen zurück
Dass Flick und die Mannschaft beste Aufbauarbeit leisteten, ließ sich die ganze Woche über gut beobachten, wie Sky Reporter Marc Behrenbeck berichtet: "Flick hat auch schon vor dem Rumänien-Spiel viel Zeit mit Timo Werner verbracht. Er hat mit ihm gesprochen, mal ein Witzchen mit ihm gemacht, ihn umarmt - und übrigens auch die gesamte Mannschaft."
Das Ergebnis sah man schließlich auf dem Platz. "Ich brauche dieses Vertrauen von außen, das gibt er [Flick, Anm. d. Red.] mir zu hundert Prozent. Das versuche ich zurückzuzahlen", erklärte Werner seine Leistung nach dem Sieg gegen Nordmazedonien.
Erst Sane, dann Werner - und jetzt Havertz?
Werner ist nicht der erste, der sich bei der Nationalmannschaft neues Selbstvertrauen holt. Erst Anfang September war ein ähnlicher Effekt bei Leroy Sane zu erkennen, der seither auch beim FC Bayern fast wie ausgewechselt auftritt und wettbewerbsübergreifend drei Tore und drei Vorlagen beisteuerte.
Das dürfte Werner auch Hoffnung für seine Zukunft beim FC Chelsea machen. Dort ist er hinter Sturmtank Romelu Lukaku nämlich nur zweite Wahl und blieb mit zwei Torbeteiligungen in der Premier League bisher hinter den Erwartungen zurück.
Apropos: Chelsea-Teamkollege Kai Havertz könnte der nächste Patient von Therapeut Flick werden. Der Offensiv-Allrounder steckt aktuell auch in einem Formtief. Ihm habe es trotz seines Treffers gegen Nordmazedonien "an Körperspannung gefehlt", findet Sky Reporter Uli Köhler: "Da hat Flick schon den nächsten Pflegefall, den er aufbauen kann."