DFB-Team News: Timo Werner tankt Selbstvertrauen bei Hansi Flick

Therapeut Flick kuriert den nächsten "Pflegefall"

Von Lucia Wythe

Image: Bei Timo Werner (l.) platzt gegen Nordmazedonien der Knoten.

Selten hat ein Spieler bei seiner Auswechslung so gestrahlt, wie Timo Werner am Montagabend in Skopje. Der Stürmer avancierte mit seinem Doppelpack gegen Nordmazedonien (4:0) zum Matchwinner - und das mit Ansage.

Nachdem er in der ersten Halbzeit noch unglücklich am Pfosten scheiterte, war es dann in der 70. Minute soweit: Werner schoss eine tolle Steilvorlage von Thomas Müller volley in die Maschen - und sich selbst den ganzen Frust von der Seele.

Was ein befreiter Werner zu leisten im Stande ist, zeigte er nur drei Minuten später als er den Ball aus rund 20 Metern sehenswert zum 3:0 ins lange Eck schlenzte. "Sein zweites Tor war das schönste. Auch sein erstes hat er gut gemacht", attestierte Bundestrainer Hansi Flick. Der Knoten bei Werner sei jetzt "geplatzt". (Sky Note: 1)

Die Noten der DFB-Stars zum Durchklicken

MANUEL NEUER: Hat einen extrem ruhigen Abend. Muss nur einmal richtig zupacken bei einem Konter der Nordmazedonier (26.). - NOTE: 3.
LUKAS KLOSTERMANN: Defensiv solide, offensiv aber fast unsichtbar. Fällt gegenüber Raum auf der anderen Seite deutlich ab. NOTE: 4.
NIKLAS SÜLE: Gewinnt die wichtigen Zweikämpfe in der Defensive und schaltet sich oft vorne mit ein wie bei einem Tempolauf (30.). - NOTE: 3.
THILO KEHRER: Wichtiger Block bei einem Schuss von Elmas (32.). Rettet bei einem Konter der Nordmazedonier in höchster Not (52.). Solide Leistung des PSG-Verteidigers. - NOTE: 3.
DAVID RAUM: Wesentlich offensiver als Klostermann auf der rechten Seite. Schlägt viele Flanken, allerdings mit Streuung. Darf sogar direkte Freistöße schießen (25.). Baut im zweiten Durchgang etwas ab. - NOTE: 3.
LEON GORETZKA: Starker Start ins Spiel mit einem vertikalen Pass, der eine Großchance einleitet (2.). Wesentlich offensiver als sein Pendant Kimmich, schiebt sich oft zwischen die Ketten der Nordmazedonier. Für Wirtz ausgetauscht (61.). NOTE: 3.
JOSHUA KIMMICH: Wieder mal Lenker im Mittelfeld. Vergibt in der 2. Minute die erste Top-Chance zum 1:0 per Kopf. Lässt sich auch nicht von den Laserpointern einiger Fans aus dem Takt bringen. - NOTE: 3.
SERGE GNABRY: Erzielt mit einer Bogenlampe fast das 1:0 (17.). Scheitert mit Distanzschuss an Dimitrievski (25.). In einigen Szenen fahrig. Traumpass auf Müller vor dem 1:0 (50.). Für Hofmann ausgewechselt (74.). - NOTE: 2.
THOMAS MÜLLER: Arbeitet extrem viel und hat zwei geniale Momente: Bewahrt vor dem 1:0 die Übersicht und legt clever quer zu Havertz. Herausragende Weiterleitung auf Werner vor dem 2:0 (70.). Neuhaus kommt für ihn ins Spiel (80.). NOTE: 1.
KAI HAVERTZ: Bringt Deutschland mit seinem 6. Länderspieltor auf die Siegerstraße (50.). Sieht Gelb nach einem taktischen Foul (54.) und ist im nächsten Spiel gesperrt. Für Adeyemi ausgewechselt (61.). NOTE: 2.
TIMO WERNER: Klebt zunächst das Pech am Schuh. Scheitert an Dimitrievski (26.). Trifft nur den Pfosten (45.+2). Im zweiten Durchgang bricht er den Bann und trifft erst zum 2:0 (70.) und dann zum 3:0 (73.). Kurz danach ausgewechselt (74.). - NOTE: 1.
FLORIAN WIRTZ: Eingewechselt für Goretzka (61.). Legt Werner das 3:0 auf (73.). - NOTE: 2.
JAMAL MUSIALA: In der 74. Minute für Werner eingewechselt. Bleibt in der 83. Minute eiskalt vor dem Kasten und erzielt sein erstes Länderspieltor. – NOTE: 2.
KARIM ADEYEMI: Kommt für Havertz (61.) ins Spiel. Vergibt Top-Chance zum 4:0 (76.). Legt Musiala das 4:0 auf (83.). - NOTE: 3.
JONAS HOFMANN: Für Gnabry eingewechselt (74.). Bleibt unauffällig. - NOTE: Ohne Bewertung.
Bundestrainer Hansi Flick wechselt zudem Florian Neuhaus in der 80. Minute für Thomas Müller ein. - NOTE: Ohne Bewertung.

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Flick-Effekt bleibt gegen Rumänien noch aus

Auf diesen therapeutischen Effekt der Nationalmannschaft hatte der Chelsea-Stürmer gehofft. In seiner Situation sei es "sehr wichtig, wenn man hier hinkommt und einen Trainer hat, der einem von der ersten Minute an zeigt: Ich finde dich nicht blind, ich finde dich nicht schlecht", hatte Werner noch zu Beginn der Länderspielreise in Hamburg gesagt.

Allerdings brauchte der 25-Jährige ein wenig Zeit, um das Flick'sche Wohlfühlklima aufzusaugen. Gegen Rumänien war ihm seine Verunsicherung nämlich noch deutlich anzumerken und zu allem Überfluss sah sich Werner wegen einer strittigen Szene im Strafraum auch noch einer Schwalben-Diskussion ausgesetzt.

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Bundestrainer Hansi Flick stärkt seinem kritisierten Stürmer Timo Werner den Rücken. (Video: 02:52 Minuten)

Das wollte Flick so nicht stehen lassen und nahm seinen Spieler in Schutz. "Das ist nicht fair", so der DFB-Coach, die Szene sei minutenlang überprüft worden und daher offenbar alles andere als eindeutig. "Wir sprechen von einem Spieler, der unglaubliche Qualität hat", lobte Flick und ergänzte: "Wir unterstützen alle im Team, wir sind füreinander da, das ist unser Mindset."

Werner zahlt Vertrauen zurück

Dass Flick und die Mannschaft beste Aufbauarbeit leisteten, ließ sich die ganze Woche über gut beobachten, wie Sky Reporter Marc Behrenbeck berichtet: "Flick hat auch schon vor dem Rumänien-Spiel viel Zeit mit Timo Werner verbracht. Er hat mit ihm gesprochen, mal ein Witzchen mit ihm gemacht, ihn umarmt - und übrigens auch die gesamte Mannschaft."

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Beim Abschlusstraining vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Nordmazedonien sucht Trainer Hansi Flick das Gespräch mit Timo Werner. Der zuletzt angeschlagene Manuel Neuer stand auf dem Platz. (Video: 02:44 Minuten)

Das Ergebnis sah man schließlich auf dem Platz. "Ich brauche dieses Vertrauen von außen, das gibt er [Flick, Anm. d. Red.] mir zu hundert Prozent. Das versuche ich zurückzuzahlen", erklärte Werner seine Leistung nach dem Sieg gegen Nordmazedonien.

Erst Sane, dann Werner - und jetzt Havertz?

Werner ist nicht der erste, der sich bei der Nationalmannschaft neues Selbstvertrauen holt. Erst Anfang September war ein ähnlicher Effekt bei Leroy Sane zu erkennen, der seither auch beim FC Bayern fast wie ausgewechselt auftritt und wettbewerbsübergreifend drei Tore und drei Vorlagen beisteuerte.

Das dürfte Werner auch Hoffnung für seine Zukunft beim FC Chelsea machen. Dort ist er hinter Sturmtank Romelu Lukaku nämlich nur zweite Wahl und blieb mit zwei Torbeteiligungen in der Premier League bisher hinter den Erwartungen zurück.

Die Sky Nationalmannschaftsreporter Uli Köhler und Marc Behrenbeck sprechen über die Leistung von Timo Werner. (Video: 02:03 Minuten)

Apropos: Chelsea-Teamkollege Kai Havertz könnte der nächste Patient von Therapeut Flick werden. Der Offensiv-Allrounder steckt aktuell auch in einem Formtief. Ihm habe es trotz seines Treffers gegen Nordmazedonien "an Körperspannung gefehlt", findet Sky Reporter Uli Köhler: "Da hat Flick schon den nächsten Pflegefall, den er aufbauen kann."

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