Neymar läuft langsam heiß: Dank seines Superstars hat Rekord-Champion Brasilien den nächsten Schritt auf dem Weg zum sechsten Stern gemacht und das Favoritensterben bei der WM in Russland gestoppt.
Neymar führte die Selecao gegen Deutschland-Schreck Mexiko mit seinem zweiten Turniertor (51.) und einer Vorlage zum 2:0 (0:0)-Sieg und ins Viertelfinale gegen Belgien oder Japan. Die Mexikaner konnten dagegen ihren Achtelfinal-Fluch nicht besiegen und schieden zum siebten Mal in Folge in der Runde der letzten 16 aus.
Neymars Führungstreffer war ein Augenschmaus. Der teuerste Fußballer der Welt leitete das Tor mit einem Hackentrick an der Strafraumgrenze auf Willian ein, der bis kurz vor die Grundlinie durchsprintete und zurückpasste auf Neymar, der nur noch einzuschieben brauchte. Es war das 227. Tor in Brasiliens WM-Geschichte - Rekord, Deutschland kommt auf 226. Das 2:0 durch den eingewechselten Ex-Hoffenheimer Roberto Firmino (88.) leitete Neymar ein.
Beim 222-Millionen-Mann lagen allerdings Genie und Wahnsinn mal wieder nahe beieinander. Als Miguel Layun dem am Boden liegenden Stürmerstar in einer Spielpause (71.) aus Versehen leicht auf den Knöchel stieg, tat der sich windende und zuckende Neymar so, als ginge es zu Ende mit ihm. Wenig später lief er wieder aufs Feld.
Wir mussten leiden, es war sehr schwer. Wir wussten, dass wir vorne nur einen rein machen müssen, weil wir hinten sicher stehen", sagte der herausragende Neymar.
Casemiro muss passen
Kleiner Wermutstropfen für die Brasilianer: Casemiro vom Champions-League-Sieger Real Madrid wird im Viertelfinale am Freitag in Kasan gelbgesperrt fehlen.
Die Mexikaner stellten die Selecao vor 41.970 Zuschauern in Samara zunächst vor ähnliche Probleme wie Weltmeister Deutschland im ersten Gruppenspiel: Giftig in den Zweikämpfen, blitzschnell auf den Beinen und mutig im Pressing, hinterließen sie sichtbaren Eindruck beim Rekord-Champion.
Vor allem über den flinken Linksaußen Carlos Vela fuhren die Mexikaner immer wieder gefährliche, schnörkellose Angriffe. Auch Hirving "Chucky" Lozano war über rechts ständiger Unruheherd. Die Brasilianer vermissten dort den am Rücken verletzten Marcelo, den Filipe Luis nicht gleichwertig ersetzen konnte. Der Ex-Leverkusener Javier Chicharito Hernandez, frisch blondiert ins Spiel gegangen, blieb dagegen unauffällig.
Allein die Durchschlagskraft fehlte den Lateinamerikanern, so dass Brasiliens Torwart Alisson nur selten gefordert war. Nachdem sich die Mexikaner gut 20 Minuten lang ausgetobt hatten, übernahmen die Südamerikaner allmählich die Initiative. Der bemühte Neymar spielte sich in der 25. Minute die bis dahin beste Chance der Brasilianer heraus, tanzte Edison Alvarez und Hugo Ayala im Strafraum aus, scheiterte mit seinem Schuss aber an Torwart Guillermo Ochoa.
Ochoa hält wie vor vier Jahren
Das war der Startschuss zur ersten brasilianischen Drangperiode, in der Jesus (33.) die beste Chance hatte, aber auch nicht an Ochoa vorbeikam. Der mexikanische Torwart hatte bei der WM vor vier Jahren in Brasilien die Gastgeber im Gruppenspiel (0:0) mit zahlreichen Weltklasseparaden in die Verzweiflung getrieben.
Danach gewann die Selecao, angetrieben durch Neymar und Philippe Coutinho, immer mehr die Oberhand. Mexiko musste durchschnaufen, als es in die Halbzeitpause ging.
Danach drückte Brasilien weiter, Mexiko kam nur noch vereinzelt zu Kontern. Bei einem dieser Gegenstöße, die El Tri mitunter ähnlich unkonzentriert zu Ende spielte wie beim Sieg gegen Deutschland, übersah Jesus Gallardo den freistehenden Lozano - praktisch im Gegenzug schlug Neymar zu. Paulinho (59.) und der starke Willian (63.), Antreiber vom FC Chelsea, und Neymar (68.) vergaben die frühzeitige Vorentscheidung. Die Führung war mittlerweile hochverdient. (sid)