Kann Thomas Müller gegen Ungarn spielen oder nicht? Die Frage beschäftigt Fußball-Deutschland seit Tagen und auch die letzte Pressekonferenz vor dem abschließenden Gruppenspiel brachte keine Antwort. Der Bundestrainer spielt auf Zeit und doch lassen seine Aussagen darauf schließen, wer die Müller-Rolle einnehmen dürfte.
So ganz hat Bundestrainer Jogi Löw die Hoffnung nicht aufgegeben. Obwohl Thomas Müller am Dienstag nicht trainieren konnte, wollte er einen Einsatz des Anführers nicht ausschließen: "Bei Thomas Müller müssen wir bis morgen abwarten. Er wird sich morgen früh nochmal einen Test unterziehen, während die anderen hier im Hotel trainieren. Und dann wird man sehen und entscheiden, ob Thomas Müller morgen einsatzfähig sein wird oder eben auch nicht", so Löw auf der Pressekonferenz vor dem Duell gegen Ungarn.
Musiala-Versprechen als Indiz gegen Müller?
Bei den ebenfalls angeschlagenen Ilkay Gündogan, Shooting-Star Robin Gosens und Mats Hummels dagegen Entwarnung: Das Trio kann in München auflaufen. Sollte Müller den Test am Mittwoch tatsächlich bestehen, spricht alles dafür, dass das DFB-Team zum dritten Mal in Serie in der gleichen Besetzung beginnt. Ein Indiz, dass jedoch gegen einen Müller-Einsatz spricht, ist die Tatsache, dass Löw auf der PK garantierte, dass Youngster Jamal Musiala erstmals im 23er-Kader stehen würde - vielleicht für seinen Teamkollegen beim FC Bayern?
Ein Ausfall des Bayern-Stars wäre sicherlich schmerzhaft, da sich das Team bei der 4:2-Gala gegen Portugal gefunden zu haben scheint - auch dank Müller.
Hummels lobt "Anführer" Müller
"Mit Thomas fehlt uns definitiv ein richtiger Anführer auf dem Platz. Er ist lautstark, gestenreich im positiven Sinne, geht voran, initiiert unser Pressing und hat gute Ideen im Spiel nach vorne. So einen Spielertypen gibt es nicht so häufig, deswegen wird sich unser Spiel auf jeden Fall ein wenig verändern und die Qualitäten, die Thomas mitbringt, werden uns auch fehlen", skizziert Abwehrchef Hummels, was der 31-Jährige dem Team gibt. Der BVB-Star weiß aber auch:
"Aber diese können wir vielleicht auf eine andere Art auffangen oder durch andere Qualitäten ersetzen. Bei unseren guten Spielern, die wir da zuletzt auf der Bank saßen hatten - insbesondere für die zentralen offensiven Positionen werden wir viel Qualität bringen, falls er nicht auf dem Platz stehen kann."
Goretzka wieder von der Bank?
Tatsächlich gäbe es verschiedene "Gedankenspiele und Möglichkeiten in der Personalwahl", sagt der Bundestrainer. Viel tiefer in die Karten schauen lassen wollte er sich aber nicht. Eine Variante wäre Leon Goretzka in die offensive Dreierreihe zu ziehen, nachdem der dynamische Antreiber gegen Portugal erstmals seit seiner Verletzung wieder eingewechselt wurde.
Löw würde den 26-Jährigen aber wohl lieber von der Bank bringen. Darauf angesprochen, ob Goretzka bereit sei für einen Startelf-Einsatz gegen die Magyaren, entgegnete der Coach etwas reserviert: "Ich denke schon. Es ist natürlich immer auch so ein kleines Fragezeichen. Wenn jemand fünf bis sechs Wochen nicht gespielt hat, wäre es natürlich besser, man würde ihn so nach und nach heranführen an so eine hohe Belastung", erklärt Löw.
Und weiter: Im Training macht er mir einen sehr guten Eindruck, ist sehr dynamisch, aber es ist immer die Frage, wie es über 90 Minuten Wettkampf, Zweikämpfe und viele intensive Läufe aussieht. Das weiß ich jetzt auch nicht, das kann man so nicht vollständig beantworten nach so einer Verletzungspause."
Löw schwärmt von Sane
Derartige Fragen müssen bei einem anderen Müller-Ersatz nicht gestellt werden. Leroy Sane ist topfit, aber zuletzt wurde gemunkelt, dass der pfeilschnelle Tempodribbler sich im Training etwas hängen ließ, nachdem er pünktlich zu EM-Endrunde aus der ersten Elf rutschte. Die dementierte der Bundestrainer jedoch und lobte der 25-Jährigen stattdessen in höchsten Tönen:
"Das kann ich nicht bestätigen, was die Einstellung betrifft. Logischerweise war Leroy natürlich auch enttäuscht, wenn er nicht von Anfang an spielt. Das gilt natürlich auch für andere Spieler, aber man muss sagen, dass die Energie dahinter und auch die Trainingsleistungen sehr, sehr gut sind - auch von Leroy Sane", so der Übungsleiter, um anschließend nachzulegen:
"Dass er absolute Weltklasse-Qualitäten hat, weiß man. Er hat sich im letzten Jahr auch in manchen Bereichen nochmal entscheidend verbessert wie zum Beispiel in der Rückwärtsbewegung und ich denke, er hat sehr, sehr große Möglichkeiten in seinem Spiel in der Offensive. Seine Trainingsleistungen waren absolut okay, absolut gut und die Einstellung bringt er mit. Ich bin sicher, dass Leroy da sein wird, wenn er die Chance bekommt."
Müller wendet sich an Fans
Nach dieser Lobeshymne klingt es fast so, dass der Bundestrainer ihm diese gegen Ungarn auch geben dürfte, falls Müllers Knie der Nation sich nicht doch noch überraschend über Nacht bessert. Und was sagt der der Raumdeuter selbst? Der wandte sich Dienstagabend gut gelaunt via Instagram an seine Fans und ist optimistisch:
"Wir haben letzten Samstag gegen Portugal den Grundstein gelegt fürs Weiterkommen und auch vielleicht für so eine kleine Euphorie. Es war schon ein packendes Spiel und ich hoffe, wir können da anknüpfen. Das wird ne zähe Nummer, die Ungarn sind sehr kampfstark, aber wir werden alles in die Waagschale werfen, um zu überzeugen und mit eurer Unterstützung packen wir das."
Müller wäre aber nicht Müller, wenn er sich nicht noch einen Spaß erlauben würde - in diesem Fall versah er den Videopost mit dem Hashtag #zumthemakniemachenwireingeheimnis.
So könnte Deutschland gegen Ungarn spielen
Ein Geheimnis, das spätestens am Mittwoch eine Stunde vor Anpfiff gelüftet wird. So lange werden sich die Fans noch gedulden müssen, aber klar ist schon jetzt: Löw ist auf beide Eventualitäten gut vorbereitet, wenn man seinen Worten von heute glauben kann.